Im ersten Konsistorium des Franziskus-Pontifikats geht es um Ehe und Familie

"Franziskus will Theologie auf Knien betreiben"

Der Papst leitet das erste Konsistorium seines Pontifikats. Themen sind vor allem Ehe und Familie. Guido Horst, Chefredakteur des Vatikan-Magazins, berichtet im domradio.de-Interview über das, was von den Beratungen zu erwarten ist.

Nun sind 125 Kardinäle wahlberechtigt  (dpa)
Nun sind 125 Kardinäle wahlberechtigt / ( dpa )

domradio.de: Es sind ja Konfliktthemen, die da gerade auf den Tisch kommen. In Deutschland wird vor allem die Frage diskutiert, wie man mit wiederverheirateten Geschiedenen umgegangen, die nach kirchlichem Recht dann keine Sakramente mehr empfangen dürfen. Kann man denn da schon was sagen über mögliche Ergebnisse in Rom?

Horst: Nein, darüber kann man noch nichts sagen. Was man sagen kann, ist, dass die Beratungen der Kardinäle jetzt erstmal stattfinden im Vorfeld der Bischofssynode, die sich dann im Oktober dieses Jahres und nochmal im Oktober 2015 mit der Ehe- und Familienpastoral beschäftigen wird. Das sind also lange Zeiten, die wir da noch abwarten müssen. Franziskus, das betrifft jetzt aber nicht nur die Pastoral, das betrifft z.B. auch die römische Kurie, lässt sich gerne beraten, ausführlich beraten. Gestern hat Kardinal Walter Kasper, der deutsche Kurienkardinal Kasper, einen zweistündigen Vortrag über das Thema Ehe gehalten. Franziskus ist heute nochmal drauf zu sprechen gekommen zu Beginn der Beratungen von heute, hat ihm nochmal gedankt, hätte das nochmal gelesen und es sei eine profunde theologische Abhandlung zum Thema Evangelium und Familie gewesen, sagte er heute. Es sei ihm nochmal in den Kopf gekommen, meinte Franziskus weiter, die Theologie wirklich auf den Knien zu betreiben, weil es halt so tief und gründlich war, was Kardinal Kasper da vorgetragen hat. Es ist also völlig falsch, die ganze Auseinandersetzung mit der Familien- und Ehepastoral oder mit der Familie als solche auf den Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen zurückzuschneiden. Das hat Franziskus ja ausdrücklich gesagt, es geht nicht um die Zulassung der Geschiedenen zur Kommunion. Er sagte gestern zu Beginn der Beratungen, die Familie wird heute gering geschätzt. Familie wird heute schlecht behandelt, hat er gestern wortwörtlich gesagt. Und darum geht es, also den Wert der Familie und den Wert der Ehe wieder ins Licht zu stellen. Da wird dann auch die Frage der Gültigkeit der Ehe oder des Ehesakraments natürlich auch eine Rolle spielen, das hat ja schon Benedikt XVI. vorgezeichnet, aber das steht nicht im Zentrum.

domradio.de: Gibt es denn da einen Plan, wie man das erreichen kann?

Horst: Ja, also es ist sicherlich ein Schritt hin, die Familie mehr zu schätzen, auch in der Kirche. Es war jetzt ein Vorschlag, der gar nicht gefallen ist im Rahmen des Konsistoriums, sondern der zweitägigen Beratungen der acht Kardinäle, die Franziskus beraten - die haben in den beiden Tagen zuvor stattgefunden - die Rolle der Laien auch im Vatikan aufzuwerten. Wir haben ja einen Rat für die Laien, aber es könnte eine Kongregation daraus werden, also genauso wie wir eine Kongregation für die Bischöfe und für die Priester haben, soll es wohl eine Kongregation für die Laien geben, wo dann die Familien eine besondere Rolle spielen. Also auch in der Kirche den Blick für die Nöte und Sorgen und Schwierigkeiten der Familie wieder zu schärfen. Und das ist ja ein cantus firmus, also eine feststehende Rede von Franziskus, die Menschen zu begleiten, wo sie versuchen, als Christen zu leben.

domradio.de: Papst Franziskus erhebt im Rahmen dieses Konsistoriums ja auch 19 Kardinäle. Aber nicht alle dieser zukünftigen Kardinäle sind unumstritten, z.B. ist gegen den chilenischen Erzbischof Ezzati Strafanzeige im Zusammenhang mit Pädophiliefällen erstattet worden. oder auch der emeritierte Erzbischof von Pamplona Aguilar steht wegen seiner Aussage zu Homosexualität in der Kritik. Was ist denn dazu in Rom bekannt?

Horst: Was Chile angeht, da ist jetzt ein Verfahren eröffnet worden, oder es wird untersucht. Das sind Vorwürfe, die betreffen die Zeit, wo er noch nicht Bischof war, wo er eine Instruktion eines Salesianer-Konvikts durchführen sollte. Der zukünftige Kardinal erklärt, er wüsste von überhaupt nichts. Also man wird es untersuchen müssen und das sind keine Dinge, wo man dann in Rom schon ein Urteil fällen möchte. Was den Spanier angeht, den Erzbischof von Pamplona, der erhält ziemlich viel Zuspruch aus den Reihen der eigenen Bischofskonferenz. Es gibt in Spanien ein ungleich härteres Verhältnis, eine ungleich härtere Debatte um die weichen Themen, sage ich mal, um Homosexualität, Abtreibung, Familienfragen und so. Da sind die Reaktionen sehr stark gewesen auf eine Äußerung des betreffenden Erzbischofs, der wohl erklärt hat, Homosexualität sei ein Defekt, den man heilen könne. Jetzt sagt aber die Kirche in Spanien, bitte, das ist unsere Meinung und wir haben das Recht, diese Meinung zu äußern und der Staat möge bitte die Religionsfreiheit schützen und das Recht zugestehen, dass einer auch so etwas sagen kann. Wir respektieren ja auch alle anderen Meinungen. Also, das ist der Stand der Debatte in Spanien und da dürfte man in Rom nicht anders denken.

domradio.de: Sprechen wir zum Schluss vielleicht noch kurz über den einzigen Deutschen, den Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller. Auch ihm wird morgen das rote Birett übergeben. Medial gilt er ja eher als sowas wie der Gegenspieler von Franziskus. Hans Küng z.B. hat ihn sogar einmal als Schattenpapst bezeichnet. Was sagt denn diese Personalentscheidung über Franziskus aus?

Horst: Da wird auch sehr, sehr viel spekuliert. Ich mache ein Beispiel: Auf einmal taucht in der deutschen Presse der lateinamerikanischen Kardinal Rodriguez Maradiaga mit der Äußerung auf, der Müller müsse noch viel lernen. Und Rodriguez Maradiaga gilt ja als ein Vertrauter  von Franziskus. Aber jetzt stellt Maradiaga in aller Ruhe am nächsten Dienstag das Buch von Gerhard Ludwig Müller über die Armen vor, hier im Vatikan-Verlag, wozu übrigens auch dann Franziskus das Vorwort geliefert hat. Also, wenn man dann mal hinter die Kulissen schaut, da sind diese Gegensätze alle nicht so nachzuvollziehen, wie sie oft in den Zeitungen stehen.

Das Gespräch führte Verena Tröster.


Quelle:
DR