Jerusalemer Weihbischof Schomali befürchtet dritte Intifada

"Wir alle sind der Gewalt müde"

Israels Armee hält sich bereit für eine Bodenoffensive im Gazastreifen, um den Raketenbeschuss zu stoppen. Dies alles könnte der Beginn einer dritten Intifada sein, warnt der Jerusalemer Weihbischof William Schomali.

Raketenalarm in Ashdod (dpa)
Raketenalarm in Ashdod / ( dpa )

KNA: Bischof William, wie bewerten Sie die gegenwärtige Gewalt Eskalation zwischen Israelis und Palästinensern?

Schomali: Wir sind besorgt sowohl über die Lage zwischen Gaza und Süd-Israel als auch über die Situation in und um Jerusalem. Wir befürchten den Anfang einer dritten Intifada. Es gab genug Motive, die einen solch schrecklichen Kreislauf der Gewalt generieren könnten. Die erste und zweite Intifada haben mit Tötungen, Vergeltungsschlägen, Beerdigungen begonnen - ein Teufelskreis, der schwierig zu beenden ist. Und jetzt stehen wir wirklich an solch einem Anfang. Helfen könnten die Erinnerungen an die erste und zweite Intifada. Sie könnten Israelis und Palästinenser davon abbringen, so weiterzumachen.

KNA: Wie betrifft die gegenwärtige Gewalteskalation die Christen vor Ort?

Schomali: Christen sind Teil des gesellschaftlichen Gefüges, sowohl auf israelischer wie auf palästinensischer Seite. Was immer in Israel oder Palästina geschieht, hat in gleicher Weise Auswirkungen für die einheimischen Christen. Mehr noch als bei anderen besteht aber bei den Christen das Risiko, dass viele der Jungen angesichts dieser Schwierigkeiten auszuwandern versuchen. So geschah es während der ersten und der zweiten Intifada. Bitten wir Gott, dass es jetzt nicht wieder so sein wird. Wir Christen stellen derzeit in Palästina nur noch 1,25 Prozent der Bevölkerung, wenn man den Gazastreifen mitzählt.

KNA: Die jüngste Eskalation folgt kurz auf den Besuch von Papst Franziskus im Heiligen Land und das Friedensgebet, zu dem der Papst Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Israels Staatspräsident Schimon Peres in den Vatikan eingeladen hatte. Sehen Sie eine Verbindung zwischen den verstärkten Bemühungen um Frieden und einem wachsenden Extremismus?

Schomali: Der Zusammenhang zwischen dem Besuch und dem Gebet sowie der Gewalt heute ist zufällig, nicht ursächlich. Die Eskalation hätte auch vor dem Papstbesuch passieren können oder auch ohne ihn. Es gibt keinen Kausalzusammenhang zwischen beiden. Aber wir wissen, dass der Papst nach dem Scheitern der Friedensmission von US-Außenminister John Kerry in eine Art Leere gekommen ist. Wenn der Friedensprozess scheitert, ist die Gefahr von extremer Gewalt größer. Das Friedensgebet kann umgekehrt auf lange Sicht Früchte tragen, nicht unmittelbar. Und es kann eine schlimmere Eskalation verhindern. Wenn wir auf die Kraft des Gebetes vertrauen, werden wir keinen Moment zögern zu sagen, dass wir unser Gebet verstärken müssen. Allein Gott kann dieser Gewalteskalation ein Ende setzen.

KNA: Sehen Sie für absehbare Zeit ein Ende der Gewalt oder gar Frieden?

Schomali: Ich glaube ja. Wir alle, Israelis und Palästinenser, sind der Gewalt müde. Wir wollen Frieden. Die Politiker sollten auf die Stimme des Volkes hören.

Das Interview führte Andrea Krogmann


Weihbischof William Schomali (KNA)
Weihbischof William Schomali / ( KNA )

Nach einem Luftangriff in Gaza   (dpa)
Nach einem Luftangriff in Gaza / ( dpa )
Quelle:
KNA