Im Streit über die Guantánamo-Schließung hoffen die USA auf Hilfe aus Deutschland

Dunkler Fleck in Obamas Bilanz

Genau acht Jahre ist es her, dass die USA unter George W. Bush Guantánamo in Betrieb nahmen. Den angepeilten Schließungstermin am 22. Januar wird Präsident Obama auf jeden Fall verfehlen. Dennoch hält er grundsätzlich an seinem Vorhaben fest. Deutschland und andere EU-Länder sollen einige vom Terrorverdacht befreite Ex-Häftlinge aufnehmen. Das fordern auch Menschenrechtsorgansiationen wie auch amnesty international.

Autor/in:
Isabel Guzmán
 (DR)

Im Anti-Terror-Kampf hat US-Präsident Barack Obama im Moment einen schweren Stand. Die jüngste Negativmeldung kam am Dienstag: Mindestens ein Dutzend ehemalige Insassen des US-Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba hat sich offensichtlich im Jemen erneut dem Terrornetzwerk Al-Kaida angeschlossen. Unangenehme Presse für Obama, der Anfang 2009 zugesagt hatte, das umstrittene Gefängnis binnen Jahresfrist zu schließen.

Keine offizielle Anfrage an Deutschland
Allerdings tastet die US-Regierung sich vorsichtiger vor als bei früheren Initiativen. «Im Moment liegen keine Bitten oder Anträge der US-Seite vor», sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dem epd. Diplomaten berichten von sehr diskreten Gesprächen zu verschiedenen Guantánamo-Aspekten. Man will die Fehler von 2009 vermeiden: Damals hatte es mehrere US-Anfragen an Deutschland gegeben, die noch vor ihrer Entscheidungsreife lautes Mediengetöse verursachten.

Keiner der damals von den USA ausgesuchten Häftlinge, unter ihnen eine Reihe chinesische Uiguren, fand Aufnahme in Deutschland. An der restriktiven Haltung des Bundesinnenministeriums hat sich seither nichts geändert. Die betreffende Person dürfe «auf keinen Fall mehr gefährlich» sein, betont der Sprecher des Innenministeriums. Die US-Seite müsse begründen, warum der Gefangene nicht in seine Heimat zurückkehren oder in den USA bleiben könne. Ein Deutschland-Bezug sei wünschenswert.

Das Außenministerium hat seine liberalere Position aus Zeiten Frank-Walter Steinmeiers (SPD) inzwischen aufgegeben. Der neue Ressortchef Guido Westerwelle (FDP) vertritt die gleiche Linie wie de Maizière. Es bestünden keine Differenzen mit dem Auswärtigen Amt, «die Bundesregierung ist sich völlig einer Meinung», so das Innenministerium.

Andere EU-Staaten offener
Andere EU-Staaten sind Obama hingegen weiter entgegengekommen als Deutschland. Zwei Usbeken gingen nach Irland, zwei Syrer nach Portugal, ein Syrer nach Belgien, zwei Algerier nach Frankreich. Ungarn nahm einen Palästinenser auf, Großbritannien einen Äthiopier. Zwei Tunesier wurden nach Italien geflogen, wo sie ein Gerichtsprozess erwartet.

Die US-Regierung übt sich in Zweckoptimismus, dass das Problem Guantánamo in absehbarer Zeit mit internationaler Hilfe gelöst wird. «Wir kommen langsam hin», sagt ein Regierungsbeamter in Washington und verweist darauf, dass Obama bereits mehr als doppelt so viele Ex-Häftlinge umgesiedelt habe wie Bush.

Menschenrechtler hingegen sind unzufrieden mit der Haltung vieler EU-Staaten. «Es ist irritierend, dass einige Regierungen Guantánamo erst laut kritisiert haben und den USA nun nicht helfen», so etwa die britische Organisation Reprieve. Der Verband verlangt, dass jedes EU-Land zwei unverdächtige Personen aufnehmen solle. Auch amnesty international hat Deutschland zur Aufnahme von Insassen des Gefangenenlagers aufgefordert. Deutschland solle dem Beispiel der Staaten folgen, die bereits ehemalige Guantanamo-Häftlinge aufgenommen haben. Dabei gehe es vor allem um die Aufnahme von Insassen, gegen die nichts strafrechtlich Relevantes vorliege, die jedoch nicht in ihre Heimatländer zurückkehren könnten, weil ihnen dort Verfolgung, Folter oder Todesstrafe drohe.