Innenminister einigen sich auf Aufnahme von 10.000 syrischen Flüchtlingen

Ein weiterer Schritt

Die Innenminister von Bund und Ländern haben sich auf die Aufnahme von mehr Flüchtlingen aus Syrien geeinigt. Damit ist Deutschland das größte Aufnahmeland außerhalb der Region um das Bürgerkriegsland. Flüchtlingsorganisationen reicht auch das nicht.

Syrische Flüchtlinge in Deutschland (dpa)
Syrische Flüchtlinge in Deutschland / ( dpa )

Deutschland nimmt 10.000 weitere Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien auf. Darauf einigten sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und die Innenminister der Länder am Donnerstag in Bonn bei ihrer Frühjahrstagung. "Das haben wir aus humanitärer Verpflichtung getan", sagte de Maizière. Deutschland leiste bei der Flüchtlingsaufnahme den größten Beitrag eines Landes außerhalb der Region um Syrien. "Wir erwarten aber auch, dass andere europäische Länder mehr tun", sagte der Bundesinnenminister.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte: "Wir sind übereinstimmend der Meinung: Das, was sich in Syrien abspielt, ist die humanitäre Katastrophe unseres Jahrzehnts." Jäger ist derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz. In NRW werden nach seinen Worten etwa 22 Prozent der neu in Deutschland aufgenommenen Syrer unterkommen. Die meisten von ihnen leben derzeit im Libanon.

Keine Auswahl nach Religionszugehörigkeit

Ausgewählt werden die Flüchtlinge nach de Maizères Worten nach Bedürftigkeit und nicht nach ihrer Religion. Aus Syrien sind auch viele Christen vor der Gewalt geflohen. Die Innenminister vereinbarten außerdem, künftig einheitlich die Krankenversicherungskosten für nach Deutschland nachkommende Familienmitglieder von hier lebenden Syrern zu übernehmen. Bislang tun dies nur fünf Bundesländer. Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hatte zuvor an die Innenministerkonferenz appelliert, 80.000 Angehörigen von in Deutschland lebenden Syrern die Einreise zu gestatten. Etwa 76.000 Menschen hätten bereits einen Antrag gestellt. Die derzeit diskutierte Aufnahme weiterer 10.000 Syrer sei zu wenig.

Auch das Kinderhilfswerk terre des hommes forderte eine "drastische Erhöhung" des Kontingents. Grundsätzlich solle die Bundesrepublik "allen Asyl gewähren, die jetzt schon da sind", sagte die Nahost-Expertin des Hilfswerks, Barbara Küppers, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Freitag). Zudem seien alle Länder in der EU gefordert, ihre Aufnahmekontingente "stark zu erhöhen".

Amnesty International begrüßte die Bereitschaft der Innenminister, mehr Flüchtlingen zu helfen. Das sei jedoch nur ein kleiner Schritt. "Die syrische Flüchtlingskrise ist eine der größten Tragödien dieses Jahrhunderts", sagte Ruth Jüttner von Amnesty International der Zeitung. Die Bundesregierung müsse sich entschieden für ein gemeinsames europäisches Aufnahmeprogramm für syrische Flüchtlinge einsetzen.

Forderungen nach einer großzügigeren Aufnahme hatten auch Vertreter der Kirchen erhoben. "Ich erwarte, dass wir in Deutschland unsere Bereitschaft zeigen, nach dem Maß unserer Fähigkeiten zu helfen", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, hatte Bund und Länder aufgefordert, eine "mutige Entscheidung" zu treffen.

Auch der Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes, Pater Balleis, appellierte an die Politik, mehr für Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen: "Die Katastrophe vor der Haustür Europa ist so groß, dass man noch größer denken muss - in alle Richtungen." Europa müsse den Zugang für diese Menschen erleichtern, bevor noch mehr Geld an Schlepper gehe und Betroffene ihr Leben riskierten.

Bislang 40.000 Flüchtlinge in Deutschland

Die Zahl der Flüchtlinge aus Syrien in Deutschland stieg unterdessen im Mai deutlich an. Wie das Bundesinnenministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte, beantragten im vergangenen Monat mehr als 2.500 Syrer Asyl in der Bundesrepublik. Im April waren es ähnlich wie in den Monaten zuvor rund 1.800. Insgesamt baten in diesem Jahr mehr als 10.000 Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland um Schutz in Deutschland. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es rund 4.000.

Seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien hat Deutschland mehr als 40.000 Flüchtlinge aus dem Land aufgenommen. Die meisten von ihnen - inzwischen weit mehr als 30.000 - kamen über das normale Asylverfahren nach Deutschland. Im Rahmen sogenannter Kontingente gab es bislang zudem 10.000 Plätze. Zusätzlich erarbeiteten die 15 Bundesländer eigene Aufnahmeprogramme für die Angehörigen von Syrern, die bereits in Deutschland leben. Es gibt Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) zufolge in den Länderprogrammen Anträge für 60.000 Angehörige, die nach Deutschland geholt werden sollen.

Nach Angaben von Flüchtlingsorganisationen befinden sich ein Drittel der rund 22 Millionen Syrer auf der Flucht. Rund 2,8 Millionen flohen ins Ausland, weitere sechseinhalb Millionen gelten als Binnenflüchtlinge und haben Schutz im eigenen Land gesucht, wie das Flüchtlingswerk der Vereinten Nation UNHCR angab. Die meisten Flüchtlinge halten sich in den Nachbarstaaten auf, wie etwa im Libanon oder der Türkei.


Innenministerkonferenz (dpa)
Innenministerkonferenz / ( dpa )
Quelle:
epd , KNA