Mit Aktionen in ganz Deutschland haben Muslime am Freitag gegen Extremismus protestiert. Nach den Freitagsgebeten in den Moscheen versammelten sich Menschen in mehreren Großstädten zu Mahnwachen und Friedensgebeten. Daran nahmen auch Bundes- und Landespolitiker sowie Vertreter der Kirchen und der jüdischen Gemeinschaft teil. Zu dem Aktionstag unter dem Motto "Muslime stehen auf gegen Hass und Unrecht" rief der Koordinationsrat der Muslime auf, in dem die vier großen deutschen Islamverbände zusammengeschlossen sind.
Zentrale Veranstaltung in Bielefeld nach Anschlag
Bei der zentralen NRW-Veranstaltung in Bielefeld warb der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) für religiöse Vielfalt. Religionen dürften nicht instrumentalisiert werden, um Macht, Gewalt und Unterdrückung zu rechtfertigen, sagte der Minister im türkischen Bildungs- und Kulturverein. Auf den Kulturverein war im August ein Brandanschlag verübt worden. Die Ermittlungen dauern nach Angaben der Polizei von Freitag noch an. Die nordrhein-westfälische Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) bezeichnete den Aktionstag als "wirkungsvolles Zeichen des Friedens und der Menschlichkeit".
In Hannover rief Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zum Frieden zwischen den Religionen und Kulturen auf. "Jeder Anschlag gegen Moscheen und Synagogen ist schändlich und ein Anschlag gegen uns alle", sagte er. Die Muslime hätten bei dem Aktionstag deutlich gemacht, dass sich Hass und Gewalt niemals im Namen des Islam legitimieren ließen: "Das ist eine wunderbare Botschaft."
Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) unterstützte die Aktion. ZdK-Vizepräsidentin Claudia Lücking-Michel wollte an der Hauptkundgebung in der Mevlana Moschee in Berlin teilnehmen. Das Zdk verurteilte Brandanschläge auf Moscheen in Deutschland. "Es ist unsere gemeinsame Aufgabe - auch im Rahmen des interreligiösen Dialogs - alle Formen des Extremismus zu bekämpfen und für ein friedliches Zusammenleben in Anerkennung der Pluralität unser Gesellschaft Sorge zu tragen", so die ZdK-Vizepräsidentin.
Kizilkaya: IS hat nicht verstanden, was Allah will
Der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime, Ali Kizilkaya, distanzierte sich in Hannover deutlich von der Miliz "Islamischer Staat". "Sie geben vor, im Namen der Religion zu handeln", sagte Kizilkaya. "Aber ihre Taten zeigen, dass sie kein Wort verstanden haben von dem, was Allah will."
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, versicherte den Muslimen in Deutschland seine Solidarität. "Sie stehen nicht allein", sagte Schneider in Berlin in der Mevlana Moschee. Er sei entsetzt über die Angriffe auf muslimische Gebetsräume und die islamfeindlichen Stimmungen. Der ehemalige rheinische Präses dankte den muslimischen Verbänden "für die Klarheit", mit der sie sich von jeder Form des Antisemitismus, aber auch vom Terror des "Islamischen Staates" distanziert hätten.
Juden zeigen sich solidarisch mit Muslimen
Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden, betonte bei der Veranstaltung in Frankfurt: "Wenn Menschen angegriffen werden, trifft und schmerzt uns das alle. Wir Juden werden immer unsere Stimme erheben, wenn Muslime diskriminiert werden."
Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) forderte Muslime auf, Freiheiten für Andersgläubige in muslimischen Ländern zu verlangen. Sie könnte sich kaum überzeugend für die Muslime im Land einsetzen, wenn diese sich nicht dafür engagierten, "dass Christen auch in muslimisch geprägten Ländern Kirchen bauen und Gottesdienste abhalten können", sagte die Ministerin.
In einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung (Freitagsausgabe) schrieb der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime, Aiman Mazyek: "Wir wollen nicht schweigen, wenn Menschen den muslimischen Glauben missbrauchen, um Unrecht zu begehen." Die IS-Kämpfer seien "Terroristen und Mörder, die den Islam in den Dreck ziehen und den Menschen - auch ihren eigenen Glaubensbrüdern - Hass und Leid bringen".
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund in NRW begrüßte den Aktionstag. Der Vorsitzende Andreas Meyer-Lauber warnte aber davor, alle Muslime im Land unter Generalverdacht zu stellen. In jeder Religion und Gesellschaft gebe es gefährliche Fanatiker, denen konsequent begegnet werden müsse, sagte er in Düsseldorf. "Das darf aber nicht zu Misstrauen und Ausgrenzung gegenüber einer ganzen Bevölkerungsgruppe führen."