Israels Archäologen fühlen sich immun gegen Politik

Graben nach Identität im Heiligen Land

Kultgegenstände aus Davids Zeiten, Belege für das biblische Bethlehem und Festungen König Salomons: Mit Funden aus biblischer Zeit machten israelische Archäologen in letzter Zeit wiederholt von sich reden. Unter Fachleuten ist aber nicht nur umstritten, wenn damit biblische Berichte belegt werden sollen. Ein anderer Vorwurf: Israels Archäologie wird zum Werkzeug der Politik.

Autor/in:
Andrea Krogmann
 (DR)

Es gehe darum, die jüdische Präsenz im Land zu betonen. Mit so pauschalen Urteilen ist der Archäologe Israel Finkelstein nicht einverstanden. Dahinter stehe eine "sehr europäische" Spielart von Israel-Kritik, sagt der Professor aus Tel Aviv. Die israelische Altertumskunde zähle zu den besten im ganzen Mittelmeerraum. Es gebe jedoch auch eine "Welle" fundamentalistischer Archäologie, die teils von der historischen Bibelwissenschaft seit dem 17. Jahrhundert keine Notiz nehme.



"Man kann nicht durch Jerusalem gehen, ein Kapitel aus dem Buch Samuel in der Hand, und damit nach Funden suchen", sagt Finkelstein, der sich, was die Bestätigung biblischer Aussagen durch Ausgrabungen angeht, selbst als "Minimalist" sieht. Trotzdem sei es derzeit "viel einfacher, die konservative Seite zu verkaufen": Damit meint er: Ausgrabungsergebnisse, die belegen, dass die Bibel doch Recht hat. Eine solche Archäologie betreffe eher "Fragen der eigenen Identität", "eine Art Romantizismus", sagt Finkelstein.



Archäologen bestreiten politische Motive

Der Jerusalemer Altertumsforscher Josef Garfinkel verteidigt hingegen eine biblische Archäologie. Ihre Befunde seien mit anerkannten wissenschaftlichen Methoden abgesichert. Keineswegs gehe es nur um Bestätigungen der Bibel. Aber dennoch steht für Garfinkel außer Frage: Viele archäologische Entdeckungen bestätigen biblische Berichte des Alten Testaments. Die sogenannte "kritische" Schule gebe alternative Erklärungen; aber die kämen letztlich auch nicht ohne die Bibel aus. Jüngste Forschungserträge, so Garfinkel, hätten diesen Minimalismus als "alte, falsche Theorien" widerlegt.



Sowohl er als auch Finkelstein bestreiten, dass politische oder nationalistische Motive in der Archäologie des Heiligen Landes eine Rolle spielten. "Die meisten Grabungen sind gänzlich unpolitisch", so Finkelstein. Aber es gibt auch Ausnahmen. Vor allem Jerusalem ist ein sensibles Pflaster. In der Davidstadt, dem Ausgrabungsareal unterhalb des Tempelbergs, kommt es laut Garfinkel durchaus zu "Datenmanipulation". Bedenklich ist für ihn etwa, dass die Verwaltung dieser bedeutungsgeladenen Stätte und ihrer Ausgrabung an die politisch rechte Organisation "Elad" übertragen wurde.



"Idiotischer Wettbewerb"

Allerdings glaubt Garfinkel nicht, dass sich Archäologen so einfach vor den Karren privater Investoren spannen lassen. Ziel der Wissenschaft sei allein ein "besseres Verständnis der Vergangenheit", betont er. "Wenn dies später von anderen missbraucht wird, was können wir Archäologen dagegen tun?"



Hartgesottene Bibelfundamentalisten, so Garfinkels Überzeugung, ließen sich von widersprechenden archäologischen Ergebnissen ohnehin nicht aus der Spur bringen. Finkelstein möchte wenigstens die Wissenschaft vom politischen Streit über eine Existenzberechtigung im Heiligen Land freihalten: "Der Wettbewerb "Wer war zuerst hier und wer muss gehen" ist extrem idiotisch und führt ins Leere."