ifp-Direktor spricht über katholische Medienarbeit

"Es braucht eine Vielfalt"

Die katholische Kirche darf sich nicht den Medien anpassen, sagt Medienwissenschaftler Norbert Bolz. "Im Prinzip richtig", sagt der Direktor des ifp, Bernhard Remmers, im domradio.de-Interview.

domradio.de: Katholische Medienarbeit (DR)
domradio.de: Katholische Medienarbeit / ( DR )

"Nur das Widerständige bleibt interessant", sagt Norbert Bolz. Die katholische Kirche müsse "den Schatz ihrer zweitausendjährigen Lebenserfahrung und Spiritualität wahren und nicht gegen Talkshowtauglichkeit eintauschen", so Bolz. Bernhard Remmers ist Direktor des Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses, kurz ifp.

domradio.de: Herr Remmers, ist an der Aussage von Norbert Bolz was Wahres dran, dass Kirche sich in den Medien nicht anpassen sollte?

Remmers: Im Prinzip ist das richtig, aber es gibt so viel dazu zu sagen. Es ist sicherlich richtig, dass wir unterscheiden müssen, einmal zwischen den Inhalten, und ich glaube, dass der Herr Professor Bolz genau dieses meint: Wir sollten uns nicht einfach mit Inhalten oberflächlich anbiedern, in Talkshows und in anderen Medienformaten und anderen Leuten nach dem Mund reden wollen. Das passt nicht zu uns, und das macht uns auch beliebig, und nimmt uns einfach auch das, was uns Christen ausmacht.

Auf der anderen Seite, als die Apostel und ihre Nachfolger die ersten Texte der Bibel aufgesetzt haben oder die frohe Botschaft verkündet haben, haben sie das mit Pergamentpapier oder anderen medialen Mitteln gemacht, die wir heute sicherlich so nicht mehr übernehmen wollen. Und in dem Sinne sind wir natürlich schon auch dazu dringend angehalten, uns immer wieder an die neuen Möglichkeiten der Medien anzupassen, diese zu nutzen und diese zu erkunden. Und das wollen wir hier zum Beispiel im ifp auch tun. Und die jungen Leute, die hier an unserer katholischen Journalistenschule ausgebildet werden, die sollen natürlich mit den modernsten Möglichkeiten der Medienarbeit eines Journalisten vertraut sein, bevor sie in den Beruf einsteigen.

domradio.de: Bleiben wir vielleicht gerade noch bei den Inhalten. Was sind denn konkret diese Eckpunkte, die die katholische Kirche mitbringt? Oder der Schatz der Lebenserfahrung, von der Bolz hier spricht?

Remmers: Ich glaube, dass ist natürlich im Kern unser Glaube daran, dass uns durch Jesus Christus der Sohn Gottes entgegengetreten ist. Dass das eine Person, eine menschliche Konkretisierung gewesen ist, der mit uns, mit den Menschen gelebt hat, der übrigens auch seine Welt damals kennengelernt hat und kennenlernen wollte. Er hat mit den Menschen gelebt und er ist am Ende den Weg gegangen des Kreuzes, aber es hat nicht geendet im Kreuz, sondern es ist zur Auferstehung gekommen. Das ist zum Beispiel eine Hoffnung, die da drinsteckt, in unserem Auferstehungsglauben, der uns, gerade uns Journalisten, auch dazu befähigt, uns mit enttäuschenden, empörenden, auch niederschlagenden, sehr belastenden Wirklichkeiten auseinander zu setzen und das so zu machen, dass wir dabei nicht Pessimisten werden, dass wir zynisch werden, was viele in unserem Beruf tun, sondern dass wir trotz allem diese Hoffnung haben, die wir aus diesem Glauben mitnehmen dürfen.

Und etwas anderes, das ganz wichtig ist, das ist der Verweis auf den Menschen. Jesus hat uns immer wieder auf die anderen Menschen verwiesen.  Er hat damals nicht gesagt: "Zieht euch zurück, in die Synagoge, und betet untereinander", sondern er hat den Aposteln gesagt, "Ich war im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht". Und er hat dieses Beispiel gebracht "Ihr findet mich in dem anderen Menschen, in euren Mitmenschen". Das, finde ich, ist eine ganz wichtige Sache, die wir heute, und das meine ich auch gerade für die Medienarbeit von christlichen oder katholischen Journalisten, eine ganz wichtige Botschaft mitzunehmen.

domradio.de: Ein konkretes Beispiel: Radio Horeb ist ein traditionell kirchliches Format, das sich sicher nicht der Beliebigkeit hingibt. Sollte so ein katholisches Medium aussehen?

Remmers: In der Absolutheit kann ich das nicht sagen. Radio Horeb hat einen Anspruch darauf, dass es produziert und dass es sendet, weil es ein bestimmtes katholisches Publikum gibt, dass diese Sendungen, dieses Programm hören möchte. Und daraus bezieht Radio Horeb sicherlich seine Existenz und seine Existenzberechtigung. Ich muss aber auch feststellen, dass ich mit einem Angebot von Radio Horeb bestimmt nicht alle Christen im deutschsprachigen Raum werde bedienen können. Weil es auch unter uns Christen Menschen gibt, die andere Haltungen haben als die dort verbreitet werden. Das heißt nicht im Kern der christlichen Botschaft, da sind wir in einer großen Gemeinschaft, aber in der Ausprägung, wie wir diese Botschaft in der heutigen Welt leben, da gibt es natürlich Unterschiede. Und da werden andere andere Programme hören wollen, zum Beispiel das Programm vom domradio, oder auch die Programme der Kirchenredaktionen bei den Öffentlich-Rechtlichen. Alles das hat nebeneinander seine Existenzberechtigung.

domradio.de: Das heißt, es braucht auch die Massentauglichkeit.

Remmers: Es braucht eine Vielfalt, die auch der Vielfalt der Menschen, auch der gläubigen christlichen Menschen entspricht. Und diese Vielfalt ist wahrscheinlich in den letzten Jahrzehnten noch größer geworden im Sinne der Pluralisierung der Gesellschaft. Es ist, glaube ich, heute das Allerschwerste, ein Medium zu produzieren, das im gleichen Maße alle Menschen und alle Gruppen anspricht.

domradio.de: Was bedeutet das für die Ausbildung katholischer Journalisten?

Remmers: Das bedeutet, dass sie vor allem ihr Handwerk gut lernen sollten, mindestens genau so gut wie ihre jungen Kolleginnen und Kollegen, die an anderen Schulen oder an anderen Instituten ausgebildet worden sind. Und dass sie einerseits um ihre Kirche wissen und das, was die Kirche und ihren Glauben ausmacht, dass sie aber auch die Größe und Weite in ihrem Herzen haben, mit dieser Vielfalt im wechselseitigen Respekt umzugehen.

 

(Das Interview führte Verena Tröster.)