Joseph Ratzinger wurde vor 50 Jahren Professor in Bonn

Qualitätvolle Vorlesungen und hohes Ansehen

Joseph Ratzinger war noch nicht 32 Jahre alt, als er vor 50 Jahren - zum 1. April 1959 - auf den Lehrstuhl für Fundamentaltheologie an der Universität Bonn berufen wurde. Norbert Trippen, Domkapitular und Kirchenhistoriker in Köln war außerplanmäßiger Professor an der Universität Bonn. Ein Blick zurück.

In jungen Jahren: Prof. Joseph Ratzinger (KNA)
In jungen Jahren: Prof. Joseph Ratzinger / ( KNA )

In seinen Lebenserinnerungen schreibt Papst Benedikt XVI.: «Am 15. April 1959 begann ich meine Vorlesungen (...) vor einer großen Hörerschar, die mit Begeisterung den neuen Ton aufnahm, den sie bei mir zu vernehmen glaubte. Einstweilen wohnte ich noch im Theologenkonvikt Albertinum, und das war gut so für den
Anfang: Ich nahm am ganz normalen Tagesablauf der Theologen teil und wuchs so auch schnell in ein ungezwungenes menschliches Miteinander mit meinen Hörern hinein. Stadt und Universität begeisterten mich.»

Für den weiteren Lebensweg des heutigen Papst Benedikt XVI. war es von großer Bedeutung, dass er seinen ersten Lehrstuhl in Bonn einnehmen konnte: Sehr bald drang der Ruf seiner qualitätvollen Vorlesungen und seines Ansehens bei Studenten und Kollegen auch an die Ohren des Kölner Erzbischofs Josef Kardinal Frings. Dieser war Mitglied der Zentralen Vorbereitungskommission des gerade angekündigten II. Vatikanischen Konzils. Da Frings fast erblindet war, suchte er kompetente Berater. Das waren zunächst der Bonner Kirchenhistoriker Hubert Jedin und Generalvikar Josef Teusch. Doch ab Frühjahr 1962 sollte der junge Joseph Ratzinger der Berater des Kardinals in den theologischen Themen des Konzils werden.

Frings war Ratzinger in der Pause eines Konzerts im Kölner Gürzenich im Sommer 1961 begegnet, als er gerade - etwas leichtfertig angesichts seiner fortschreitenden Erblindung - einen Vortrag in Genua für November zugesagt hatte, der die Entwicklungen seit dem I. Vatikanischen Konzil und die Erwartungen an das bevorstehende Konzil beschreiben sollte. Im Gürzenich fragte der Kardinal den jungen Professor, ob er ihm wohl ein Vortragsmanuskript erstellen könne.

Anerkennung auch von Papst Johannes XXIII.
Schon nach wenigen Tagen hatte Frings das Manuskript in Händen. Er ließ es von Bruno Wüstenberg, einem Kölner Priester und ehemaligen Seminaristen des Regens Frings im Staatssekretariat des Papstes, ins Italienische übersetzen und von ihm in Genua vortragen. Der Vortrag fand weltweit Anerkennung. Frings hatte etwas Sorge, wie wohl Papst Johannes XXIII. darüber denke. Doch dieser ließ den Kardinal am 23. Februar 1962 aus einer Sitzung der Vorbereitungskommission rufen und sprach ihm seine Anerkennung aus. Als Frings bekannte, der Vortrag stamme nicht aus seiner Feder, sondern von seinem jüngsten Bonner Professor Ratzinger, antwortete der Papst: Man muss die richtigen Berater haben!

So sichtete Ratzinger ab April 1962 für Frings alle Konzilsvorlagen. Während des Konzils war er zusammen mit dem Sekretär des Kardinals, dem heutigen Altbischof von Essen, Hubert Luthe, Hausgenosse von Frings im Priesterkolleg an S. Maria dell'Anima in Rom. Ratzinger hat Frings nicht nur für dessen Beiträge in der Konzilsaula Vorschläge erarbeitet. Der Kardinal führte ihn auch in die wichtigsten Kreise der Konzilsväter und Konzilskommissionen ein.

Eindrucksvolle Quelle über das Konzil
Ende 1962 wurde der junge Bonner Professor zum «Peritus», zum Konzilssachverständigen, berufen. Als solcher hatte er Zutritt zu allen Konzilssitzungen in Sankt Peter und zu manchen Unterkommissionen, in denen an Konzilstexten gearbeitet wurde.
Ratzinger hat zusammen mit der führenden Theologenschicht der Weltkirche wichtige Konzilstexte wie zum Beispiel die Konstitutionen über die göttliche Offenbarung und die Kirche erstellt. Nach jeder Sitzungsperiode veröffentlichte Ratzinger einen Bericht über die abgelaufene Sitzungsperiode im Kölner Verlag J. P. Bachem. Die vier kleinen Bände sind als Berichte eines engagierten Zeugen der Ereignisse eine eindrucksvolle Quelle über das Konzil.

Joseph Ratzinger hat es auch später an seinen Universitäten nicht lange ausgehalten: In Münster und Tübingen blieb er nur je drei Jahre. Wenn er 1963 nach vierjähriger, überaus erfolgreicher Tätigkeit Bonn verließ, sind dafür auch Spannungen innerhalb der Katholisch-Theologischen Fakultät verantwortlich gewesen: Nicht alle Kollegen waren damit einverstanden, dass Joseph Ratzinger und Hubert Jedin zu Konzilsperiti berufen wurden und den zur Wahrnehmung dieser Aufgabe erforderlichen Urlaub vom Kultusminister in Düsseldorf bewilligt bekamen.