Italien nimmt 102 Bootsflüchtlinge auf

Odyssee im Mittelmeer

Niemand fühlt sich verantwortlich für die Flüchtlingsdramen im Mittelmeer, kritisierte Franziskus vor genau einem Monat. Das jüngste Drama scheint glimpflich auszugehen. Nach dreitägigem Tauziehen nimmt Italien 102 gestrandete Afrikaner auf.

In der Hoffnung auf ein besseres Leben (dpa)
In der Hoffnung auf ein besseres Leben / ( dpa )

Im Flüchtlingsdrama vor der Küste Maltas hat sich nach drei Tagen eine Lösung abzeichnet. Italien erklärte sich am Mittwoch bereit, die 102 geretteten Bootsflüchtlinge aus Afrika aufzunehmen. Sie waren vor Malta gestrandet, unter ihnen vier Schwangere und ein Baby. Die Migranten aus Eritrea und Äthiopien waren am Sonntag von dem Öltanker "Salamis" von einem Boot aus Seenot gerettet worden.

Seither wartete das unter liberianischer Flagge fahrende Schiff vergeblich auf die Erlaubnis Maltas, die Migranten im dortigen Hafen Valletta an Land bringen zu dürfen. Unter den Flüchtlingen befinden sich vier Schwangere, eine verletzte Frau sowie ein fünf Monate altes Baby.

Am Mittwoch fuhr die "Salamis" nach Italien weiter. Wie das Innenministerium in Rom auf Anfrage bestätigte, sollte das Tankschiff die Flüchtlinge in den Hafen von Syrakus auf Sizilien bringen. Der maltesische Ministerpräsident Joseph Muscat bedankte sich in einer Erklärung bei seinem italienischen Kollegen Enrico Letta und betonte, sein Land habe seine legitimen Interessen verteidigt.

Malta fordert Unterstützung der EU-Länder

Malta hatte eine Aufnahme der Migranten mit der Begründung abgelehnt, dass Valletta zum Zeitpunkt der Rettung noch weit entfernt gewesen sei. Die Regierung forderte, der Kapitän solle die Flüchtlinge entgegen seiner Route nach Libyen bringen. Dagegen hatten allerdings die EU-Kommission in Brüssel und viele Flüchtlingsorganisationen protestiert. Der Kapitän habe seine humanitäre Pflicht erfüllt und müsse die Menschen nun absetzen dürfen, sagte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am Dienstag.

Malta ließ sich jedoch nicht umstimmen. Der kleine Inselstaat fordert von den anderen EU-Ländern seit langem, ihn bei der Bewältigung des Flüchtlingsandrangs besser zu unterstützen. Malta verzeichnet, gemessen an seiner Einwohnerzahl von 400.000, mit Abstand die höchsten Flüchtlingszahlen der EU. Am Mittwochmorgen kam laut einem Bericht der Zeitung "Malta Today" erneut eine Gruppe von 86 Einwanderern an und wurde vom Militär an Land gebracht. Der EU-Inselstaat hatte im Juli die Rekordzahl von nahezu 1000 Migranten aufgenommen. Mit der Weigerung, weitere Flüchtlinge aufzunehmen, habe Malta eine klare Botschaft ausgesandt, dass die Belastungsgrenze erreicht sei, erklärte Maltas Regierungschef Joseph Muscat.

Kritik: Migranten dürfen keine "Bauernopfern“ sein

Nach Ansicht der EU-Grundrechteagentur FRA in Wien braucht die internationale Gemeinschaft dringend klarere Gesetzesregeln über Zuständigkeiten im Fall von Schiffbrüchen. "Migranten, die durch die Seenot ohnehin schon traumatisiert sind, sollten nicht noch zu Bauernopfern rechtlicher Dispute werden», sagte der FRA-Direktor Morten Kjaerum. Er verwies außerdem darauf, dass weder in Libyen noch einem anderen nordafrikanischen Mittelmeerstaat der Flüchtlingsschutz gewährleistet sei.

Bei seine ersten Reise hatte Papst Franziskus auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa zu einer "brüderlichen Solidarität" mit den Flüchtlingen aus Afrika und Asien geworben. Niemand fühle sich verantwortlich für die alltäglichen "Dramen" während deren Überfahrt von Afrika nach Europa und das "Blut der Brüder und Schwestern", die hierbei ums Leben kämen, sagte Franziskus während einer Messe auf der Insel.

Papst kritisierte indirekt EU-Flüchtlingspolitik

Zugleich kritisierte Franziskus indirekt die EU-Flüchtlingspolitik sowie die politischen Führungen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Er bat Gott um Vergebung für die "Grausamkeit in der Welt, in uns und auch in jenen, die in der Anonymität Entscheidungen sozialer und wirtschaftlicher Natur treffen, die den Weg für Dramen wie dieses ebnen".

In der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa wagen jedes Jahr Zehntausende Afrikaner die gefährliche Überfahrt, oft in überfüllten und wenig seetauglichen Booten. Immer wieder kommen dabei Flüchtlinge ums Leben.


Juli 2013 Papst Franziskus auf Lampedusa (dpa)
Juli 2013 Papst Franziskus auf Lampedusa / ( dpa )
Quelle:
epd , KNA