Vor fünf Jahren wurde Paris vom Terror erschüttert

"Ihr bekommt meinen Hass nicht"

2015 war ein schwarzes Jahr in der Geschichte von Paris: Es begann mit dem Anschlag auf die Redaktion der Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" und endete mit einer Serie des Terrors. Die Taten wirken bis heute nach.

Autor/in:
Paula Konersmann
Eine Frau trauert am Musikclub "Bataclan" / © Marius Becker (dpa)
Eine Frau trauert am Musikclub "Bataclan" / © Marius Becker ( dpa )

"Fluctuat nec mergitur", der lateinische Wahlspruch im Stadtwappen der französischen Hauptstadt, wurde vor fünf Jahren häufig zitiert. Sie schwankt, aber sie geht nicht unter: Das Motto fand sich an einem Bauzaun an der Place de la Republique, Politiker bezogen sich darauf, nachdem Paris massiv ins Schwanken geraten war.

Am 13. November 2015 starben dort 130 Menschen bei einer Terrorserie. Die Anschläge veränderten das Land und prägten das europäische Sicherheitsgefühl.

Freundschaftsspiel Deutschland - Frankreich

Der erste Knall erfolgte während des Freundschaftsspiels Deutschland gegen Frankreich im Stade de France, wo unter anderen der damalige französische Staatspräsident Francois Hollande und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier zu Gast waren. Viele Zuschauer registrierten die lauten Geräusche, sowohl im Stadion als auch vor dem Fernseher.

Abgebrochen wurde das Spiel nicht, um eine Panik zu verhindern. Beim Schlusspfiff war längst klar, dass es sich mitnichten um Feuerwerkskörper gehandelt hatte: Beide Mannschaften verbrachten die Nacht im Stadion.

Angriffe in Restaurants und im "Le Bataclan"

Zeitgleich zu den Irritationen beim Fußball fielen Schüsse in mehreren Pariser Restaurants. Am schlimmsten traf es die Konzerthalle "Le Bataclan", wo die Band Eagles of Death Metal auftrat: 89 Menschen starben - Überlebende berichteten später, sie hätten die Angreifer zunächst für Statisten der Show gehalten.

Insgesamt kamen an dem Abend 130 Menschen ums Leben - einer der schwersten Terrorakte auf europäischem Boden, verübt von Anhängern der Miliz "Islamischer Staat" (IS).

Anschläge auf "Charlie Hebdo" im Frühjahr

Das Jahr hatte bereits blutig begonnen, mit dem Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt. Die Taten führten einerseits zu Trauer und Solidarität. Zugleich kam der Terror mit ihnen näher - geografisch und gefühlt.

Nach Einschätzung der Soziologin Daniela Schiek hatte bereits der 11. September 2001 eine "neue Qualität des Terrors" in die westlichen Gesellschaften gebracht, weil er zivile Räume wie Transportmittel betraf. Das habe sich vor fünf Jahren erneut ausgeweitet, sagt sie: Auch Räume, die zuvor als sicher galten, etwa Cafes oder Supermärkte, könnten nun betroffen sein, so die gemeinschaftliche Erfahrung.

Der Terror blieb präsent

Wenige Tage nach der Anschlagsserie wurde ein weiteres Freundschaftsspiel der deutschen Nationalmannschaft abgesagt, die Sicherheitsvorkehrungen auf Großverstaltungen massiv verschärft.

Dennoch blieb der Terror präsent: Bis 2017 wurde Europa immer wieder von islamistischen Anschlägen erschüttert, am Brüsseler Flughafen, auf einem Konzert in Manchester oder auf dem Berliner Weihnachtsmarkt. Begleitet wurden die Attacken von Debatten über Sicherheit, Meinungsfreiheit und eine drohende Spaltung der Gesellschaft.

In Frankreich wurde im Herbst 2015 erstmals seit zehn Jahren der Ausnahmezustand ausgerufen; mit Verlängerungen sollte er für zwei Jahre gelten. Die Satiriker von "Charlie Hebdo" titelten unterdessen mit: "Ils ont les armes, on a le champagne" (dt. "Sie haben die Waffen, wir haben den Champagner") - und ernteten viel Zuspruch für die Widerständigkeit.

"Ihr bekommt meinen Hass nicht"

Man dürfe sich nicht einschüchtern und die Terroristen auf diese Weise gewinnen lassen, lautete das Mantra. Der Radiojournalist Antoine Leiris, der bei den Anschlägen seine Frau verloren hatte, schrieb in einer Art offenem Brief an die Angreifer: "Ihr bekommt meinen Hass nicht."

Beobachter wiesen vor fünf Jahren darauf hin, dass die Attentäter nicht allein das freiheitlich-westliche Lebensgefühl treffen wollten.

Zeitung: Auch antisemitischer Terror

Das "Bataclan" hatte bis kurz vor der Terrorserie noch jüdische Betreiber gehabt und war bereits mehrfach antisemitischen Drohungen ausgesetzt gewesen, schrieb etwa die "Jüdische Allgemeine": "Es war auch antisemitischer Terror." Angesichts weiterer antisemitischer Attacken, etwa in Halle und Hamburg, stimmen diese Worte nachdenklich.

Und auch nach Frankreich ist der Terror mit Wucht zurückgekehrt: Die Ermordung des Lehrers Samuel Paty bei Paris sowie Angriffe auf Kirchenbesucher in Nizza und Lyon bringen die Republik erneut ins Wanken.


Quelle:
KNA