Immer mehr Forderungen nach härteren Gesetzen gegen Kinderpornografie

Zwischen Unschuld und Verwerflichkeit

Die Edathy-Affäre rückt die Gesetze zum Schutz von Kindern vor Pornografie und Missbrauch immer stärker ins Rampenlicht. Nun fordert auch die katholische Kirche ein Verbot des Verkaufs von Nacktfotos.

Sebastian Edathy (dpa)
Sebastian Edathy / ( dpa )

Die Rufe nach härteren Gesetzen gegen Kinderpornografie als Reaktion auf die Affäre um den SPD-Politiker Sebastian Edathy werden lauter. Auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat sich hinter Forderungen nach schärferen Regeln "Keine Nacktfotos von Kindern für gewerbliche Zwecke! Lasst uns auf eine Gesetzesänderung drängen", heißt es in einem am Dienstagmorgen verbreiteten Tweet von Schick.

Auch der Deutsche Kinderschutzbund fordert, bereits den Kauf oder Verkauf von Fotos mit nackten Kindern generell unter Strafe zu stellen. "Es ist ein schwerer Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn Fotos von Kindern vermarktet oder gekauft werden", sagte der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstagsausgabe). Der Kauf oder Verkauf solcher Bilder dürfe aber nicht in gleicher Weise bestraft werden wie Kinderpornografie: "Da muss es einen graduellen Unterschied geben." Außerdem dürften nicht Dinge kriminalisiert werden, "die zum alltäglichen Leben gehören", wie Fotos von Kindern am Strand, die von Eltern gemacht wurden.

Gewerbliche Verbreitung sollte verboten werden

Auch in der Union wird ein generelles Verbot käuflicher Nacktfotos von Kindern erwogen. "Zumindest die gewerbliche Verbreitung sollte verboten werden", sagte Innen-Staatssekretär Günther Krings (CDU) der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe).

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sieht ebenfalls Handlungsbedarf. "Wenn sich der ganze Rauch in dieser Affäre gelegt hat, werden wir über die problematische Grauzone reden müssen, dass käuflich erworbene Nacktfotos von Kindern strafrechtlich nicht relevant sind", sagte sie der Zeitung.

Für die Unionsfraktion im Bundestag kündigten Fraktionsvize Nadine Schön und der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Familie, Marcus Weinberg (beide CDU), eine Überprüfung an, "ob unser Strafrecht angepasst werden muss". Das deutsche Rechtssystem und die Strafverfolgung müssten international angepasst werden, erklärten die Politiker in Berlin. Dass der Besitz von Film- und Fotosets mit unbekleideten Kindern und Jugendlichen in Deutschland grundsätzlich als legal eingestuft werde, sei "im Sinne des Schutzes von Kindern zu hinterfragen".

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hatte bereits angekündigt, die Regelungen im Jugendschutzrecht zu prüfen. Eine Gesetzeslücke sieht außerdem der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig.

Schwerwiegende Folgen für Kinder und Jugendliche

Der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, sprach in der "Welt" (Dienstag) von einer Gesetzeslücke, die geschlossen werde müsse. "Wenn Darstellungen von Kindern erzeugt werden, um sexuelle Interessen von Erwachsenen zu befriedigen, muss dies im Sinne eines besseren Kinderschutzes strafrechtlich sanktioniert werden."

Auch mit Blick auf die Konsumenten solcher Bilder müsse über eine Erweiterung des Strafrechtstatbestands gesprochen werden, so Rörig weiter. "Diese Bilder haben schwerwiegende Folgen für Kinder und Jugendliche, wenn sie ein Leben lang im Netz zu finden sind", sagte er.

Massendelikt Kinderpornos

Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation SOLWODI, Schwester Lea Ackermann. "Der Schutzraum für Kinder wird in unserer Gesellschaft immer geringer", kritisierte die Ordensfrau auf domradio.de.

Auch der Bund der Kriminalbeamten (BDK) forderte eine höhere Strafandrohung beim Thema Kinderpornografie. Zugleich beklagte Gewerkschaftschef Andre Schulz in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag), dass die Ermittler dem "Massendelikt Kinderpornos" relativ hilflos gegenüber stünden. Oftmals würden sichergestellte Rechner bis zu einem Jahr gelagert, bevor überhaupt ein Kriminalbeamter einen Blick auf das Material werfe. Das sei nicht im Sinne des Opferschutzes.

Am Wochenende hatten Vertreter von Missbrauchsopfern Politik und Medien aufgerufen, in der Diskussion über den Fall Edathy die Perspektive der Opfer nicht aus dem Blick zu verlieren. Es sei etwa zu überlegen, wie in Deutschland für die Betroffenen das Recht am eigenen Bild gestärkt und "strafrechtlich bewehrt" werden könne, so die Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch".

Richterbund verteidigt Ermittlungen bei Edathy

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen den früheren Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy (SPD) wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie. Laut Staatsanwaltschaft hatte er Bilder nackter Jungen erworben, auf denen aber keine sexuellen Handlungen gezeigt werden. Edathy selbst nannte den Besitz der Fotos "eindeutig legal". Der Deutsche Richterbund verteidigte dennoch Ermittlungen und auch Durchsuchungen bei Edathy.

Es sei ständige Praxis, gegen Menschen zu ermitteln, die im Grenzbereich zwischen strafbarer Kinderpornografie und straflosem Besitz sexualisierter Nacktabbildungen Minderjähriger aktiv seien, sagte der Vizevorsitzende des Richterbundes in NRW, Jochen Hartmann, der "Rheinischen Post". Bei der offenkundigen Affinität Edathys zu bestimmten sexualisierten Darstellungen von Kindern und Jugendlichen sei die Staatsanwaltschaft geradezu verpflichtet gewesen, dem Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung nachzugehen.

Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischen Materials ist laut Strafgesetzbuch verboten und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Inwieweit Fotos oder Filme nackter, aber nicht in sexuellen Handlungen dargestellter Kinder strafbar sind, ist umstritten. Neben der Regelung im Strafgesetzbuch verbietet auch das Jugendschutzgesetz kinderpornografische Schriften.


Quelle:
epd , KNA