Islamexperte sieht Papst-Reise nach Bahrain als Erfolg

"Es sollte nicht nur bei guten Worten bleiben"

Papst Franziskus hat auf seiner Reise in Bahrain viele wertvolle Impulse für das Zusammenleben unterschiedlicher Religionen gegeben. Islamexperte Timo Güzelmansur sieht dadurch Fortschritte im interreligiösen Dialog.

Papst Franziskus bei seiner Papstreise in Bahrain / © Alessandra Tarantino/AP (dpa)
Papst Franziskus bei seiner Papstreise in Bahrain / © Alessandra Tarantino/AP ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was war der Grund für die Papst Reise nach Bahrain?

Dr. Timo Güzelmansur, Geschäftsführer der Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle / © Jann-Jakob Loos (DR)
Dr. Timo Güzelmansur, Geschäftsführer der Christlich-Islamischen Begegnungs- und Dokumentationsstelle / © Jann-Jakob Loos ( DR )

Dr. Timo Güzelmansur (katholischer Theologe, Islamexperte und Geschäftsführer von CIBEDO): Der Papst wurde vom König eingeladen und so hat er diese Einladung angenommen. Ich denke, er hat es deshalb auch angenommen, weil ihm diese Region am Herzen liegt und weil hier auch eine bedeutende christliche Minderheit von Menschen lebt, die ihre Rechte noch nicht voll wahrnehmen kann. Aber auch der Dialog zwischen Christentum und Islam liegt dem Papst besonders am Herzen. Ich denke, deshalb hat er diese Reise auch angetreten.

DOMRADIO.DE: Der Papst war für den Frieden unterwegs, hat er selbst gesagt. Er wollte eine Reise im Zeichen des Dialogs. Inwieweit ist der Dialog gelungen?

Güzelmansur: Ich denke, es ist ihm sehr gut gelungen, verschiedene Themen anzusprechen, vor allem auf diesem Parkett. Er hat die Notwendigkeit des Friedens noch einmal betont, dass die Ermutigung auch dieser kleinen Herde von Christen, die auf der arabischen Halbinsel lebt, für ihn ein wichtiger Moment ist.

Papst in Bahrain / © Hussein Malla/AP (dpa)
Papst in Bahrain / © Hussein Malla/AP ( dpa )

Für ihn ist auch die christliche Ökumene wichtig, die auch mit dieser Präsenz der Christenheit aus verschiedenen christlichen Konfessionen noch nochmal besonders hervorgehoben wird. Und bei den christlich-islamischen Beziehungen, hat er durch die verschiedenen Begegnungen und Ansprachen, die er gehalten hat, gezeigt, wie er sich die Zukunft vorstellen kann.

DOMRADIO.DE: Papstreisen gelten immer auch den Katholikinnen und Katholiken vor Ort. Das sind in diesem Fall ja auch viele Migranten oder Gastarbeiter aus Asien. Wie ist denn der Papst von der Bevölkerung insgesamt empfangen oder wahrgenommen worden bei dieser Reise?

Timo Güzelmansur

"Ich fand es sehr wichtig, dass der Papst die Menschen ermutigt hat."

Güzelmansur: Es wurde über die Papstreise berichtet. Es gab auch im Fernsehen Aufnahmen, die auch diese Begegnung gezeigt haben. Es wurde nicht versteckt. Im Gegenteil, man hat sich damit praktisch auch geschmückt, dass der Papst hier ist. Also, es wurde positiv aufgenommen, soweit ich das wahrgenommen habe.

Papst Franziskus und Ahmad al-Tayyeb, Großscheich der Al-Azhar-Moschee / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Ahmad al-Tayyeb, Großscheich der Al-Azhar-Moschee / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Der Papst hat als Redner am interreligiösen Treffen teilgenommen, dem Bahrain Forum für Dialog. Was war das für ein Treffen und welche Rolle hat der Papst dabei gespielt?

Güzelmansur: Es wurden verschiedene führende Religionsvertreter aus der ganzen Welt zu diesem Forum eingeladen. Es ging um die Koexistenz der unterschiedlichen Religionen und Kulturen miteinander. Und dieses Forum war auch mitorganisiert von dem muslimischen Ältestenrat, dem auch der Al-Azhar-Chef Ahmed al-Tayyeb vorsteht.

Der Papst hat an diesem Forum teilgenommen und in seiner Ansprache hat er noch einmal die Bedeutung des interreligiösen Dialogs hervorgehoben, aber auch das schon angesprochene Dokument von Abu Dhabi und die Sollbruchstellen, wenn man so will, aufgezeigt, dass es nicht nur bei guten Worten über Toleranz bleiben sollte, sondern dass man auch echte Religionsfreiheit, zum Beispiel echte Chancenmöglichkeit für alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ermöglichen sollte. Aber auch Frauenrechte hat er angesprochen.

Also, verschiedene Themen konnte er ansprechen. Das war ein starker Moment.

DOMRADIO.DE: Katholischer Höhepunkt der Reise war sicher gestern die Messe im Nationalstadion mit circa 30.000 Gläubigen. Dort hat der Papst dann auch in seiner Muttersprache in spanischer Sprache gesprochen. Was haben Sie von dieser Messe mitbekommen?

05.11.2022, Bahrain, Rifa al-Gharbi: Vor einer Messe im Nationalstadion in Riffa kreist Franziskus Gläubige mit seinem Papamobil in der Arena. / © Cindy Riechau (dpa)
05.11.2022, Bahrain, Rifa al-Gharbi: Vor einer Messe im Nationalstadion in Riffa kreist Franziskus Gläubige mit seinem Papamobil in der Arena. / © Cindy Riechau ( dpa )

Güzelmansur: Ich fand es sehr wichtig, dass der Papst die Menschen ermutigt hat, trotz aller Widrigkeiten ihre Religion, ihre religiöse Tradition in in Frieden zu leben. Er hat von Entmilitarisierung des Herzens gesprochen und die Geschwisterlichkeit als einen Weg nochmals stark gemacht, dass sie Zeugnis geben sollten von ihrem Glauben. Das fand ich ein ganz starker Moment für eine Glaubensgemeinschaft, die manchmal doch unter den Repressalien in dieser Region leidet.

Dass so viele Menschen gekommen sind, übrigens auch von Saudi Arabien, wo es eine bedeutende christliche Gastarbeiter-Gruppe gibt, das war eines der Höhepunkte, würde ich sagen.

DOMRADIO.DE: Was denken Sie hat seine Reise gebracht?

Güzelmansur: Ich denke, es hat der Region, aber auch den muslimischen Herrschern in dieser Region noch einmal Mut gegeben, die für Öffnung, für eine echte religiöse Toleranz, für die Pluralität in diesen Gesellschaften, echte Anerkennung der Pluralität. Er hat auch Themen angesprochen wie Sklaven, Zwangsarbeit und so weiter.

Papst Franziskus kommt zur Feier der Messe im Nationalstadion von Bahrain in Riffa / © Alessandra Tarantino/AP (dpa)
Papst Franziskus kommt zur Feier der Messe im Nationalstadion von Bahrain in Riffa / © Alessandra Tarantino/AP ( dpa )

Es wurde ihm gut zugehört und man hat die Botschaft verstanden und wir sehen das auch, seit er in Abu Dhabi war, einige Schritte in positiver Richtung. Nicht nur für Christen, auch für andere. Ahmed al-Tayyeb hat ganz stark den innerislamischen Dialog hervorgehoben, also eine muslimische Ökumene. Und er hat ganz konkret den Dialog zwischen Schiiten und Sunniten hervorgehoben und die schiitische Glaubensrichtung zu einem Dialog eingeladen.

Dass Sunniten und Schiiten hier miteinander ins Gespräch kommen sollten über ihre Differenzen, damit sie zu eine echte islamische Gemeinschaft werden, ist bemerkenswert, vor allem im Hinblick auf Bahrain, das ja mehrheitlich eine schiitische Bevölkerung hat, aber sunnitisch regiert wird. Das finde ich ein ganz starker Moment auch für das islamische Leben, für die islamische Gemeinschaft, dass hier als ein Nebenaspekt der Papstreise noch mal so stark betont wurde.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR