Im Schatten der Farn

Wovor der Teufel flieht

Hexenwerk oder voller Kraft die das Dunkel erhellt? Der Farn, der sich im Schatten der Wälder so wohl fühlt, steckt voller Mythen. Hilfreich und hübsch ist er jedenfalls. Und jetzt hat er sich wieder entrollt.

Farn in Frühling / © St.Q.
Farn in Frühling / © St.Q.

Im Regal daheim steht ein dickes Buch, eine Familienchronik des Urgroßvaters, ein großer Schatz, weil so viel vom Alltag damals drin steht aus der Zeit um 1870, als der Urgroßvater Kind war. Im Herbst zum Beispiel, so schreibt er, zog er mit dem Vater in den Wald, um Farn zu schneiden, gebraucht wurde der Farn als Ersatz fürs Stroh im Viehstall:

„Als Streu wurde damals der Farn gebraucht, der im Walde wächst und im Herbst geschnitten wurde. Das Farnschneiden beschäftigte uns - Vater, Schwester, und  mich - etwa 14 Tage. Das waren reine Freuden- und Festtage für uns, ein Zigeunerleben im Walde ohne Tisch und Stuhl und Dach. Vater fing an mit den Vorbereitungen. Er stiefelte durch den Wald, um zu erkunden die Stellen wo der Farn dicht und hoch stand. Dann ging er zum Förster und bat um Erlaubnis, den Farn zu schneiden.“

Farn-Mythen des Mittelalters

Farn ist nicht nur jene schmucke Pflanze, die so gern und gut im Schatten wächst und vor 350 Millionen Jahren sogar riesige Wälder bildete, woraus später unsere Steinkohle wurde. Nein Farn ist weitaus mehr, eine Pflanze voller Mystik und auch voller Kräfte. Hildegard von Bingen schrieb ihm so viel Stärke zu, die der Kraft der Sonne ähneln würde, dass sogar der Teufel vor dem Farn flöhe:

„An der Stelle, wo er wächst, verübt der Teufel selten seine Täuschungen und meidet das Haus und den Ort, wo er ist, und schreckt davor zurück. Und Blitz und Donnerschläge gehen dort selten nieder und Hagel fällt selten auf den Acker, wo er wächst.“

Die meisten Zeitgenossen Hildegards hatten eher Respekt vor dem Farn, hielten ihn gar für Hexenwerk. Und das vor allem deshalb, weil man bis ins 19. Jahrhundert die Art seiner Fortpflanzung nicht verstand: Der Farn blüht nicht und bildet keine Samen und doch vermehrt er sich. So war der Mythos verbreitet, dass er seinen geheimnisvollen Samen nur in der Johannisnacht bilde, diese dann aber besondere Kräfte enthielten, die sogar unsichtbar machten, nur leider würde der Teufel den Farn bewachen. Das ist lange her, aber noch heute hat es jeder Biologielehrer schwer, wenn er die Fortpflanzung des Farns erklären soll.

Fortpflanzung mit Umwegen

Der Farm gehört nicht zu den Samenpflanzen, er bildet nur Sporen aus, die weder männlich noch weiblich sind. Diese Sporen reifen untern dem Farnwedel, fallen zu Boden und bilden dort Keime. Erst auf diesen kleinen Keimen bilden sich dann – für das bloße Auge nicht sichtbar – männliche und weibliche Geschlechtszellen. Und mit Hilfe von Feuchtigkeit wie zum Beispiel Tautropfen gelangen männliche Samenzellen zur weiblichen Eizelle und aus dieser Befruchtung wächst dann ein junger Farn heran.

Seit man dies weiß, schaut man weniger verklärt auf den Farn und zumindest der Mediziner betrachtet die Heilkräfte des Farns mit einer gewissen Skepsis. Zwar heißt der in unseren Wäldern verbreitete Wurmfarn zu Recht so, denn er enthält tatsächlich ein Mittel gegen Würmer, doch manche Kur damit soll tödlich verlaufen sein. Für ein Schaf jedenfalls sind 25 Gramm Wurmfarn tödlich.

Giftig und nützlich

Grundsätzlich gilt: Farn ist ungenießbar, manche Arten wie der Adlerfarn sind sogar stark giftig. Deshalb gehört dieser nicht in den Garten, auch weil er gern wuchert. Andere Farne sind im Garten durchaus nützlich. Wenn man Farnwedel zerkleinert und aufs Beet streut, schreckt das die Schnecken ab. Auch kleine Nager können den Farn angeblich nicht riechen, das hilft beim Einlagern von Kartoffeln oder Obst.

Farne, die im Fachhandel erhältlich sind, wie der Königsfarn, der Tüpfelfarn mit dem Beinamen Engelsüß, der Hirschfarn oder eben der robuste Wurmfarn, der sogar bis in den Winter grün bleibt, gehören sowieso in den Garten. Meist sind sie pflegeleicht, vor allem aber entfalten sie dort ihre Pracht, wo andere Pflanzen verkümmern: im Schatten. Karl Förster schrieb:

„Eigentlich erst durch Farne verschreibt man sich der letzten und vollsten Bejahung des Gartenschattens (...) Diese Wunderwelt rhythmischer Filigranentfaltung aus schönstem Grün von Frühling bis Herbst, das in vielen Arten immergrün bleibt, ist den meisten Gartenmenschen nach wie vor noch unbekanntes Land, obwohl die Pflanzen mit einer Kraft der Unverwüstlichkeit und Dienstwilligkeit ohne Pflege auf ihre Gartenplätze warten.“  (St.Q.)