Käßmann spricht bei Friedenstagung auf Jamaika

"Unsere Volkswirtschaften profitieren von der Gewalt"

Zum Auftakt der internationalen christlichen Friedenstagung in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston haben prominente Kirchenvertreter ein stärkeres Eintreten für den Frieden gefordert. Die evangelische Theologin Margot Käßmann forderte ein entschiedenes Eintreten gegen den weltweiten Waffenhandel. "Unsere Volkswirtschaften profitieren von der Gewalt und dem Krieg, den wir beklagen."

 (DR)

"Kirchen können angesichts dieser furchtbaren Situation nicht schweigen"

"Es ist ein Skandal, dass Waffenproduktion und -handel eine Quelle wirtschaftlichen Reichtums sind", sagte die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland am Mittwoch (Ortszeit) bei der Eröffnung der vom Weltkirchenrat organisierten Tagung. Die Kirchen in der ganzen Welt müssten die Regierungen ihrer Länder herausfordern, Herstellung, Finanzierung und Kauf von Waffen zu stoppen. "Die Kirchen können angesichts dieser furchtbaren Situation nicht schweigen", sagte sie.



Russisch-orthodoxer Metropolit Hilarion zu Christenverfolgung

Aufgabe der Kirchen sei es, die Ursache des Bösen zu benennen und diese Ursachen zu überwinden, sagte der russisch-orthodoxe Metropolit Hilarion.  Er forderte die Kirchen auf, "effektive Maßnahmen" gegen die Verfolgung von Christen unter anderem im Irak, Iran, Pakistan zu ergreifen. "Wir müssen dringend ein System zum Schutz der Christen vor Verfolgung organisieren." Er sprach sich dafür aus, Informationsstrukturen über religiös motivierte Verbrechen einzurichten. Die Kirchen müssten sich "trotz aller Uneinigkeiten" zusammentun und die Vereinten Nationen auffordern, der Verfolgung von Christen ein Ende zu setzen.



"Wenn wir radikal für Gewaltlosigkeit eintreten, dann wird das definitiv einen Unterschied machen", sagte die ehemalige hannoversche Landesbischöfin Käßmann. "Es ist an der Zeit, dass die Religion sich weigert, missbraucht zu werden, indem Öl auf das Feuer des Krieges und des Hasses gegossen wird."



"Der Krieg selbst ist das Verbrechen"

Auch der ehemalige Leiter des Versöhnungszentrums in Coventry, Paul Oestreicher, wandte sich gegen eine Legitimierung des Krieges: "Ein Ja zum Leben bedeutet ein Nein zum Krieg", sagte der anglikanische Pfarrer in seiner Rede vor rund 1.000 Kirchenvertretern aus aller Welt. "Man kann nicht einfach sagen, dass in jedem Krieg auf allen Seiten Verbrechen begangen werden. Der Krieg selbst ist das Verbrechen."



Wenn die Menschen es nicht lernten, Konflikte ohne Kriege zu lösen, "dann haben die Kinder unserer Kinder vielleicht keine Zukunft mehr", sagte er. Zugleich merkte er an: Gewaltloser Widerstand gegen das Böse werde nie einfache und schnelle Lösungen bringen, sondern Geduld und Leid erfordern. Die größte Herausforderung sei es, "dass der Friede die Entthronung des militärisch-industriellen Komplexes erfordern wird".



Abschluss der ökumenischen "Dekade zur Überwindung von Gewalt"

An der Eröffnung der sogenannten Friedenskonvokation nahm auch der jamaikanische Premierminister Bruce Golding teil. Die Tagung in Kingston bildet den Abschluss der ökumenischen "Dekade zur Überwindung von Gewalt". Bis zum 24. Mai werden die Kirchenvertreter über eine gerechte Wirtschaftsordnung diskutieren. Auf dem Programm steht auch der Frieden zwischen Religionen und Gemeinschaften.