KAB-Bundesvorsitzender zur Finanztransaktionssteuer

Warum die "Robin-Hood-Steuer" so wenig Beachtung findet

Die Idee einer Steuer auf Börsengeschäfte gibt es seit 40 Jahren. Derzeit wird auf dem Weltsozialforum in Montreal darüber diskutiert. Der Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmerbewegung Andreas Luttmer-Bensmann erklärt im Interview die Chancen.

New Yorker Börse / ©  Justin Lane (dpa)
New Yorker Börse / © Justin Lane ( dpa )

domradio.de: Die Idee, eine Steuer gegen Armut, die sogenannte Finanztransaktionssteuer wird ganz aktuell diskutiert und zwar in Montreal, beim Weltsozialforum. Andreas Luttmer-Bensmann, Sie sind für die Einführung dieser Steuer, oder?

Andreas Luttmer-Bensmann (Bundesvorsitzender der KAB): Ja, wir sind auch für die Einführung dieser Steuer, weil sie die Chance bietet, endlich alle an den Gemeinwohlinteressen zu beteiligen. Vielmehr an Finanzmitteln auch zu erwirtschaften, bei denen, die derzeit überhaupt keine Steuern zahlen. 

domradio.de: Es geht um eine 0,01 Prozent-Steuer auf Finanzgeschäfte, Sie müssen mal genau erklären, wie das funktionieren kann...

Luttmer-Bensmann: Die Idee ist ganz einfach: Ganz viel Geld wird durch Spekulation, aber auch durch ganz normale Tätigkeiten in den Finanzmärkten umgesetzt. Die Idee ist, all diese Finanztransfers, mit einer kleinen Steuer zu belegen. Wenn man das mit 0,01 Prozent macht, dann kommen sehr hohe Summen dabei raus, die vom Einzelnen kaum gemerkt werden.

domradio.de: Mit diesem Ertrag könnte man einiges erreichen. Was schwebt denn den Befürwortern da so vor. Was könnte man tun?

Luttmer-Bensmann: Im Besonderen geht es um Armutsbekämpfung. Nach wie vor sind auch in Deutschland etwa 15 Prozent der Menschen nach internationalen Standards als "arm" zu bezeichnen. Das ist für so ein reiches Land wie Deutschland sicherlich ein Problem, da könnten wir was machen. Und auf der anderen Seite ist auch die Frage nach internationaler Armutsbekämpfung. Nach wie vor sind wir in Deutschland nicht in der Lage, oder nicht bereit, den Umfang an Entwicklungshilfe zu leisten, der geleistet werden müsste. Also im Armutsbekämpfungsbereich ist viel zu tun und dafür könnte man dieses Geld gut einsetzen.

domradio.de: Unser Bundesfinanzminister, Schäuble, der war vor einiger Zeit bei Ihnen im Haus zu Gast und hat gesagt, es sei auch das Ziel der Bundesregierung diese Steuer schon bis zum 01.01.2016 einzuführen. Das hat nicht geklappt. Er hat erklärt, dass es an der Struktur der einzelnen Finanzplätze und unterschiedlichen Interessen der Länder liege, dass sich nicht darauf geeinigt werden konnte, sie einzuführen. Also die unterschiedliche Struktur sei schuld. Ist das so? Glauben Sie das?

Luttmer-Bensmann: Ich denke auch, dass das eine ganz entscheidende Rolle spielt. Wenn man diese Finanztransaktionssteuer funktionierend hinbekommen will, dann reicht es nicht aus, das in einem Land zu machen, weil das Kapital so flüchtig ist, das es sich sofort in andere Bereiche entwickelt. Und viele Länder haben in den letzten Jahren auch an dieser Stelle gebremst, insbesondere auch Großbritannien, mit dem Finanzplatz London. Die Frage ist, was nach dem Brexit jetzt passiert und ob das eine Perspektive eröffnet.

domradio.de: Jetzt wird ja aktuell im Moment neu diskutiert, in Montreal, in Kanada, auf dem Weltsozialforum. Das findet allerdings wenig Beachtung. Man liest und hört wenig darüber. Warum ist das so?

Luttmer-Bensmann: Ich glaube, die ganz entscheidende Frage dieser Finanztransaktionssteuer war auch immer eine Steuerung der Finanzmärkte. Es gibt neben dem Ziel Geldwirtschaften auch die Idee, dass damit die Aktivitäten ein bisschen abgekühlt werden. Das ist im Moment in der Diskussion nicht ganz so entscheidend. Zudem ist bei uns in Deutschland die Frage nach Steuern immer eine, die man am besten nicht anfasst. Gleichzeitig ist die Diskussion nach wie vor so, dass wir viel Geld in diesen Finanztransaktionen haben. Die Frage ist, wie beteiligen wir diese Finanzen auch an der Finanzierung des Gemeinwohls.

domradio.de: Haben Sie die Hoffnung, dass diese Steuer gegen Armut irgendwann kommt?

Luttmer-Bensmann: Schäuble hat ja schon vor einem Jahr zugesagt, dass die Steuer Anfang 2016 kommt. Ich gehe davon aus, dass man diese Diskussion weiter verfolgen wird, weil es eine Möglichkeit ist, mit relativ geringen Steuersätzen, einen hohen Wert zu erzielen.

Das Interview führte Verena Tröster.


Andreas Luttmer-Bensmann, Bundesvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (privat)
Andreas Luttmer-Bensmann, Bundesvorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung / ( privat )
Quelle:
DR