Jesuit fordert Aufrechterhaltung des Verfahrens gegen ihn

"Nicht nach Recht und Gesetz"

Im Dezember hat Pater Jörg Alt weggeworfene Lebensmittel aus Containern gerettet und öffentlich verteilt. Nach fünf Monaten Ermittlungen möchte die Staatsanwaltschaft den Fall einstellen. Pater Alt weigert sich, das zu akzeptieren.

Jesuitenpater Jörg Alt verteilt vor einem Supermarkt Lebensmittel, die er zuvor bei einer Lebensmittel-Rettungsaktion aus Abfall-Containern von Supermärkten entwendet hatte / © Valeska Rehm (epd)
Jesuitenpater Jörg Alt verteilt vor einem Supermarkt Lebensmittel, die er zuvor bei einer Lebensmittel-Rettungsaktion aus Abfall-Containern von Supermärkten entwendet hatte / © Valeska Rehm ( epd )

DOMRADIO.DE: Wie geht es für Sie jetzt weiter?

Pater Jörg Alt SJ (Jesuit aus Nürnberg): Ich habe mich mit meinem Anwalt beraten und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass diese Verfahrenseinstellung eindeutig interessengeleitet und politisch ist. Meine vorgelegten Beweismittel und mein Geständnis sind so klar, dass nach der geltenden Rechtslage und Auslegung durch die Gerichte ein Verfahren, eine Verurteilung unumgänglich wäre.

Offensichtlich möchte man hier seitens der Staatsanwaltschaft nicht, dass ich den Gerichtssaal für meine politischen Forderungen bekomme, denn darum geht es ja. Ich habe das nicht aus Spaß gemacht, sondern weil ich von der Politik eine Entkriminalisierung wollte und ein Gesetz zur Rettung von Lebensmitteln, das diese Praktiken zukünftig überflüssig machen würde.

DOMRADIO.DE: Das Verfahren soll aus Mangel an Beweisen eingestellt werden. Was möchten Sie jetzt tun?

Alt: Genau das ist eben das, was niemand versteht, weil es nicht nach Recht und Gesetz zugeht, sondern nach offensichtlich anderen Gründen. Wir wollen jetzt nochmal öffentlich machen, was der Staatsanwaltschaft an Beweismitteln vorgelegen hat, nämlich neben meinen Beweisfotos auch noch andere Dinge.

Die Polizei hat ermittelt. Sie hat die Supermärkte korrekt ermittelt, sie hat den Warenwert ermittelt. Das sind alles Dinge, die bei jedem anderen, der nicht Priester und Jesuit ist, zu einer Verhandlung und womöglich zu einer Verurteilung geführt hätten. Aber da offensichtlich in der Öffentlichkeit nicht bekannt ist, wie hoch die Beweislast gegen mich ist, wollen wir das öffentlich machen.

Pater Jörg Alt SJ

"Das sind alles Dinge, die bei jedem anderen, der nicht Priester und Jesuit ist, zu einer Verhandlung und womöglich zu einer Verurteilung geführt hätten"

DOMRADIO.DE: Was fordern Sie konkret?

Alt: Ich fordere, dass die Politik das Containern endlich entkriminalisiert und ein Gesetz zur Rettung von Lebensmitteln verabschiedet. Solange die Politik dieser Forderung nicht nachgekommen ist, werde ich den Skandal am Kochen halten.

DOMRADIO.DE: Sie haben viel Aufmerksamkeit mit der Aktion bekommen. Wie möchten Sie die weiter nutzen?

Alt: Indem ich sie weiter nähre. Der nächste Schritt wäre, dass wir öffentlich sagen, dass wir mit dieser Einstellung nicht einverstanden sind und dass wir die Beweislage für so erdrückend halten, dass die Staatsanwaltschaft allein schon aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung heraus die Ermittlungen wieder aufnehmen sollte. Denn es ist eindeutig, dass dieses Verfahren wegen mir als öffentlicher Person eingestellt worden ist und nicht aus Mangel an Beweisen.

Jesuit Jörg Alt holte Lebensmittel aus Abfall-Containern von Supermärkten / © Valeska Rehm (epd)
Jesuit Jörg Alt holte Lebensmittel aus Abfall-Containern von Supermärkten / © Valeska Rehm ( epd )

DOMRADIO.DE: Eigentlich kann es laut Gesetz nicht sein, dass man so entscheidet?

Alt: Genau das ist der Punkt. Und das muss öffentlich werden. Wenn die Staatsanwaltschaft sich dann doch irgendwie rausreden kann, sieht man ja, dass es hier nicht um Recht und Gesetz geht. Das wäre dann auch nochmal ein ganz deutliches Signal an die Politik: Ändert das endlich, damit es zu solchen Absurditäten erst gar nicht mehr kommt. Und das Problem ist nun wirklich nicht gelöst.

Als ich das im Dezember gemacht habe, war klar, dass die Tafeln knapp sind und viele Leute nicht versorgen können, die dann wieder auf Mülleimer angewiesen sind. Aber seitdem haben wir in der Ukraine-Krieg. Nahrungsmittel werden teurer und teurer. Menschen werden zunehmend auf die Tonne angewiesen und das Problem verschärft sich.

Deswegen ist der Gesetzgeber gefordert, endlich Containern zu entkriminalisieren oder Alternativen zu finden, wie es in einem zweiten Gesetz möglich wäre und wie es in anderen Ländern Europas wunderbar funktioniert. Aber nachdem sich die FDP offensichtlich querlegt, kommt dieses Gesetz einfach aus der Beratung nicht heraus.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Jesuitenorden

Die Jesuiten sind die größte männliche Ordensgemeinschaft der katholischen Kirche. Gründer der "Gesellschaft Jesu", so die offizielle Bezeichnung in Anlehnung an den lateinischen Namen "Societas Jesu" (SJ), ist der Spanier Ignatius von Loyola (1491-1556).

Jesuiten sind keine Mönche; sie führen kein Klosterleben und tragen keine Ordenskleidung. Neben Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam verpflichten sie sich in einem vierten Gelübde zu besonderem Gehorsam gegenüber dem Papst. Zudem legen sie ein Zusatzversprechen ab, nicht nach kirchlichen Ämtern zu streben.

Iesum Habemus Socium ("Wir haben Jesus als Gefährten") - das Emblem der Jesuiten / © Markian Pankiv (shutterstock)
Iesum Habemus Socium ("Wir haben Jesus als Gefährten") - das Emblem der Jesuiten / © Markian Pankiv ( shutterstock )
Quelle:
DR