Erzbischof Hollerich blickt auf erste Woche der Jugendsynode

"Jugendlichen zuhören und Frauen mehr beteiligen"

Die erste Arbeitswoche auf der Jugendsynode ist passé. Offenbar Zeit genug, dass sich die Meinung von Luxemburgs Erzbischof Hollerich geändert hat. Man müsse Frauen in der Kirche viel mehr beteiligen, so sein erstes kleines Fazit.

Jean-Claude Kardinal Hollerich / © Sven Becker (KNA)
Jean-Claude Kardinal Hollerich / © Sven Becker ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Diskussionen auf der Jugendsynode laufen nun seit einer Woche. Wie ist ihr Eindruck?

Hollerich: Ich habe einen sehr, sehr guten Eindruck. Es stimmt, dass nur 40 Jugendliche da sind. Aber das Papier, das wir behandeln, hat viele Zitate von der Vorsynode, der Jugendversammlung, die der Synode vorausgegangen ist.

Es ist eine sehr gute Atmosphäre. Man hört auch sehr viel auf die Jugendlichen, die sich auch in den Pausen immer wieder mit Bischöfen treffen. Man redet miteinander. Heute hat mir noch eine Jugendliche aus Amerika gesagt, sie hätte nicht erwartet, dass so viel auf sie gehört würde und das sei auch die Auffassung all der anderen Jugendlichen, die an der Synode teilnehmen.

DOMRADIO.DE: Sie haben es angesprochen: Die Zitate der Jugendlichen aus der Vorsynode fließen auch mit ein. Die Jugendlichen reden selber. Was bewegt die Jugendlichen, die teilnehmen?

Hollerich: Das ist sehr verschieden, aber insgesamt lautet das Credo einfach: "Wir möchten ernst genommen werden. Wir brauchen Bischöfe, die uns das Christsein vorleben und mit uns beten, mit uns leben. Wir brauchen Hirten, die sozusagen in der Mitte der Jugend sind. Wir brauchen Hirten, die uns zuhören".

Das Zuhören spielt eine sehr große Rolle auf der Versammlung. Ich glaube, wir müssen uns Gedanken machen, dass wir dieses Zuhören nicht nur während der Synode brauchen, sondern wie wir das auch strukturell in unseren Ortskirchen verankern können, damit die Jugendlichen wirklich die Erfahrung machen, dass auf sie gehört wird.

DOMRADIO.DE: Nun gibt es in den vergangenen Tagen auch Kritik, von Jugendverbänden zum Beispiel. Es gab auch einen Protest von einer Frauenorganisation in Rom. Die sagen, im Endeffekt werden die Entscheidungen ja doch von Ihnen als Bischöfe getroffen und nicht von den Jugendlichen, um die es geht. Oder zum Beispiel von den Frauenorganisationen, die sagen: Wir als Frauen sind mehr als die Hälfte der Kirche und wir dürfen nicht mitreden. Ist das denn bei Ihnen ein Thema, dass es auch diese Einsprüche gibt?

Hollerich: Es schon ein großes Thema, glaube ich, der Jugendlichen, dass auch die jungen Frauen dazugehören und dass sie auch gehört werden wollen. Das müssen wir ernst nehmen. Wir müssen uns überlegen, wie wir den Frauen mehr Mitbestimmung in der Kirche geben können.

Ich glaube, dass das unsere Aufgabe ist, aber auch schon vor der Synode war. Das ist jetzt noch etwas klarer geworden. Aber all diese besonderen Forderungen, die dann von einigen Ländern stärker sind als von anderen, hängen doch alle damit zusammen, dass wir aufhören müssen eine klerikale Kirche zu sein, die auf sich selber zentriert ist, wovon auch der Papst immer spricht, und stattdessen eine Kirche im Dienst der Menschen sein müssen.

Das Zugehen auf die Menschen, und zwar die Menschen wie sie sind und nicht die Menschen, wie wir sie uns gerne selber malen möchten, ist halt sehr wichtig. Jeder Mensch, der ja von Gott geschaffen, erlöst, der absolut von Gott geliebt wird, muss auch in der Kirche Respekt und liebende Aufnahme finden.

DOMRADIO.DE: Wenn wir zurückblicken auf die vergangene Synode, die Familiensynode vor drei Jahren: Das Abschlussdokument "amoris laetitia" wird ja selbst heute, drei Jahre später, noch kontrovers diskutiert. Denken Sie uns könnte etwas Ähnliches bevorstehen mit dem Dokument, was Sie jetzt bei der Jugendsynode erarbeiten?

Hollerich: Bis jetzt sehe ich das nicht. Ich weiß ja nicht, was noch alles in der Synode kommen kann. Aber bis jetzt gibt es keine solchen kontroversen Diskussionen. Es gibt verschiedene Auffassungen, verschiedene Punkte, aber das ist ja klar. Sonst bräuchten wir auch nicht zusammenzukommen. Aber das geschieht in großer Geschwisterlichkeit. Und das ist schön, das ist gut so. So richtige Polemiken gibt es nicht. Das ist dann auch das, was sich von einem Parlament unterscheidet. Wir wollen zusammen einen Weg gehen.

Auch meine Meinung hat sich schon teilweise durch das geändert, was ich gehört habe. Ich hoffe, dass meine Meinung sich noch mehr ändern wird, weil es genau darum geht: zusammen einen Weg zu gehen. Dieser Weg prägt uns dann, ändert unsere Auffassungen und bringt uns näher an das Evangelium und näher an die Jugendlichen heran.

DOMRADIO.DE: Könnten Sie das konkret machen? Bei welchem Thema hat sich Ihre Meinung geändert?

Hollerich: Sie haben die Frauen angesprochen. Ich verstehe das jetzt viel besser. Es war mir immer schon ein Anliegen. Sie wissen, dass ich auch bischöfliche Delegiertinnen habe, um die Frauen auch wirklich zu beteiligen.

Aber wenn man eine ganze Bischofsversammlung sieht und dann 40 Jugendliche, davon auch noch eine ganze Reihe junger Männer und von den Spezialisten sozusagen auch nur ein Teil Frauen, dann fällt schon auf, dass die Frauen fehlen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

 

Jugendliche bei der Jugendsynode / © Stefano dal Pozzolo (KNA)
Jugendliche bei der Jugendsynode / © Stefano dal Pozzolo ( KNA )

 

Blick in die Synodenaula / © Christian Gennari (KNA)
Blick in die Synodenaula / © Christian Gennari ( KNA )
Quelle:
DR