Im Vatikan schwören neue Schweizergardisten ihre Treue

Für den Papst sterben?

Seit 1506 ist die Schweizergarde für Sicherheit im Vatikan und Schutz des Papstes verantwortlich. Nun hat die oft als kleinste der Welt bezeichnete Armee Verstärkung erhalten. 31 Männer legten ihren Treueschwur auf den Papst erstmals ab.

Autor/in:
Agathe Lukassek
 (DR)

"So junge Menschen - wer möchte da ans Sterben denken?" In der vatikanischen Audienzhalle wird es beklemmend still als Gardekaplan Monsignore Alain de Raemy diese Worte am Donnerstagabend spricht. Spätestens jetzt muss den 31 neuen Schweizergardisten klar werden, auf was sie sich einlassen. Mögen sie für viele Vatikantouristen nur als beliebtes Fotoobjekt gelten, so sind sie doch die päpstlichen Schutztruppen. Der traditionelle Vereidigungstermin erinnert an den Ernst dieser Aufgabe: Am 6. Mai 1527 starben 147 Gardisten als sie beim so genannten "Sacco di Roma" Papst Clemens VII. vor den plündernden Landsknechten Kaiser Karls V. verteidigten.

Der Gardekaplan trägt auch dieses Mal die Eidesformel vor, nach der die jungen Männer Papst Benedikt XVI. und seinen Nachfolgern treu und pflichtbewusst zu dienen haben. Sie müssten bereit sein, für den Papst ihr Leben zu lassen, "wenn es erheischt sein sollte". Zuerst tritt in roter Uniform und mit Brustpanzer der neue Major William Kloter zum Schwur vor. Der 33-jährige Polizist aus dem Kanton Graubünden war im vergangenen Oktober zum Nachfolger von Peter Hasler (63) ernannt worden. Dieser war im Mai 2009 nach 42 Jahren als dienstältester Soldat des Papstes in den Ruhestand gegangen. Kloter spricht die Formel auf rätoromanisch.

"So wahr mir Gott und unsere heiligen Patrone helfen"
Auch die 30 in Galauniform gekleideten Rekruten, die in den vergangenen zwölf Monaten ihren Dienst angetreten haben, schwören in ihrer jeweiligen Muttersprache. Jeder tritt einzeln vor, hebt die rechte Hand zum Schwur und die linke an das Gardebanner, die mit zwei Papstwappen und den blau-rot-gelben Farben des Korps geschmückte Fahne. Manch einer greift so fest nach der Stange, dass die Korpsfahne herunterzufallen droht, andere pressen die Formel so schnell aus sich heraus, dass die Worte kaum zu verstehen sind. Auf Italienisch und Rätoromanisch spricht je ein Hellebarde, elf auf Französisch und 17 auf Deutsch.

Nachdem zuletzt Jerome Fux geschworen hat, alles gewissenhaft und treu zu halten, "so wahr mir Gott und unsere heiligen Patrone helfen", winken ihm mehrere Dutzend Fähnchen seines Kantons Wallis aus dem Auditorium zu und entspannen damit die Stimmung im Saal. Im Anschluss schlägt auch die Blaskapelle nicht ganz so formelle Tönean: Von Billy Joels "Leningrad" über Trommelwirbel der Tamburen bis hin zu Marschmusik beim Auszug, bei dem die ganze Halle mitklatscht. Unter den rund 3.000 Gästen befinden sich neben Familienmitgliedern der neuen Gardisten und Pilgergruppen auch Kardinäle und Bischöfe. Sie zeigen so ihre Wertschätzung für die Dienste der Eidgenossen. Die Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard selbst repräsentiert ihr Land.

500 Jahre alte "kleinste Armee der Welt"
Wer im Rahmen der Feierlichkeiten mit den Hellebarden ins Gespräch kommt, kann schnell einige Vorurteile über die 500 Jahre alte "kleinste Armee der Welt" abbauen: Ein Gardist muss mindestens 1,74 Meter groß sein? "Das ist eine Richtgröße, wir weisen keinen guten Bewerber wegen ein oder zwei Zentimetern ab", erklärt Korporal Urs Breitenmoser. Die Uniformen aus blauen und gelben Stoffstreifen über roter Weste und Hose sind von Michelangelo entworfen worden? Nein, Kommandant Jules Repond habe im Jahr 1915 nach seinen Vorstellungen eine Renaissance-Uniform der Schweizer rekonstruiert.

Und Frauen bei der Garde? Ein Besucher bemerkte, dass die Schweiz mit einer Bundespräsidentin und Kanzlerin ohnehin von Frauen geleitet werde. Der seit Dezember 2008 der Garde vorstehende Kommandant Daniel Anrig sagte vor einem Jahr, er könne sich Gardistinnen "für die eine oder andere Aufgabe vorstellen". Inzwischen ist er mehrmals zurückgerudert: Derzeit sei eine Aufnahme von weiblichen Kräften nicht realistisch.

Nach der Vereidigung warten die Schweizer aus Wallis auf ihren frisch vereidigten Landsmann. "Jerome" ist auf vielen T-Shirts gedruckt. Insgesamt seien 95 Freunde und Verwandte angereist, erzählt seine Freundin Jenny Schröter. Sie wollen zusammen noch feiern gehen, drei Tage habe er im Rahmen der Vereidigung frei. Am Tag darauf stehe für Jerome Fux und seine Eltern eine Audienz bei Papst Benedikt XVI. an, die sie mit Freude erwarten. Ans Sterben denkt in diesem Moment niemand mehr.