Kabul-Konferenz will Afghanistan mehr Verantwortung übertragen

Hoffen auf die "Wegmarke"

Fast neun Jahre nach Beginn des Krieges am Hindukusch soll an diesem Dienstag eine internationale Konferenz in Kabul neue Weichen für die Zukunft des Landes stellen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle spricht von einer wichtigen "Wegmarke" bei der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung.

 (DR)

Das Ziel sei, in Kabul eine Abzugsperspektive zu erarbeiten, sagte Westerwelle am Montag in Berlin. Westerwelle vertritt Deutschland bei der Konferenz, an der auch US-Außenministerin Hillary Clinton, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und der NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen teilnehmen werden.

Deutschland wolle im nächsten Jahr mit der regionalen Übergabe von Verantwortung in afghanische Hände beginnen. Berichten zufolge sollen bereits bis Ende 2014 alle kämpfenden Truppen der NATO abgezogen werden. Afghanistans Präsident Hamid Karsai soll diesen Plan am Dienstag offiziell verkünden. Im Moment sind um die 130.000 ausländische Soldaten am Hindukusch stationiert. "Es wäre ein bedeutender Fortschritt, wenn wir diesen Zeitplan in das Kabuler Schlussdokument aufnehmen könnten", sagte Westerwelle.

Er sei zuversichtlich, dass auf der Konferenz wichtige politische Weichenstellungen vorgenommen werden könnten. Dazu gehöre auch eine feste Verabredung zur Umsetzung der vereinbarten Ziele. Insbesondere bei der Korruptionsbekämpfung habe die afghanische Regierung noch viel Arbeit zu leisten. "Wir stellen keine Blanko-Schecks aus", sagte Westerwelle. Wichtig sei der zielgenaue Einsatz der Hilfsgelder.

Ziel Eingliederung aufständischer Taliban-Kämpfer
In der von Anschlägen und Terror heimgesuchten afghanischen Hauptstadt werden um die 40 Außenminister und rund 70 weitere hochrangige Politiker erwartet. Im Mittelpunkt des Treffens steht die Übertragung der Verantwortung für die Sicherheit auf die afghanische Regierung.

Weiter soll es bei der Konferenz um die Verbesserung der Regierungsfähigkeit und die Eingliederung aufständischer Taliban-Kämpfer gehen. Afghanistan gilt als eines der korruptesten Länder der Erde. Der Westen übt seit längerem Druck auf Präsident Karsai aus, härter gegen Bestechung und Veruntreuung vorzugehen. Bislang werden nur etwa 20 Prozent der Hilfsgelder für den Aufbau des bettelarmen Landes durch den afghanischen Staat selbst verwaltet. Um die Regierung in Kabul zu stärken, soll diese Marke in den kommenden zwei Jahren auf 50 Prozent steigen. Doch manche Regierung im Westen ist angesichts von Berichten über massive Korruption skeptisch.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen
Zögern gibt es auch beim Reintegrationsprogramm für reumütige Taliban-Kämpfer. Der Plan, 36.000 Aufständische in den kommenden fünf Jahren mit Geld dazu zu bringen, dem bewaffneten Kampf abzuschwören, ist unter den westlichen Partnern stark umstritten. Die USA und Großbritannien haben bereits Gelder für das Projekt bewilligt. Kritiker wenden hingegen ein, dass ähnliche Programme keinerlei Wirkung gezeigt hätten, weil die afghanische Regierung nicht für die Sicherheit der Aussteiger sorgen konnte.

Es ist das erste Mal seit über 30 Jahren, dass Kabul eine so hochkarätig besetzte Versammlung beherbergt. Die Sicherheitsvorkehrungen in der Hauptstadt sind extrem hoch. Montag und Dienstag wurden zu offiziellen Feiertagen erklärt. Große Teile des Straßennetzes und der Flughafen sind gesperrt. Im Mai beschossen Taliban-Kämpfer eine wichtige Friedenskonferenz in Kabul mit Raketen. Selbstmordattentäter versuchten, auf das Versammlungsgelände einzudringen.