Jahrbuch zur Religionsfreiheit vorgestellt

Gläubige Menschen weltweit in Bedrängnis

Die Religionsfreiheit ist weltweit bedrängt. Gleichzeitig warnen Experten davor, das Recht auf Religionsfreiheit zu missbrauchen und damit Druck auszuüben. Ein Jahrbuch versammelt dazu verschiedene Perspektiven.

Autor/in:
Michael Kinnen
Symbolbild Religionsfreiheit / © Good Pic (shutterstock)
Symbolbild Religionsfreiheit / © Good Pic ( shutterstock )

Religionsfreiheit wird nach Ansicht von Experten weltweit bedrängt und gleichzeitig in Teilen für staatlichen Extremismus missbraucht.

Der Nürnberger Professor für Menschenrechtspolitik, Heiner Bielefeldt, warnte am Montag davor, "dass eine ins Autoritäre verbogene Religionsfreiheit systematisch zum Antipoden von Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit und anderen diskursiven Freiheitsrechten gerät".

Prof. Dr. Heiner Bielefeldt / © Wolfgang Radtke (KNA)
Prof. Dr. Heiner Bielefeldt / © Wolfgang Radtke ( KNA )

Bielefeldt äußerte sich mit einem schriftlichen Statement aus Anlass der Vorstellung des Jahrbuchs "Religionsfreiheit 2022/23" in Berlin, das die Arbeitskreise Religionsfreiheit der Evangelischen Allianz in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen mit dem Internationalen Institut für Religionsfreiheit und der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte in Auftrag gegeben haben.

Gläubige Menschen weltweit in Bedrängnis

Auch für religiös konnotierte, traditionelle Familienwerte werde die Religionsfreiheit gern in Anschlag gebracht - "oft mit polemischer Stoßrichtung gegen emanzipatorische Forderungen in Richtung Gender-Gerechtigkeit", so Bielefeldt. Russland sei dabei "ideologisch tonangebend" - mit Rückendeckung der Russisch-Orthodoxen Kirche. Damit werde der "Universalismus der Menschenrechte im Ganzen bedroht".

Dem Jahrbuch zufolge sind gläubige Menschen weltweit in Bedrängnis.

Gläubige beten während eines Gottesdienstes in einer katholischen Kirche in Goma / © Moses Sawasawa (dpa)
Gläubige beten während eines Gottesdienstes in einer katholischen Kirche in Goma / © Moses Sawasawa ( dpa )

In Nicaragua und Kuba würden Repräsentanten von Religionsgemeinschaften systematisch unter Druck gesetzt, ihre Loyalität zur Staatsführung zu dokumentieren. Aktuelles Beispiel für die Bedrohung im religiösen Leben sei aber auch der zunehmende Antisemitismus in der Folge des Nahost-Krieges.

"Wenn Häuser, in denen Juden leben, gekennzeichnet werden und auf unseren Straßen religiös motivierter Hass verbreitet wird, muss der Staat mit äußerster Entschiedenheit gegen die Täter vorgehen", forderte der Präsident der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (ISHR) und Mit-Herausgeber des Jahrbuchs, Thomas Schirrmacher.

Existenzielle Bedrohung jüdischen Lebens

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, kritisierte eine fehlende Unterstützung angesichts der existenziellen Bedrohung jüdischen Lebens. "Die Solidarität auf den Straßen fällt eher ausbaufähig aus", sagte Beck. Er beobachte eine wachsende Angst und Verunsicherung von Jüdinnen und Juden in der Folge des Nahost-Krieges.

Volker Beck, Präsident der deutsch-israelischen Gesellschaft / © Annette Riedl (dpa)
Volker Beck, Präsident der deutsch-israelischen Gesellschaft / © Annette Riedl ( dpa )

Auch die Ausgrenzung und Bedrohung von Menschen, die sich zu keiner Religion bekennen oder sich von einer Religion öffentlich abwendeten, nehme zu, heißt es in dem Jahrbuch. Besonders islamisch geprägte Staaten wie Iran, Afghanistan und Pakistan träten hier in Erscheinung.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Religionsfreiheit, Frank Schwabe (SPD), erinnerte an die Rechte indigener Völker zur Ausübung ihrer Spiritualität und Religion. Die Anerkennung indigener Religionen und Weltanschauungen als grundlegende Bestandteile der Religionsfreiheit und kulturellen Vielfalt sei von zentraler Bedeutung für die nachhaltige, partnerschaftliche und friedliche Entwicklung in der Welt, betonte Schwabe.

Das Jahrbuch versammelt verschiedene Studien zur Religionsfreiheit.

Es enthält unter anderem auch in Auszügen den dritten Ökumenischen Bericht zur Religionsfreiheit der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie verschiedene Länderberichte.

Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit gehört zu den grundlegenden Menschenrechten. In Deutschland heißt es in Artikel 4 des Grundgesetzes: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich." Die ungestörte Religionsausübung - gleich welcher Konfession - soll ebenfalls gewährleistet sein.

Religionsfreiheit weltweit eingeschränkt / © N.N. (Open Doors)
Religionsfreiheit weltweit eingeschränkt / © N.N. ( Open Doors )
Quelle:
KNA