Kann "Wie Gott uns schuf" etwas verändern?

"Auch wir sind katholische Kirche"

Die Dokumentation "Wie Gott uns schuf", die am Montagabend in der ARD ausgestrahlt wird, beschäftigt sich mit queeren Menschen in der katholischen Kirche. Protagonistin Vanessa Palten ist gespannt auf die Reaktionen.

Homosexuelles Paar mit Regenbogenfahne / © M.Moira (shutterstock)
Homosexuelles Paar mit Regenbogenfahne / © M.Moira ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie arbeiten als ehrenamtliche Leiterin in der KJG Köln und heute Abend können wir Sie in einem Film in der ARD im Fernsehen sehen. Es geht um einen Film von Hajo Seppelt über Kirche und Homosexualität beziehungsweise nicht Heterosexualität. Was ist da Ihre persönliche Geschichte?

Vanessa Palten (Ehrenamtliche Leiterin der KJG Köln und Protagonistin im ARD-Film "Wie Gott uns schuf"): Zum einen habe ich das Glück, dass ich meine Tätigkeit nicht davon abhängig sehe, ob die katholische Kirche meine Sexualität gut findet oder nicht. Allerdings geht es vielen nicht so. Unter anderem meiner Partnerin, die katholische Religionslehrerin ist. Dementsprechend betrifft mich das Thema gerade sehr. Ansonsten habe ich aber in der Vergangenheit erleben müssen, dass auch im Seelsorge-Bereich immer wieder Schwierigkeiten herrschen, was diese Thematik angeht und dadurch, was es mir ein besonderes Anliegen, da mitzumachen. Ich habe bei einem Klinikaufenthalt Beratung bei der Seelsorge gesucht und dort ziemlich klar und deutlich gesagt bekommen, dass ich erst mal meine Sexualität beichten müsste und mich damit beschäftigen müsste, dass das so nicht geht.

DOMRADIO.DE: Das heißt aber, in Ihrem beruflichen Alltag ist es nicht so ein großes Problem, oder werden Sie schon noch oft damit konfrontiert?

Palten: In meinem beruflichen Alltag ist es glücklicherweise kein großes Problem. Dadurch, dass es ein Ehrenamt ist, sind da einfach die Regelungen auch nicht so streng.

DOMRADIO.DE: Warum war es Ihnen persönlich so wichtig, in diesem Film mitzumachen?

Palten: Ich erlebe immer wieder, dass es eine unfassbare Diskriminierung in der katholischen Kirche gibt, die gar nicht so bekannt ist beziehungsweise gar nicht so viel Platz in der Gesellschaft hat, weil alles immer sehr intern behandelt wird. Und mir war wichtig, dass jetzt mal nach außen zu bringen, um zu zeigen, in welcher Situation da ganz viele Tausende Menschen leben.

DOMRADIO.DE: Sie haben eben von ihrer Partnerin erzählt, die Religionslehrerin ist. Wie erlebt die denn ihren Alltag?

Palten: Sie ist nicht auf einer katholischen Schule. Allerdings wurde ihr schon sehr deutlich gesagt, dass sie auch in ihrem Privatleben die katholischen Lehren vertreten muss. Dementsprechend wäre eine lesbische Partnerschaft eigentlich ausgeschlossen. Sie hat sich dann dafür entschieden, es trotzdem zu tun, ist sich aber bewusst, dass dies jederzeit bedeuten kann, dass sie ihren Job verliert.

DOMRADIO.DE: Was denken Sie denn? Wie muss die katholische Kirche zukünftig reagieren? Wo muss die Kirche wirklich besser werden im Umgang mit nicht heterosexuellen Menschen?

Palten: Sie muss sich da - gerade als Arbeitgeber - einfach an die deutschen Standards anpassen und Diskriminierung kann nicht mehr an der Tagesordnung stehen.

DOMRADIO.DE: Wie bewerten Sie denn die Aktion "#OutInChurch"? Das ist ja parallel zum Film heute eine Seite, die im Internet freigeschaltet worden ist.

Palten: Das ist für mich ganz klar auch die Basis dieses Films und eine unglaubliche Bewegung, wo ganz viele Menschen ihr Gesicht zeigen und zeigen: "Das sind wir. Auch wir sind katholische Kirche und deswegen müssen wir berücksichtigt werden."

DOMRADIO.DE: Wir merken ja schon, Kirche und Homosexualität ist leider immer noch ein schwieriges Thema. Was erwarten Sie für Reaktionen auf diesen Film, der da in der ARD ausgestrahlt wird?

Palten: Ich erwarte eigentlich, dass es zum einen eine breite Sympathie gibt mit dem Film, einfach weil ich erlebe, dass es in der Gesellschaft immer noch akzeptierter ist, nicht heterosexuell zu sein. Und ich bin sehr gespannt, wie Amtsträger der katholischen Kirche darauf reagieren werden. Ob sie reagieren, ob sie es wieder mit Schweigen versuchen oder, ob wir da ein Statement bekommen.

Das Interview führte Julia Reck. 

Quelle:
DR