Indischer Kardinal verteidigt Segnung homosexueller Paare

"Jesus verweigerte nie einen Segen"

Der indische Kardinal Oswald Gracias steht hinter der unlängst vom Vatikan erlaubten Segnung homosexueller Paare. Das umstrittene Dokument "Fiducia supplicans" sieht er als "Bestätigung unserer Spiritualität und ein Geschenk".

Kardinal Oswald Gracias / © Cristian Gennari (KNA)
Kardinal Oswald Gracias / © Cristian Gennari ( KNA )

Jesus habe niemals eine Segnung verweigert. "Das ist der Grundgedanke", sagte der Erzbischof von Mumbai Gracias, ein enger Berater von Papst Franziskus, dem US-Portal "Crux" (Freitag). Zudem sei die Bitte um Segnung in der indischen Kultur ein weithin üblicher Brauch. "Unsere indische Mentalität ist so inklusiv und verständnisvoll für Menschen anderer Religionen und Glaubensrichtungen", so der Kardinal. 

Kontroverse beruht auf einem Missverständnis 

"Alle suchen nach Gott, alle suchen nach der Wahrheit, alle suchen nach Spiritualität." Die Kontroverse in Indien über "Fiducia supplicans" beruhe auf einem Missverständnis. "An der kirchlichen Lehre von der Ehe zwischen Mann und Frau ändert sich überhaupt nichts. Die Tradition der Kirche und des Lehramtes ist sehr klar und es gibt überhaupt keinen Widerspruch", betonte Gracias.

Das neue Vatikan-Papier vom 18. Dezember gestattet erstmals die Segnung von homosexuellen, unverheirateten und wiederverheirateten Paaren. Zugleich hält das Schreiben fest, dass Geistliche solche Paare nicht bei einem Gottesdienst segnen dürfen. Auch muss eine Verwechslung mit einer kirchlichen Trauung ausgeschlossen werden.

Kriminalisierung von Homosexualität verfassungswidrig

Innerkirchlich löste das Dokument ein geteiltes Echo aus. Vor allem in Afrika und Osteuropa, aber auch in Teilen Lateinamerikas stößt es auf massive Ablehnung. Homosexualität ist auch in der mehrheitlich hinduistischen Gesellschaft Indiens ein kontroverses Thema. Im Oktober lehnte das Oberste Gericht eine Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen ab. 

Es sei das Vorrecht des Gesetzgebers, über eine Änderung des Eherechtszu entscheiden, hieß es in dem Urteil. Im September 2018 entschied das Gericht indes einstimmig, dass eine Kriminalisierung von Homosexualität verfassungswidrig sei – und hob den noch aus der britischen Kolonialzeit stammenden Paragrafen 377 auf.

Katholische Kirche in Indien

Unter den rund 1,38 Milliarden Indern sind die Katholiken mit etwa 18 Millionen nur eine kleine Minderheit. Im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil von unter zwei Prozent ist ihr Einfluss im Land jedoch viel größer. Die Kirche stellt ein Fünftel der schulischen Leistungen, dazu ein Viertel aller Unterstützungsprogramme für Witwen und Waisen und knapp ein Drittel der Versorgung von Lepra- und Aidskranken. Indien ist auch das Land mit den meisten Priesterberufungen weltweit.

Christen in Indien  / © Jaipal Singh (dpa)
Christen in Indien / © Jaipal Singh ( dpa )
Quelle:
KNA