Wie Pfarrer Schulte zum Schützenkönig wurde

"Ich war zunächst erschrocken"

Damit hatte Pfarrer Andreas Schulte aus Balve-Hönnetal im Sauerland eigentlich nicht gerechnet. Beim Schützenfest seines örtlichen Vereines holte er den Vogel runter. Jetzt ist er König - und eine Schützenkönigin braucht es dafür gar nicht.

 (DR)

DOMRADIO.DE: Seit gestern sind Sie König der Schützenbruderschaft St Sebastian Balve im Sauerland, herzlichen Glückwunsch! Wie kam es dazu?

Andreas Schulte (Pfarrer des Pastoralverbundes Balve-Hönnetal und König der Schützenbruderschaft St. Sebastian Balve e.V.): Wir fangen immer um 7.45 Uhr mit einer Schützenmesse am Montagmorgen an, wenn das Vogelschießen beginnt. Erst gibt es noch ein gemeinsames Frühstück und anschließend geht es dann zur Vogelstange. Und dann gibt es anfangs üblicherweise die Ehrenschüsse, bei denen war ich als Präses auch dabei.

In den Jahren zuvor hatte ich auch schon mitgeschossen, es ist ja immer das Thema: Ist man bereit, aus der Reihe zu treten und sich der Verantwortung zu stellen? Und da habe ich dann gedacht: Das kannst du nicht nur predigen, sondern das musst du auch vorleben.

DOMRADIO.DE: Erklären Sie es uns für Laien: Wie funktioniert das? Wie oft darf man schießen? Wer wird König?

Schulte: Es wird nacheinander auf einen Vogel geschossen, der in einem Kugelfang hängt. Wir standen in einer Reihe, am Ende waren es noch neun Kandidaten und wenn Sie dann  dran sind, dann treten sie nach vorne und schießen auf den Vogel, beziehungsweise auf das was dann noch übrig ist.

DOMRADIO.DE: Und Sie haben dann die letzten Reste von dem Vogel runtergeholt?

Schulte: Ja, es hing noch das Mittelteil an der Schraube und der Schießmeister sagte: Wenn jetzt jemand trifft, fällt er runter. Da war mir klar, dass es ernst würde, aber da konnte ich mich ja auch nicht mehr von den Socken machen.

DOMRADIO.DE: Wie war Ihre erste Reaktion? Überraschung? Freude? Waren Sie erschrocken?

Schulte: Ich war zunächst erschrocken, aber natürlich muss ich damit rechnen, dass wenn ich auf einen Vogel schieße, er auch runterkommt.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind Sie ein Jahr Schützenkönig. Welche Pflichten bringt dieses Amt jetzt mit sich?

Schulte: Es ist so, dass ich als Präses bereits einige Termine bei der Bruderschaft habe. Das heißt, ich nehme monatlich an der Vorstandssitzung teil. Ich bin Zelebrant bei Gottesdiensten und bei der Prozession, jetzt kommt noch das Bundeschützenfest in Medebach im September hinzu, da werde ich auch hinfahren. Und im nächsten Jahr begleite ich als Schützenkönig das Fest.

Gestern war bereits ein kleiner Festzug, da waren auch viele Leute aus dem Pastoralverbund, wir haben mittlerweile einige Gemeinden zusammengeschlossen und viele sind aus der Nachbarschaft gekommen. Es hat sich übrigens auch so ergeben, dass der Hofstaat sich aus der Nachbarschaft zusammensetzt, also aus allen Gemeinden unseres Pastoralverbundes, Mitglieder der Kirchenvorstände und des Netzwerkes (Pfarrgemeinderat)und auch aus der evangelischen Gemeinde, so dass wir da eine gute Gruppe haben, die mir den Rücken stärkt.

DOMRADIO.DE: Jetzt wollen alle wissen, ob es eine Schützenkönigin gibt…

Schulte: Wir haben gestern schon gemeinsam mit dem Hofstaat getanzt und ich bin dann danach einfach aus der Reihe heraus getreten. Bei den Festzügen gehe ich vorweg und der Hofstaat hinterher und ich werde begleitet von Leuten aus dem Vorstand bzw. Königsbegleiter gibt es auch, ich bin also nicht alleine.

DOMRADIO.DE: Und dass man da die Schwester oder eine Freundin als Schützenkönigin mitnimmt, war keine Option?

Schulte: Ich weiß gar nicht, ob das erlaubt ist oder nicht. Ich habe mich entschieden zu zeigen: Ich bin Priester. Ich möchte auch keine Spekulationen befeuern und ich möchte mich nicht lächerlich machen.

DOMRADIO.DE: Wie gehen Katholizismus und Schützenbruderschaften zusammen?

Schulte: Wir haben "Glaube. Sitte. Heimat" auf der Fahne stehen. Das Schützenwesen hat seine Wurzeln in den Zeiten, als sie sich für den Glauben jeweils vor Ort eingesetzt haben, wo es notwendig war. Insofern gibt es schon eine enge Bindung unserer Kirchen zu den Schützenbruderschaften, nicht nur der katholischen, sondern auch der evangelischen Gemeinde. Die evangelische Pfarrerin nimmt auch immer am Festzug teil.

DOMRADIO.DE: Warum sind Sie in den Schützenverein eingetreten? Was macht für Sie persönlich diese Faszination aus?

Schulte: Ich war 1975 Kinderschützenkönig und das hat mir gut gefallen und dann habe ich irgendwann gedacht, ja das wäre doch was, das war irgendwie nochmal ein Traum.

DOMRADIO.DE: Haben Sie mit so einem Medienecho gerechnet? Für viele Menschen ist es offenbar kurios, dass ein Priester Schützenkönig wird. Ist das etwas Besonderes?

Schulte: Das hat etwas damit zu tun, welches Verständnis ich von der Rolle eines Priesters habe und ich finde, Kirche und unsere Priester sollten geerdet sein und auch mit den Menschen zu tun haben. Insofern halte ich das nicht für befremdlich. Es ist selten, aber es gab ja schon vor mir Schützenkönige, die Pfarrer sind.

DOMRADIO.DE: Worauf freuen Sie sich in ihrer künftigen Amtszeit am meisten?

Schulte: Auf die vielen Kontakte mit den Menschen. Die habe ich natürlich sonst auch. Aber es ist nochmal etwas anderes, das aus der Position des Königs zu erleben und das war gestern schon sehr ergreifend.

Das Interview führte Ina Rottscheidt.


Quelle:
DR