Ist "Burger King"-Werbung in Spanien blasphemisch?

"Nehmet und esset alle davon"

Die Fast-Food-Kette "Burger King" hat in Spanien den katholischen Fasten-Brauch für Werbung benutzt und dafür viel Kritik geerntet. Der katholische Theologe Andreas Weiß hält den Vorwurf der Blasphemie aber für unbegründet.

Ein Hamburger und Pommes Frites / © Drozhzhina Elena (shutterstock)
Ein Hamburger und Pommes Frites / © Drozhzhina Elena ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: "Burger King" hatte in Spanien unter anderem mit dem auf die biblischen Einsetzungsworte anspielenden Satz "Nehmet und esset alle davon. Er enthält kein Fleisch." für vegetarische Burger geworben. In den sozialen Netzwerken haben sich viele über diese Werbekampagne empört und sie als blasphemisch bezeichnet. 22.000 Unterschriften wurden gegen die Kampagne gesammelt. Die Fastfoodkette hatte sich schließlich entschuldigt. Ist die Werbung tatsächlich gotteslästerlich? 

Dr. Andreas Weiß, katholischer Theologe und Philosoph

"Der Name Gottes kommt nicht vor. Es gibt also auch keinen Angriff auf Gott in dem Sinn."

Dr. Andreas Weiß (katholischer Theologe und Philosoph): Ich glaube, wir sollten hier mit den Definitionen etwas aufpassen. Die Karte mit dem Vorwurf der Blasphemie wird heute immer sehr, sehr schnell gezückt. Die Werbung hat bewusst ein falsches Zitat gesetzt. Sie hat also einen Satz aus der Bibel genommen und ihn bewusst in einem völlig anderen Kontext verwendet. Blasphemie in dem Sinne würde ich hier nicht als Hintergrund vermuten, denn Gott kommt nicht vor. Der Name Gottes kommt nicht vor. Es gibt also auch keinen Angriff auf Gott in dem Sinn. 

DOMRADIO.DE: Viele verstehen vielleicht gar nicht den Hintergrund, dass der Text aus der Bibel kommt. Das steht ja auch gar nicht bei dieser Werbung dabei. Ist das vielleicht ein Grund, warum das manche aufregt?

Weiß: Ich glaube durchaus, dass im immer noch sehr katholischen Spanien viele diesen Hintergrund noch kennen. Vielleicht nicht mehr alle, aber dieses "Nehmet und esset" ist natürlich ein geflügeltes Wort geworden. Also auch, wenn man es nicht direkt angibt, weiß man, woher dieser Text stammt. 

DOMRADIO.DE: Warum ist diese Art Werbung, wenn es um religiöse Texte geht, generell problematisch? Was würden Sie sagen? 

Weiß: Ich glaube tatsächlich aus dem schlichten Grund, weil hier der Kontext verändert wird. Man nimmt also einen Satz, der für viele Menschen eine heilige Bedeutung hat und setzt ihn in einen völlig anderen Zusammenhang. Das gibt es ja nicht erst bei "Burger King", sondern es wird auch in unterschiedlichen künstlerischen Darstellungen immer wieder verwendet, etwa wenn das Kreuz vorkommt und plötzlich eine Frosch-Figur darauf platziert wird.

Screenshot: Ronald McDonald am Kreuz / © nn (Reuters)
Screenshot: Ronald McDonald am Kreuz / © nn ( Reuters )

Also, man hat diese Kontext-Veränderung sehr oft und man kann dadurch wunderbar Aufmerksamkeit generieren. Das muss man ganz ehrlich sagen. 

DOMRADIO.DE: Ist es dann vielleicht auch inspirierend, sich durch so eine Werbung mit der Bibel und der Textstelle auseinanderzusetzen? 

Dr. Andreas Weiß, katholischer Theologe und Philosoph

"Man hat diese Kontext-Veränderung sehr oft und man kann dadurch wunderbar Aufmerksamkeit generieren. Das muss man ganz ehrlich sagen."

Weiß: Ich muss ganz ehrlich sagen, ich war zunächst auch irritiert, als ich diese Werbung gesehen habe. Beim näheren Nachdenken ist mir aber durchaus der eine oder andere theologische Zusammenhang aufgegangen, wenn man so will. Also auch die Frage: Was passiert denn eigentlich im Christentum mit diesen Worten? Was passiert denn eigentlich in der christlichen Opfer-Theologie?

Und wenn man genau hinschaut, hat man im christlichen Glauben auch diesen Wechsel vom Fleisch zum Nicht-Fleisch. Wir gedenken des Abendmahls und des Todes Jesu, indem wir ein Opfer darbringen, das eigentlich entgegen dem gesamten antiken Opferdienst nicht mit Fleisch hantiert, sondern wir haben Brot. Wir haben also diesen Wechsel vom Fleisch-Opfer zum Brot-Opfer.

Und diese Identifikation ist eigentlich sehr, sehr spannend, wenn man also diese beiden Vorgänge parallel ansieht - also was "Burger King" gemacht hat, aber was auch der christliche Glaube mit dem Opfer-Vorgang mehr oder weniger gemacht hat. 

Dr. Andreas Weiß, katholischer Theologe und Philosoph

"Verletzungen religiöser Gefühle sind auch heute immer noch so etwas wie die intimsten Verletzungen, die man bei Menschen vornehmen kann."

DOMRADIO.DE: Jetzt ist nicht jeder in unserer Gesellschaft christlich oder gar katholisch. Sollten trotzdem Nicht-Gläubige auf religiöse Texte Rücksicht nehmen und sie besser dann auch gar nicht als Werbung verwenden? 

Weiß: Verletzungen religiöser Gefühle sind auch heute immer noch so etwas wie die intimsten Verletzungen, die man bei Menschen vornehmen kann. Das betrifft nicht nur klassisch gläubige Menschen, sondern durchaus auch säkulare Menschen, die für sich heilige Bereiche haben. Ich glaube, bei diesen Verletzungen ist immer sehr, sehr große Vorsicht geboten.

Natürlich muss man heute auch darauf eingehen, dass man sagt: Nicht jeder kennt genau diese Grenzen. Wo beginnt denn eine Verletzung und wo endet eine Verletzung? Die Problematik bei solchen Grenzen ist natürlich auch, dass sie von Individuum zu Individuum verschieden sind. Also nicht jeder Katholik, nicht jeder Christ, hat dieselben Grenzen des Humors oder dessen, was noch als erträglich gilt. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Burger King in Spanien sorgt mit Werbekampagne für Diskussionen

Die Fastfoodkette Burger King hat in Spanien mit einer Werbekampagne in der Karwoche für Aufregung gesorgt. Das Unternehmen hatte in Anspielung auf die Bibel unter anderem mit den Worten "Nehmet und esset alle davon. Er enthält kein Fleisch." für vegetarische Burger geworben. Eine Internet-Petition mit mehr als 22.000 Unterschriften forderte den Stopp der Werbung. Mittlerweile hat sich das Unternehmen. Mittlerweile hat sich das Unternehmen für die Slogans entschuldigt und erklärt, es werde die Werbung sofort einstellen.  

Burger King-Schriftzug / © Carsten Hoefer (dpa)
Burger King-Schriftzug / © Carsten Hoefer ( dpa )
Quelle:
DR