Jüdischer Weltkongress zur Zukunft des Judentums in Europa

"Keineswegs gesichert"

Wie sieht die Zukunft des Judentums in Europa aus? Nach Ansicht des Vize-Geschäftsführers des Jüdischen Weltkongresses, Maram Stern, ist der weitere Weg unklar. Sorgen bereitet ihm vor allem der wachsende Rechtspopulismus.

Welchen Weg nimmt das Judentum in Europa? (dpa)
Welchen Weg nimmt das Judentum in Europa? / ( dpa )

Die Zukunft des Judentums in Europa ist aus Sicht des Vize-Geschäftsführers des Jüdischen Weltkongresses, Maram Stern, "keineswegs" gesichert.

"Dass in Mitteleuropa 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ganz unverblümt zentrale Elemente des Judentums zur Disposition gestellt werden, ist beschämend", schreibt Stern in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (Freitag). "Es zeigt, dass die Bekenntnisse mancher Rechtspopulisten zum Judentum und zu Israel in Wahrheit nur Lippenbekenntnisse sind."

Schächten und religiöse Beschneidung

Als Hintergrund nennt Stern eine Diskussion in Österreich über das Schächten, das rituelle Schlachten von Tieren, aber auch generell Debatten über religiöse Beschneidung. "Obwohl die Debatten über das Schächten und die über die religiöse Beschneidung nicht komplett gleich gelagert sind, gibt es Parallelen", betont Stern. In beiden Diskussionen werde "undifferenziert und mit abwegigen Begriffen hantiert: archaische Methoden, Tierquälerei, Kindesmissbrauch".

Stern schreibt: "Es formiert sich eine unheilige Allianz zwischen rechten und linken Kräften, zwischen solchen, die nur Judentum und Islam ablehnen und jenen säkularen Kräften, die vorgeben, mit Religion nichts am Hut zu haben - aber mit heiligem Eifer Stimmung machen gegen religiöse Traditionen, weil sie sie als fremd, rückständig und nicht zu 'unserem' Kulturkreis gehörig ansehen."

Scheindebatten

In diesen Zusammenhang gehöre auch die Auseinandersetzung über das muslimische Kopftuch. "Man kann ja über dieses Stück Stoff geteilter Meinung sein, aber muss man es im Namen der Freiheit gleich verbieten", fragt Stern. "Wem es mit dem Tierschutz, dem Kindeswohl oder den Frauenrechten wirklich ernst ist, der sollte nicht mit dem Finger auf Juden oder Muslime zeigen." Darüber hinaus sollten keine "Scheindebatten" geführt werden.

Juden seien besonders sensibel, "wenn zum angeblichen Schutz der Werte des christlich-jüdischen Abendlandes mit Verve Kampagnen geführt werden, die genau diese Werte konterkarieren", schreibt Stern. "Und wenn das ausgerechnet in Deutschland und Österreich geschieht, stellt sich schnell ein Deja-vu-Erlebnis ein."

 

Quelle:
KNA