Im Streit um Antisemitismus-Antrag verständigen sich SPD und Union unter Ausschluss der Opposition

Kein Beauftragter

Einen Bundesbeauftragten zur Bekämpfung des Antisemitismus wird es nicht geben. Nach Informationen des Berliner "Tagesspiegel" haben sich die Innenpolitiker von SPD und Union darauf verständigt, statt einen solchen Posten zu installieren, ein Expertengremium zu beauftragen, in regelmäßigen Abständen einen Bericht zum Antisemitismus in Deutschland zu erstellen. Die Opposition ist empört.

 (DR)

Der Zeitung zufolge wurden die Oppositionsfraktionen nicht beteiligt. Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz äußerte jedoch die Hoffnung, dass der Antrag «ein Höchstmaß an Zustimmung» im Bundestag finden werde. Uhl bezeichnete den Text als «Angebot an alle, die beim Thema Antisemitismus guten Willens sind, mit uns zu stimmen». Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl sagte «SPD und Union wollen vor diesem Schicksalstag für die Juden in Deutschland ein Signal setzen».

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast reagierte laut «Tagesspiegel» empört. «Angesichts des siebzigsten Jahrestags der Pogromnacht macht es mich sprachlos, dass Union und SPD nicht für einen gemeinsamen Antrag des Deutschen Bundestages Sorge tragen», sagte sie der Zeitung. Auch die FDP zeigte sich verärgert. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, nannte es «ehrenwert, wenn nun versucht wird, die Ehre des Parlaments zu retten». Er finde es aber «sehr traurig», dass es keinen gemeinsamen Antrag geben werde.

In dem von SPD und Union überarbeiteten Antrag, der dem «Tagesspiegel» vorliegt, sind die umstrittenen Passagen zur DDR gestrichen worden. Unionspolitiker Uhl hatte ursprünglich verlangt, den Antizionismus der DDR zu geißeln und der Linksfraktion vorgeworfen, sich von diesem Erbe nicht distanziert zu haben. In dem dreiseitigen Papier ist die Forderung nach einem Antisemitismus-Beauftragten ersetzt worden durch die Aufforderung an die Bundesregierung, ein Expertengremium zu beauftragen, in regelmäßigen Abständen einen Bericht zum Antisemitismus in Deutschland zu erstellen.

Nach einem Bericht der «Jüdischen Allgemeinen» vom Donnerstag hatten sich Vertreter von Union, FDP und Grünen bereits gegen einen Antisemitismus-Beauftragten ausgesprochen. Die Unionsabgeordnete Kristina Köhler (CDU) forderte anstelle eines Beauftragten einen regelmäßigen Antisemitismus-Bericht, der von Experten zusammengestellt werden soll.

Ursprünglich sollte in einer gemeinsamen Erklärung aller Bundestagsfraktionen zum 9. November, dem 70. Jahrestag der Novemberpogrome von 1938, die Einsetzung eines Antisemitismus-Beauftragten gefordert werden. Da auch die Linksfraktion diesen Antrag unterstützt hatte, hatte sich die Union zurückgezogen und angekündigt, sie wolle einen gemeinsamen Antrag mit der SPD-Fraktion vorbereiten.