Italien: Katholikentag in Verona

„Zeugen des auferstandenen Jesu, Hoffnung der Welt“

Der vierte italienische Katholikentag wird heute in Verona eröffnet. Mehr als 2700 Bischöfe und Delegierte werden erwartet. Mit dem Motto „Zeugen des auferstandenen Jesu, Hoffnung der Welt" wollen die italienischen Bischöfe in Bewusstsein rufen, dass das Evangelium bleibenden Wert besitzt und auch heute die Liebe Gottes an die Menschen weiter gegeben werde.

 (DR)

Der vierte italienische Katholikentag wird heute in Verona eröffnet. Mehr als 2700 Bischöfe und Delegierte werden erwartet. Mit dem Motto „Zeugen des auferstandenen Jesu, Hoffnung der Welt" wollen die italienischen Bischöfe in Bewusstsein rufen, dass das Evangelium bleibenden Wert besitzt und auch heute die Liebe Gottes an die Menschen weiter gegeben werde. Themen sind das moderne Familienbild und die Evangelisierung der Jugendlichen. Papst Benedikt wird am Donnerstag nach Verona fahren. Am Nachmittag will er dort mit den 2.700 Delegierten und den Bischöfen des Landes einen Gottesdienst feiern. Stefan v. Kempis von Radio Vatikan im domradio-Interview über die Themen des Katholikentags.

Gläubiges Italien
An dem fünftägigen Katholikentreffen nehmen Vertreter aus den 226 Diözesen, den Orden, Verbänden und kirchlichen Gemeinschaften sowie Theologen und Experten teil. Bisher fanden derartige Standortbestimmungen in Rom, Palermo und Loreto im Abstand von jeweils zehn Jahren statt. Seit 1976 treffen sich die Katholiken der Halbinsel auf Einladung der Bischöfe zu einer solchen Neuausrichtung. Das Interesse an der Religion ist in den vergangenen Jahren wieder gewachsen. Knapp 90 Prozent der Italiener bezeichnen sich als Katholiken; vor 15 Jahren waren es noch acht Prozent weniger. Fast jeder Dritte gibt an, regelmäßig die Sonntagsmesse zu besuchen. Doch schwindet gleichzeitig das Glaubenswissen, und bei einem überalterten Klerus sind mehr als 4.000 Pfarrstellen unbesetzt.

Kultur der Gleichgültigkeit
Der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Camillo Ruini, zog denn auch eine gemischte Bilanz. Nach über 15 Jahren an der Spitze des Episkopats konnte er auf öffentliche Wirksamkeit der Kirche, ihre starke Verwurzelung im Volk und eine gewachsene innere Gemeinschaft verweisen. Doch konstatierte er wie auch Benedikt XVI., dass sich auch im katholischen Italien eine Kultur der Gleichgültigkeit ausbreitet und alle Gewissheiten schwinden.

Die daraus erwachsende Verunsicherung der Gesellschaft und der einzelnen Person greift der Kongress mit fünf Arbeitsthemen auf. Unter dem Punkt "Das affektive Leben" stellt das Diskussionspapier eine Überbetonung der Emotionen in einer hedonistischen Massenkultur bei einer gleichzeitigen Unfähigkeit zu menschlicher Zuwendung. Dies führe wachsender Vereinsamung. Auch bei den anderen Themen, "Fest und Arbeit", "Menschliche Zerbrechlichkeit", "Tradition" und "Bürgerschaft", geht es um die Gefährdung von Sozialbeziehungen und Bindungen.

Erneuerung des "anthropologischen Denkens"
Angesichts dieser Herausforderung versuchen die Bischöfe, das christliche Menschenbild in den Mittelpunkt eines kulturellen Engagements zu stellen. Auf politischer Ebene klagt der Episkopat dabei bestimmte Werte als unverzichtbar ein. Dazu gehören die Würde des Lebens, der Wert der Familie oder bioethische Prinzipien. Der Mailänder Kardinal Dionigi Tettamanzi forderte in Verona entsprechend eine Erneuerung des "anthropologischen Denkens".

Aber so geachtet und einflussreich die Institution Kirche ist - das Kirchenvolk zeigt sich nicht nur nach Einschätzung des Historikers Guido Formigoni "sehr zerfranst, sehr vielgestaltig und diversifiziert". Selbst die Presseagentur der Bischofskonferenz beklagt einen Klerikalismus, bei dem die Bischöfe die Aufgaben von Laien übernähmen. Entsprechend mahnten Tettamanzi und Ruini die Laien, sich für das christliche Menschenbild in allen Bereichen der Gesellschaft einzusetzen.

Politiker bleiben außen vor
Allerdings spiegelt der Kongress selbst das Dilemma wider. Denn die katholischen Laien in der Politik, sprich die Parlamentarier, kommen in Verona nicht zu Wort. Der Grund liegt nicht zuletzt in der Sorge, die politische Spaltung des Landes könnte sich in die Kirche hinein fortsetzen. Die Bischöfe setzen daher auf fraktionsübergreifende Bündnisse katholischer Politiker in Kernfragen und suchen ansonsten gleiche Distanz zu den beiden großen politischen Lagern - dank Ruini bislang mit einigem Erfolg.

Umso mehr wird in Verona über seine Nachfolge spekuliert. Denn der hagere Kardinal mit der hohen Denkerstirn feierte im Februar seinen 75. Geburtstag. Es ist auch sein Verdienst, dass in Italien ein vitaler Katholizismus durchaus offensiv in der politischen und kulturellen Auseinandersetzung steht. Für viele Beobachter hat dies Beispielcharakter für andere Länder. Umso gespannter wartet man in Verona auf die Worte des Papstes.
(KNA)