Jugendbischof Wiesemann über Ministrantenwallfahrt nach Rom

"Ein großer Schatz für die Kirche"

Mehr als 50.000 junge Katholiken sind zur Ministrantenwallfahrt der deutschen Bistümer nach Rom gekommen, die am Freitag endet. Auch für den deutschen Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann ist die Wallfahrt ein ganz besonderes Ereignis.

Jugendbischof Wiesemann in Rom  (KNA)
Jugendbischof Wiesemann in Rom / ( KNA )

KNA: Herr Bischof Wiesemann, wie erleben Sie die Ministrantenwallfahrt in Rom?

Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann: Als ein großartiges Ereignis für so viele junge Christen aus Deutschland, die sich in ihren Gemeinden als Messdienerinnen und Messdiener engagieren. Sie erfahren hier, in welch großer Gemeinschaft sie sind, dass sie nicht alleine stehen. Sie erleben Kirche in ihrer ganzen Weite - von Gottesdiensten in kleinen Gruppen bis hin zur Audienz mit 50.000 anderen Messdienern und der Begegnung mit Papst Franziskus. Ich bin sicher, dass die Wallfahrt eine nachhaltige Wirkung für die jungen Leute haben wird.

KNA: Höhepunkt war die Papst-Begegnung am Dienstagabend auf dem Petersplatz. Wie war das?

Wiesemann: Es war etwas ganz Besonderes, den Petersplatz voll mit deutschen Ministranten zu sehen. Es war unser zentrales Treffen, bei dem alle Ministranten, die in diesen Tagen in vielen Einzelgruppen in Rom unterwegs sind und das Bild der Stadt prägen, zusammenkamen. Sie haben erlebt, wie sich der Papst für sie viel Zeit nahm. Und es war ein besonderes Zeichen, dass Franziskus erstmals eine Predigt auf Deutsch gehalten hat. Was mich persönlich beeindruckt hat, waren die Begeisterung und der Jubel. Aber fast noch tiefer hat mich die Stille der 50.000 Messdiener bewegt, die Sammlung beim Gebet, beim Vespergottesdienst und bei der Papstansprache.

KNA: Wie ist der Papst bei den Teilnehmern angekommen?

Wiesemann: Die Resonanz, die ich gehört habe, war sehr positiv. Trotz der Hitze - viele haben bereits stundenlang vorher auf dem Platz ausgeharrt - habe es sich sehr gelohnt. Zudem hat sich der Papst ja auch viel Zeit für die Fahrt im offenen Geländewagen genommen, um auf diese Weise möglichst vielen jungen Leuten nahe zu sein.

KNA: Wie erklären Sie sich das große Interesse dieser Mini-Wallfahrt? Die Zahlen haben in den letzten Jahren ständig zugenommen. Ist das auch ein Franziskus-Effekt?

Wiesemann: Es war sicher ein zusätzlicher Anreiz, nun auch diesem Papst zu begegnen, der medial weltweit ein sehr positives Echo findet. Aber auch schon beim letzten Treffen unter Benedikt XVI. waren weit über 40.000 deutsche Messdiener hier. Um diese Wallfahrten hat sich inzwischen in etlichen Diözesen eine regelrechte Tradition gebildet. Die Älteren berichten zu Hause begeistert vom großartigen Erlebnis in Rom, und die Jüngeren wollen dann beim nächsten Mal unbedingt mitkommen.

KNA: Welche Rolle spielt diese Wallfahrt, spielt überhaupt das Ministrantenwesen für die Kirche in Deutschland?

Wiesemann: Das Ministrantenwesen spielt für die Kirche in Deutschland eine bedeutende Rolle. Ministranten sind in den Gemeinden eine ganz wichtige Stütze des kirchlichen Lebens. Zudem besteht in dieser Jugendarbeit eine große Kontinuität. In der Regel wird man Ministrant nach der Erstkommunion. Die Teilnehmer an dieser Wallfahrt sind meist zwischen 14 und 18 Jahre alt, sie sind also schon etliche Jahre mit dabei. Es sind Menschen gerade im jugendlichen Kernalter, in einer schwierigen Lebensphase, in der die Kirche sonst junge Menschen nur schwer erreichen und begeistern kann. Daher finde ich es faszinierend, dass man hier 50.000 Kinder und Jugendliche gerade aus dieser Altersgruppe zusammenbekommt. Ministrantenarbeit ist ein wichtiger Bestandteil der Jugendpastoral. Junge Menschen erhalten hier einen unmittelbaren Bezug zum Zentrum unseres Glaubens, zur Eucharistie. Ihr Dienst hat aber auch zugleich mit Treue, Engagement und Verantwortungsbewusstsein zu tun. Er ist damit eine lebensprägende Erfahrung, eine gute Schule, um den Glauben kennenzulernen und zugleich gesellschaftliche Aufgaben zu übernehmen.

KNA: Sie sind ja auch im internationalen Bereich tätig, Sie vertreten die Deutsche Bischofskonferenz bei der Italienischen. Ist Ministrantenarbeit ein typisch deutsches Phänomen?

Wiesemann: Wir haben bei unseren früheren internationalen Wallfahrten gesehen, dass die deutschsprachigen Gruppen immer den größten Anteil stellten. Wir haben über viele Jahre etwas aufgebaut, das in anderen Ländern auch vorhanden ist, wenn auch nicht mit dieser Stärke. Es ist ein großer Schatz geworden, den wir pflegen und fördern müssen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Ministrantenseelsorger und -referenten in den Diözesen, aber auch die Pfarrer und die pastoralen Mitarbeiter vor Ort und die vielen erwachsenen Laien, die sich hierfür engagieren.

KNA: Sie selbst haben ja längere Zeit in Rom gelebt und studiert. Was haben Sie Ihren Ministranten gezeigt?

Wiesemann: Ich bin mit ihnen auch ein Stück meiner eigenen Biografie abgegangen. Ich habe ihnen Sant'Ignazio gezeigt, wo ich zum Priester geweiht wurde. Wir sind auf meinem alten «Schulweg» gegangen, zur Gregoriana-Universität, wo ich studiert habe, und am Trevi-Brunnen vorbei. So habe ich neben vielen anderen wichtigen Sehenswürdigkeiten auch etwas von meiner Zeit in Rom erzählt. Und natürlich waren wir in der Eisdiele Giolitti, die wir selbst damals auch mit als erstes gezeigt bekommen haben.

KNA: Wie war die Organisation? Wie war die Zusammenarbeit mit Rom?

Wiesemann: Ich kann dazu nur Positives sagen. Die Zusammenarbeit mit dem Vatikan war sehr gut. Ich bin im Vorfeld mehrmals in Rom gewesen, habe viele Gespräche etwa mit der vatikanischen Präfektur und mit Kurienerzbischof Georg Gänswein geführt, der sich intensiv für uns eingesetzt hat. Dabei ist uns in der Mitgestaltung sehr viel Freiraum gelassen worden.

KNA: Der Papst hat hier erstmals Deutsch gesprochen. Wie ist das zustande gekommen?

Wiesemann: Ich gehe davon aus, dass es von ihm selbst und aus seinem Umfeld kam. Offensichtlich ist ihm deutlich geworden, wie viele junge deutsche Messdiener aus Deutschland, und damit ein gutes Stück der Zukunft unserer Kirche und unseres Landes, hier zusammengekommen sind. Wir sind sehr dankbar und fanden es großartig, dass er in unserer Sprache gepredigt und die Liturgie gefeiert hat.

 


Quelle:
KNA