Integrationsbeauftragte vom Fastenbrechen ausgeladen

"Mehr als befremdlich"

Ziehen die Anfeindungen gegen türkischstämmige Bundestagsabgeordnete nach der Armenien-Resolution Kreise? Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, ist jetzt von einem Fastenbrechen ausgeladen worden.

Fastenbrechen beginnt mit Datteln und einem Becher Wasser / © Fredrik Von Erichsen (dpa)
Fastenbrechen beginnt mit Datteln und einem Becher Wasser / © Fredrik Von Erichsen ( dpa )

Die Sprecherin der SPD-Politikerin bestätigte dem Evangelischen Pressedienst in Berlin entsprechende Medienberichte. Den Termin eines gemeinsamen Fastenbrechens während des Ramadans hat die Türkisch-Islamischen Union (Ditib) kurzfristig abgesagt. Ursprünglich war das Fastenbrechen für Mittwochabend in der Hamburger Gemeinde angesetzt gewesen.

Sicherheitsbedenken

Ditib-Nord habe zur Begründung angegeben, es gebe "Sicherheitsbedenken und die Furcht, dass ein reibungsloser Ablauf nicht gewährleistet werden könne", erklärte die Sprecherin. Wie andere türkischstämmige Bundestagsabgeordnete hatte auch die Integrationsbeauftragte Drohungen erhalten, nachdem der Bundestag die Verbrechen an den Armeniern und anderen christlichen Bevölkerungsgruppen im Osmanischen Reich als Völkermord eingestuft hatte.

Özoguz "mehr als befremdet"

Über die Ausladung vom Fastenbrechen sei Özoguz "mehr als befremdet" gewesen, sagte die Sprecherin: "Sie kennt die Gemeinde seit Jahren, war dort häufig zu Gast." Über einen Alternativtermin habe man sich nicht verständigt. Ditib-Nord hoffe jedoch, die Staatsministerin in naher Zukunft doch als Gast begrüßen zu dürfen. Laut Medienberichten soll die Absage zum Hamburger Fastenbrechen offenbar von der Kölner Ditib-Zentrale angeordnet worden sein.

Evangelische Bischöfin Fehrs sagt Teilnahme selber ab

Unterdessen hat die evangelische Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs ihre Teilnahme am gemeinsamen Fastenbrechen während des Ramadan mit der Türkisch-Islamischen Union abgesagt. Eine Teilnahme der Bischöfin am Empfang wäre möglicherweise politisch instrumentalisiert worden, teilte die Bischofskanzlei am Donnerstag auf epd-Anfrage mit.

Bischöfin Fehrs wies in ihrer Stellungnahme ausdrücklich darauf hin, dass dies keine Absage an einen weiteren Dialog mit der Ditib Nord bedeute. Gerade dieser Landesverband der Ditib habe sich in der Vergangenheit "sehr konstruktiv und dialogbereit" gezeigt.

Gemeinsames Fastenbrechen in Berlin hat geklappt

In Berlin hatte Özoguz noch am Dienstagabend an einem gemeinsamen Fastenbrechen teilgenommen. Gemeinsam mit vier jungen Flüchtlingen stand die Integrationsbeauftragte in weißer Jacke und Mütze, samt blauen Plastiküberschuhen in der Großküche des BildungsWerks in Berlin-Kreuzberg und kochte.

"Die Flüchtlinge sind alle hochmotiviert", erzählt Erkan Davut. Der Sozialpädagoge betreut die Flüchtlinge bei der Vorbereitung auf Sprachtests, Prüfungen oder Bewerbungen. Insgesamt 15 Flüchtlinge, vorrangig aus Syrien, aber auch aus Kamerun oder dem Iran, werden im BildungsWerk auf eine Ausbildung vorbereitet - nicht als Koch, sondern als Fachangestellte für Arbeitsmarktdienstleistungen bei der Bundesagentur für Arbeit.

Das Bildungswerk in Kreuzberg ist eine "Koordinationsstelle Ausbildung und Migration" und arbeitet mit der Bundesagentur für Arbeit zusammen. Ziel ist es, Menschen mit Migrationshintergrund eine Ausbildung zu vermitteln und zugleich Unternehmen zu animieren, mehr Auszubildende aus dieser Gruppe einzustellen. Die Flüchtlingskurse seien seit Anfang des Jahres hinzugekommen, erzählt Davut. Ob das Projekt nach den acht Monaten weitergeführt werde, sei noch offen, aber er hoffe es sehr.

Özoguz lobt gesellige Runde

Geschäftsführer Sorgec hat Özoguz an diesem Abend eingeladen. Er wolle zeigen, dass Muslime offen seien für das Miteinander und sich nicht abgrenzen wollten, sagt Sorgec. Özoguz lobt in der geselligen Runde den Austausch, der sich über das gemeinsame Fastenbrechen ergebe. Der Ramadan biete die Möglichkeit, manche Dinge noch einmal zu überdenken und auch aufeinander zuzugehen. Dabei gebe es immer wieder unterschiedliche Meinungen, aber das friedliche Miteinander müsse bewahrt werden, betont die Staatsministerin.

Ramadan als Zeit der Solidarität

Der Ramadan sei für Muslime zugleich eine Zeit der Solidarität, fügt sie hinzu. Denjenigen die Hass oder Unfrieden verbreiteten, dürfe man keinen Platz geben. Sie selbst habe es als Muslimin mit türkischen Wurzeln niemals so empfunden, als ob Muslime in Deutschland ihren Glauben jemandem aufdrängen wollten. "Am Anfang wusste man gar nicht so genau hier, was wir glauben."

Dann erinnert Özoguz an die Situation von Flüchtlingen in Berlin-Kreuzberg direkt nach dem Zweiten Weltkrieg. Vieles klinge wie eine Lagebeschreibung von heute, so Özoguz. Damals sei die Integration gelungen, und es könne auch heute gelingen - gemeinsam.


Quelle:
epd , KNA , DR