Im Streit um Kloster Mor Gabriel ist keine gute Lösung in Sicht

Notfalls bis nach Straßburg

In dem langwierigen Konflikt um Landbesitz will das Kloster Mor Gabriel im Tur Abdin im Südosten der Türkei alle Rechtsmöglichkeiten ausschöpfen. Als letzten Schritt würde der Abt des syrisch-orthodoxen Klosters, Metropolit Timotheus Samuel Aktas, auch den Gang zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg nicht scheuen.

Mor Gabriel gilt als eines der ältesten christlichen Klöster der Welt  (DR)
Mor Gabriel gilt als eines der ältesten christlichen Klöster der Welt / ( DR )

In dem Konflikt zwischen dem im Jahr 397 gegründeten Kloster und drei Dörfern der Umgebung geht es um rund 50 Hektar Klosterboden, die bei einer Landvermessung zur Erstellung von Grundbüchern nach EU-Vorgaben im Sommer 2008 strittig geworden waren. Sie werden inzwischen teilweise auch vom Finanzamt und von der Forstverwaltung beansprucht.



Was bislang geschah: Im Mai 2009 hatte das Kloster einen ersten Prozess um die Grenzziehung zwischen seinem Gelände und umliegenden Dörfern gewonnen. Wenige Wochen später wies ein Gericht in der Bezirksstadt Midyat die Klage des Finanzamtes gegen das Kloster zurück. Das Amt ging in Berufung. Ein weiterer Prozess um Ansprüche der Forstbehörde auf ein Waldgebiet des Klosters ging für das Kloster verloren - das nun ebenfalls in Berufung ging.



Der Oberste Gerichtshof in Ankara sprach schließlich im ersten Berufungsprozess im Januar einige Ländereien dem türkischen Staat zu. Bislang dürfte aber noch kein schriftliches Urteil ergangen sein. Als Folge der Entscheidungen der türkischen Behörden droht nun, dass die weitläufigen und hohen Mauern abgerissen werden müssen, die das Kloster zum Schutz vor Übergriffen, Landraub und Abweidung errichtet hat.



Bischof Timotheus wies darauf hin, dass das Kloster Urkunden aus den 1930er Jahren besitze, die eindeutig sein Eigentumsrecht belegten. Das habe auch das Gericht in Midyat anerkannt. Die Gegenseite habe hingegen nichts vorzuweisen. Trotzdem habe das Gericht in Ankara die Beweise des Klosters scheinbar nicht zur Kenntnis genommen. In der ganzen Angelegenheit gehe es nicht mehr um Recht und Unrecht, so der Bischof. Vielmehr habe die Causa einen politischen Hintergrund. Es gebe Kräfte, die die Christen aus dem Land drängen wollten.



Die Prozesse sorgen auch in Deutschland für Aufsehen; sie wurden von Politikern, von der Deutschen Bischofskonferenz und der evangelischen Kirche heftig kritisiert. Von der türkischen Politik wurde die Angelegenheit bislang freilich heruntergespielt. Der türkische Botschafter in Deutschland ließ den Bischöfen mitteilen, dass der Streit um die Klostergüter Sache der türkischen Justiz sei; das Rechtsverfahren müsse respektiert werden. Meldungen, wonach ein Großteil des Klosterbesitzes verstaatlicht werden solle, entsprächen nicht der Wahrheit.



Unbestimmt blieb auch Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, als er Anfang April in Ankara mit dem Oberhaupt der syrisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Ignatius Zakka I. Iwas, zusammentraf. Auch Bischof Timotheus war bei diesem Treffen dabei. Er zeigte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur "Kathpress" enttäuscht. Die Bemühungen der Kirchenleitung hätten keinerlei Erfolg gehabt.



Die Regierung werde tun, was sie könne, um das Problem im Sinne der syrisch-orthodoxen Gemeinde zu lösen, versprach Erdogan kryptisch laut einem Bericht der Zeitung "Hürriyet". Zunächst müsse man aber das Ende der gerichtlichen Auseinandersetzung abwarten. Der Bischof freilich mag dem nicht so recht trauen: "Wir wollen keine schönen Reden mehr, sondern Taten sehen."



Hinweis: Der Autor Georg Pulling ist Redakteur der österreichischen KNA-Partneragentur Kathpress in Wien.