Jecken starteten mit Dom-Gottesdienst in die Session

Ein Novum im Kölner Karneval

Ein leichtes Schunkeln konnten sich die Karnevalisten auch im Hohen Dom zu Köln nicht verkneifen: Als zum Auszug nach dem Pontifikalamt mit Kardinal Joachim Meisner am Donnerstagabend kölsche Klänge in der gotischen Kathedrale ertönten, wiegte sich so mancher Messbesucher in sanftem Rhythmus hin und her. Das "Großer Gott, wir loben Dich" hatten die Mitglieder der Festkomitee-Karnevalsgesellschaften zuvor schon strophenweise auf Kölsch gesungen. Doch an religiösem Ernst fehlte es dem festlichen Gottesdienst, der erstmals am Vorabend der Proklamation des Kölner Dreigestirns im Dom stattfand, trotz bunter Kostüme und Standarten nicht.

 (DR)

Von KNA-Redakteurin Viola van Melis

Der Erzbischof erklärte den Gläubigen im gut gefüllten Dom in seiner Predigt, dass zwischen Karneval und Kirche ein enger Zusammenhang bestehe. "Karneval bleibt nur Karneval, wenn er mit dem Kirchenjahr und mit dem Leben der Kirche verbunden ist", sagte er. Auch wesensmäßig seien die beiden miteinander verwandt.

"Der Humor, der Mutterwitz, lebt von dem Humus, also der Muttererde des Evangeliums". Ein humorvoller Mensch verliere nicht die Geduld mit der Welt, weil Gott mit ihm Geduld habe. Ein solcher Mensch kenne auch keine Verbitterung, "weil er hinter allen geschäftigen Händen Gottes Vaterhand sieht", meinte der Kardinal.

Das designierte Dreigestirn, Prinz Jacky I., Bauer Walter und Jungfrau Antonia, das in den kommenden Wochen hunderte lustiger Veranstaltungen besuchen wird, lauschte den Worten des Oberhirten ebenso konzentriert wie das Kinderdreigestirn. Der Kardinal vollendete den Dreischritt seiner Predigt von "humus, humor, humanitas" mit den Worten: "Als kostbarste Frucht des Humors schenkt uns Gott die humanitas, die Menschenwürde." Wo sich Humor als Lebensstil entfalte, so Meisner an die Adresse der Karnevalisten, werde man der Würde des Menschen am ehesten gerecht.

Festkomitee-Präsident Markus Ritterbach dürfte dem Erzbischof innerlich zugestimmt haben. Hatte er doch im Vorfeld gesagt: "Die Zeit ist reif, wieder stärker auf die kirchlichen Wurzeln des Karnevals hinzuweisen." Die fünfte Jahreszeit werde von vielen falsch verstanden. Sie meinten, es gehe nur ums Feiern mit Musik oder Alkohol. Die Bräuche hätten aber auch christliche Wurzeln. Ritterbach: "Allein das Ende der Festlichkeiten wird ja vom Termin des Aschermittwochs bestimmt."

Bis dahin allerdings hat die Session den Karnevalisten noch viel zu bieten. Die Vorfreude auf Sitzungen und Umzüge war den Paaren der Tanzgruppen, den Mariechen und Tanzoffizieren, regelrecht anzumerken. Um der Kleiderordnung im Dom zu entsprechen, hatten die Funkenmariechen, die stets kurze Röcke tragen, Capes und lange Stiefel übergezogen.

Ein Schmunzeln entlockte der Erzbischof ihnen, als er versprach, dass jeder Mensch "den Adelstitel 'von Gott'" tragen dürfe. An die Auszeichnung "Mariechen Müller von Gott" oder "Willi Schmitz von Gott" reiche kein Orden und - "bitte verzeihen Sie", so der Kardinal - auch kein Karnevalsorden heran. Dass die Idee des Festkomitee-Präsidenten, mit einem Dom-Gottesdienst in die heiße Phase der Session einzutreten, nicht die schlechteste war, befand schließlich auch der Erzbischof. Zum Abschluss schlug er vor - und erntete dafür viel Applaus -, eine solche Messe auch im kommenden Jahr am Vorabend der Prinzenproklamation zu feiern. Das Novum 2007 könnte im Zentrum des rheinischen Frohsinns zum festen karnevalistischen Termin werden.