KNA: Herr Allam, seit der Osternacht heißen sie Magdi Cristiano Allam. Was hat Sie bewogen, sich taufen zu lassen?
Allam: Es war weder ein Blitz aus heiterem Himmel noch ein traumatisches Ereignis, sondern ein langer Weg des Reifens, der rückblickend eigentlich schon in der Kindheit begann. Meine Mutter vertraute meine Erziehung Comboni-Schwestern an, anschließend ging ich in ein Salesianer-Kolleg. Damals begann ich die Bibel zu lesen und war tief beeindruckt von der Figur Jesu. Den endgültigen Schritt verdanke ich aber der Begegnung mit überzeugten Christen, besonders mit Papst Benedikt XVI.
KNA: Was fasziniert Sie am Papst?
Allam: Ich habe ihn schon bewundert, als ich noch Muslim war. Neben seiner Persönlichkeit ist es für mich sein Eintreten für die Verbindung von Vernunft und Religion. Sie ist die Grundlage für einen authentisch menschlichen Glauben. Zugleich gibt mir das Christentum einen sicheren Bezugspunkt der Wahrheit und der Werte.
KNA: Welche Bedeutung hat die Konversion für Sie?
Allam: Sie ist vor allem eine Befreiung zur authentischen Religion der Wahrheit und des Lebens. Die Zugehörigkeit zum Christentum bedeutet einen radikalen Wandel sowohl der eigenen Person als auch der Existenz.
KNA: Wie waren die Reaktionen auf Ihren öffentlichen Schritt?
Allam: Wie zu erwarten, haben muslimische Extremisten ihre Fatwa gegen mich als Abtrünnigen erneuert. In Internet-Blogs rufen sie nun verstärkt zum Mord an mir auf. Aber ich lebe mit einem festen Glauben, mit der sicheren Überzeugung, dass mein Leben eine Berufung hat und zwar, die Freiheit und Wahrheit zu verkünden. Deshalb reise ich weiter durch Italien und treffe viele Menschen. Derzeit stelle ich mein neues Buch vor, das meine Konversion thematisiert.
KNA: Wie leben andere Konvertiten in Italien?
Allam: Es gibt viele, die den Glauben gewechselt haben und heute in Frieden leben. Aber es gibt auch Tausende, die aus Angst vor islamischen Extremisten ihren Glauben verheimlichen. Tragischerweise fühlen sie sich nicht selten in der Kirche menschlich alleingelassen und werden vom Staat nicht hinlänglich in der Ausübung ihrer Religionsfreiheit geschützt. Ich hoffe, dass sie bald aus ihren Katakomben kommen können.
KNA: Und wie reagierten die Christen auf Ihren Schritt?
Allam: Es gab sehr viel positives Echo. Aber ich musste mir auch Kritik gefallen lassen. Einige Christen warfen mir vor, meine öffentliche Taufe sei eine Provokation gegenüber dem Islam. Sogar Teile des Klerus meinten, es wäre besser gewesen, die Spendung des Sakraments diskret vorzunehmen. Da ich aber eine Person des öffentlichen Lebens bin, ist es auch richtig, dies öffentlich zu machen. Und ich bin stolz darauf, Zeugnis für meinen neuen Glauben abzulegen.
KNA: Worauf führen Sie die kritische Haltung zurück?
Allam: Sie ist ein Zeichen für einen ethischen und kulturellen Relativismus, ein Ausdruck von Angst und «political correctness».
Man geht davon aus, dass alle Religionen gleich sind, unabhängig von ihrem Inhalt. Wenn ich aber vom Islam zum Katholizismus gewechselt bin, dann doch wohl, weil ich zu einem negativen Urteil über den Islam gekommen bin. Wieso hätte ich denn meinen Glauben ändern sollen, wenn ich den Islam als gut und wahr angesehen hätte?
KNA: Wie ist dann ein Dialog möglich?
Allam: Als moderater Muslim habe ich in Italien wie kaum ein anderer für den Dialog geworben. Und ich bin überzeugt, dass man mit allen Muslimen ins Gespräch kommen kann, soweit sie ohne Vorbedingungen bereit sind, klar Stellung für die Menschenrechte zu beziehen - unabhängig davon, was der Koran sagt oder nicht sagt.
KNA: Viele hoffen auf einen Euro-Islam.
Allam: Da es keinen einheitlichen Islam gibt, ist es auch unsinnig, von einem europäischen Islam zu sprechen. Das bleiben theoretische und abstrakte Überlegungen. Wir leben in einer Welt, die aus Menschen besteht und nicht aus Ideen. Die Ideen haben kein Eigenleben, sondern nehmen in den Personen Fleisch an.
KNA: Wie sehen Sie die Zukunft Europas?
Allam: Meine Hoffnung wäre, dass die Muslime wie andere Zuwanderer oder Bürger dieselben Regeln beachten, dieselben Rechte respektieren und dieselben Werte teilen. Die Schwierigkeiten existieren nur, weil man meint, dass Muslime einen besonderen Anspruch auf bestimme religiöse, gesellschaftliche oder kulturelle Rechte hätten, die sich vom Recht der westlichen Gesellschaft unterscheiden oder gar im Widerspruch zu ihm stehen würden.
KNA: Ist Europa gegenüber der Gefahr des Islamismus zu sorglos?
Allam: Der Kontinent steckt in einer tiefen Wertekrise und hat seine Identität, die Wahrheit der eigenen christlichen Wurzeln, verraten. Er ist auf der Ebene der Werte zu einem Niemandsland geworden. Deshalb sehen die Islamisten Europa als Ort der «Conquista» an, als einen Kontinent, den man erobern kann. Und diese «Conquista» ist bereits im Gang. In einem ganzen Netzwerk von Moscheen wird Hass gepredigt. Islamisten haben sogar Europäer als heilige Krieger requiriert und sie als Selbstmordattentäter nach Afghanistan oder in den Irak geschickt. Das geschieht vor allem in europäischen Ländern, in denen die Ideologie des Multikulturalismus vorherrscht. Mit dieser Ideologie versucht man sogar, das islamische Recht, die Scharia, in den Rechtsstaat einzuführen. Dies geschieht vor allem in Großbritannien, wo es bereits Scharia-Gerichte gibt. Damit hat man sich einer islamischen «correctness» unterworfen.
Journalist Allam spricht über seine Konversion zum Christentum
Ein langer Weg des Reifens
Seit seiner Taufe durch Papst Benedikt XVI. in der Osternacht 2008 ist Magdi Cristiano Allam international bekannt. Die öffentliche Konversion des 1952 in Kairo geborenen Muslims zum Christentum sorgte weltweit für Aufsehen. Die Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sprach am Mittwoch mit dem Journalisten über die Gründe und Folgen seiner Konversion und über das Verhältnis Europas zum Islam.
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