Kabinett beschließt die Gesundheitsreform - Verbände kritisieren "Zwei-Klassen-Medizin"

Berlin zwischen Aufatmen und Empörung

Nach monatelangem Streit hat das Bundeskabinett unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel den Gesetzentwurf für die Gesundheitsreform beschlossen. - Bis zuletzt stand die Reform in der Kritik. Am Dienstag hatten die Ärzte auf einem außerordentlichen Ärztetag in Berlin Druck auf die Politik gemacht.

 (DR)

Nach monatelangem Streit hat das Bundeskabinett unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel den Gesetzentwurf für die Gesundheitsreform beschlossen. - Bis zuletzt stand die Reform in der Kritik. Am Dienstag hatten die Ärzte auf einem außerordentlichen Ärztetag in Berlin Druck auf die Politik gemacht. Hören Sie hierzu ein domradio-Interview mit Dr. Frank Ulrich Montgomery, dem Vorsitzenden des Marburger Bundes. Er befürchtet einen Weg in die Zwei-Klassen-Medizin und wirft Bundesministerin Schmidt eine "Verluderung der Politik" vor.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sagte im Anschluss an die Kabinettstagung, sie sei "sehr erleichtert", dass der Entwurf jetzt in die parlamentarische Beratungen kommen. Es sei "ein gutes Gesetz" und ein "großer Fortschritt für das deutsche Gesundheitswesen".

Versicherte als Verlierer
Der Vorstandsvorsitzende der Barmer Ersatzkasse, Johannes Vöcking, sieht die Versicherten als die großen Verlierer der geplanten Reform. Die Patienten müssten sich darauf einstellen, „erheblich stärker als bisher an den Gesundheitskosten beteiligt zu werden", sagte Vöcking der Chemnitzer „Freien Presse". Die medizinische Betreuung werde mehr und mehr einkommensabhängig. „Ganz am Ende könnte stehen: Wer arm ist, muss früher sterben", prognostizierte der Barmer-Chef.

Weiter Streit in der Koalition
Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitspolitiker Wolfgang Wodarg hat indes schwere Vorwürfe gegen die Verhandlungsführer der Union in Sachen Gesundheitsreform erhoben. „Einzelne Abgeordnete der CDU waren ganz gezielt darauf angesetzt, dem Versicherungsmarkt neue Felder zu erschließen, da wurden teilweise Argumentationen der Privatversicherungen eins zu eins vorgelesen", sagte Wodarg der „Thüringer Allgemeinen". Die Private Krankenversicherung habe „so eine gute Lobby, dass sie nichts zusetzen muss". So seien zwar die Kinder Privatversicherter aus der steuerfinanzierten Krankenversicherung herausgelassen worden, allerdings „wohlwissend, dass das vor dem Verfassungsgericht keinen Bestand haben wird".