Jesuiten-Flüchtlingsdienst hofft auf einfachere Einbürgerung

Raus aus dem "Dschungel der Regelungen"?

Die Einbürgerung in Deutschland soll einfacher und schneller funktionieren. Das ist der Plan der Ampel-Regierung. Die Bürokratisierung der aktuellen Verfahren ist problematisch. Was muss in Zukunft verbessert werden?

Deutscher Reisepass / © Mahony (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie setzen sich ein für die Belange von Flüchtlingen. Glauben Sie, dass Deutschland diesen Paradigmenwechsel von einer eher ablehnenden Haltung gegenüber Flüchtlingen hin zu einer wertschätzenden Haltung schafft?

Pater Claus Pfuff SJ / © Christian Ender (JRS)
Pater Claus Pfuff SJ / © Christian Ender ( JRS )

Pater Claus Pfuff SJ (Leiter des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes): Ja. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat sich ja wieder gezeigt, dass Deutschland Tausende von Menschen, Schutzsuchende, einfach so bei sich aufgenommen hat. Und ich finde, das ist toll und ermutigend. Diese Ermutigung muss man aber auch in der Politik und in der Verwaltung aufnehmen. Ich denke, dass wir heute gerade die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wieder aktiv unterstützen müssen. Man darf sie nicht durch die Mühlen der Bürokratie treiben. Ich denke, damit schaffen wir ein politisches Klima, in dem die Wertschätzung gegenüber Flüchtlingen die Regel ist.

DOMRADIO.DE: Woran hakt es denn bisher am meisten, wenn wir uns das Einwanderungsrecht anschauen?

Pfuff: Was ich feststelle, ist die enorme Bürokratisierung der Verfahren. Selbst Ausländerbehörden klagen immer wieder, dass sie im Dschungel der verschiedenen Regelungen nicht mehr ganz klar kommen. Ich denke, wir brauchen einfache und lebensnahe Vorschriften. Eine Behörde muss flexibel und auch grundsätzlich positiv auf die verschiedenen Anliegen und Lebenssachverhalte der Menschen reagieren können. Ich denke, das wäre nötig.

Pater Claus Pfuff, Leiter des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes

"Selbst Ausländerbehörden klagen immer wieder, dass sie im Dschungel der verschiedenen Regelungen nicht mehr ganz klar kommen."

DOMRADIO.DE: Es geht ja auch um das Stichwort Fachkräftemangel. Das ist aber wieder eine rein wirtschaftliche Perspektive. Reicht Ihnen das oder müsste man auch ein Qualifizierungsprogramm für geringqualifizierte Menschen schaffen und ihnen eine Perspektive bieten?

Pfuff: Wir führen gerade bei unserem Jesuiten-Flüchtlingsdienst ein Projekt durch, in dem wir junge Migrantinnen und Migranten auf ihrem Weg in und durch die Ausbildung begleiten und sie unterstützen. Denn alleingelassen, so stellen wir fest, scheitern sie häufig an den zu hohen Anforderungen. Wir merken gerade, dass es hochmotivierte Menschen sind, die etwas für sich und auch für unsere Gesellschaft aufbauen wollen. Und diese Bereitschaft muss einfach auch gefördert werden.

Wir erleben auf der anderen Seite, dass der Wunsch nach Fachkräften immer groß, aber die Bereitschaft, Geflüchtete oder Migrantinnen auszubilden, oftmals sehr gering ist. Auf der anderen Seite dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass wir geflüchtete Menschen nicht nur nach wirtschaftlichem Nutzen für uns bewerten, denn sonst führen wir ein erneutes unmenschliches System ein.

DOMRADIO.DE: Aus der Union kommen durchweg kritische Stimmen zu dem Vorhaben der Regierung. Aus der AfD wird gewarnt, man dürfe den Menschen den deutschen Pass nicht hinterher schmeißen. Was meinen Sie, was in der Debatte da auf uns zukommen wird?

Pfuff: Dass die Opposition Kritik an den Regierungsvorhaben übt, das ist, denke ich, die Aufgabe der Opposition. Aber die Kritik sollte sachlich bleiben und konstruktiv sein. Ich finde, Schlagworte wie "Sozialtouristen" sollte ein Mensch in führender Verantwortung wie Friedrich Merz tunlichst vermeiden. Ich denke, eine sachliche Debatte hilft uns, wirklich gute Lösungen für beide Seiten zu finden.

Das Interview führte Tobias Fricke. 

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst

Der weltweite Jesuiten-Flüchtlingsdienst wurde 1980 angesichts der Not vietnamesischer Bootsflüchtlinge als internationale Hilfsorganisation gegründet. Heute ist er mit etwa 1.200 Mitarbeitenden in mehr als 50 Ländern vertreten. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst will Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten in der Öffentlichkeit eine Stimme geben und Stellung nehmen zu Entwicklungen im Ausländerrecht und in der Asylpolitik.

Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Aleppo, Syrien, 2018 / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Aleppo, Syrien, 2018 / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )
Quelle:
DR