Jugendliche in Polen verehren Johannes Paul II.

Die 21.37 immer im Kopf

In Posen findet derzeit das Europäische Jugendtreffen der Taize-Gemeinschaft statt. Der konfessionsübergreifende Charakter des Treffens tut der Verehrung des vor fast fünf Jahren verstorbenen Papstes keinen Abbruch. Im Gegenteil.

Autor/in:
Agathe Lukassek
Auch in Sachsen steht ein Denkmal für Papst Johannes Paul II. / © N.N. (KNA)
Auch in Sachsen steht ein Denkmal für Papst Johannes Paul II. / © N.N. ( KNA )

Zwei Drittel der rund 30.000 Teilnehmer sind Polen. Und fast jeder junge Pole fühlt sich Johannes Paul II. verbunden. "Dieses Denkmal ist nichts Besonderes," rät eine junge Frau vom Besuch ab. Vor dem Dom im westpolnischen Poznan (Posen) steht eine etwa drei Meter hohe Statue von Papst Johannes Paul II. und lächelt mit ausgebreiteten Armen den Passanten zu. Das Urteil der Ortskundigen beeindruckt zumindest polnische Jugendliche nicht: Die meisten lassen sich vor "ihrem Papst" fotografieren.

"Seit seinem Tod fühle ich eine Nähe zu ihm," bekennt die 26-jährige Iwona Gruszka aus Krakau, "wenn ich die Uhrzeit 21.37 bemerke, erinnere ich mich an ihn." Um 21.37 Uhr ist der Papst aus Polen am 2. April 2005 gestorben. Schon bei seiner Beerdigung riefen die Menschen auf dem Petersplatz "santo subito", "sofort heilig". Nur zwei Monate später eröffnete Papst Benedikt XVI. das Seligsprechungsverfahren für seinen Vorgänger. Kurz vor Weihnachten sprach er ihm auch den heroischen Tugendgrad zu - ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Seligsprechung.

Für Nichtpolen mutet es schon wie ein Wunder an, wie Johannes Paul II. immer noch auf die jungen Menschen in Polen wirkt. Iwona Gruszka erzählt zum Beispiel, dass sie seit kurzem seine Bücher liest. Sie zeigt sich begeistert von "Liebe und Verantwortung", einem Werk über Ehe und Familie aus der Zeit Karol Wojtylas als Weihbischof von Krakau. Auch ihr Freund Pawel Stalica hat kürzlich einen Text von ihm über die Rolle der Laien in der Kirche gelesen.

"Er hatte Ecken und Kanten wie wir Heranwachsenden"
Die 47-jährige Bozena Myszka aus Myslowitze erzählt von den Zeit Ende der 1970er Jahre: "Er hatte Ecken und Kanten wie wir Heranwachsenden selbst und sah in uns die Zukunft der Kirche". Ihr Mann habe Wojtyla oft bei Männerwallfahrten in Piekary erlebt und war begeistert von seiner Wärme, Natürlichkeit, Selbstdisziplin und besonders von seinem Humor.

Auch die ganz jungen Polen kommen nicht an Johannes Paul II. vorbei.
Magda hat bei dem Wort "Papst" immer noch nur den Mann aus Wadowice vor Augen. Sie war 13 Jahre alt, als er starb, ihre Grundschule trug den Namen "Karol Wojtyla". Sie schaltet nicht sofort weiter, wenn eine alte Predigt von ihm im Fernsehen wiederholt wird, besonders seine Aussagen aus Polen interessieren sie. Ihr 17-jähriger Bruder Marcin hat für die Schule eine Internetseite über Karol Wojtylas Leben erstellt und betont, wie wichtig der Papst "für die Geschichte Polens und gegen den Kommunismus" war.

"Eine Seligsprechung würde nur bestätigen, was jeder denkt"
Statistiken, dass die Religiosität der jungen Polen abnehme, kann Dariusz Madejczyk nicht wirklich glauben. Der Seelsorger am Posener Dom gründete eine Woche nach dem Tod Johannes Paul II. die Initiative "20/30". Seitdem treffen sich etwa 180 junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren aus der ganzen Stadt sonntags um 20.30 Uhr zum Jugendgottesdienst. "Damals sind viele Fernstehende wieder in das Gemeindeleben zurückgekommen - und dauerhaft dabeigeblieben". Er sagt, die Überzeugung, dass Karol Wojtyla ein heiliger Mensch war, herrsche überall in Polen vor, "eine Seligsprechung würde nur bestätigen, was jeder denkt". Das meint auch die 28-jährige Katarzyna Korsak und wünscht sich eine Seligsprechung in Rom, damit seine Heiligkeit auch außerhalb Polens bekannt wird.

Draußen vor dem Posener Dom will sich am Abend nur ein junger Mann nicht mit dem Papst aus Bronze fotografieren lassen: "Ich habe schon von fast jeder Stadt ein Bild mit ihm." Schätzungen zufolge gab es vor einem Jahr etwa 250 Denkmäler der Polen von "ihrem Papst". Nach einer Seligsprechung werden es sicher noch einige Dutzend mehr.