"Ich habe den Bundespräsidenten gewählt"

Welt-Down-Syndrom-Tag

Daniel Themann ist geistig behindert und hat das Down-Syndrom. Trotzdem hat die SPD den 39-Jährigen zur Bundesversammlung nach Berlin entsandt. Am Welt-Down-Syndrom-Tag wollen die Betroffenen zeigen, dass ein Leben mit der Trisomie 21 gelingen kann.

Autor/in:
Jörg Nielsen
 (DR)

Daniel Themann strahlt noch immer vor Stolz: "Ich habe Joachim Gauck zum Bundespräsidenten gewählt. Er brauchte meine Hilfe." Was den 39-Jährigen aus dem niedersächsischen Langförden bei Vechta von vermutlich allen 1.239 weiteren Mitgliedern der Bundesversammlung unterschieden hat, ist eine kleine Gen-Mutation. Daniel Themann ist geistig behindert. Er hat seit seiner Geburt das Down-Syndrom.



50.000 Deutsche leben mit Trisomie 21

Wie alle Delegierten repräsentierte er einen Teil der Bevölkerung. Bundesweit leben nach Schätzungen des Arbeitskreises Down-Syndrom etwa 50.000 Menschen mit der Mutation "Trisomie 21". Sie ist die häufigste Form einer geistigen Behinderung. An diesem Mittwoch erinnert der Welt-Down-Syndrom-Tag an diese Menschen und fordert für sie die gesellschaftliche Gleichberechtigung, die Inklusion.



Daniel Themann stellt sich dem Leben und hat das Glück, immer wieder auf offene Türen zu treffen. Sein Lebensmotto lautet: "Dabei sein ist alles". Während in der Politik allenthalben über die Inklusion als gleichberechtigtes Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung geredet wird, ist sie für den 39-Jährigen in weiten Teilen bereits Alltag.



Vorbehalte und Unverständnis sind groß

"Das ist leider nicht der Normalfall", sagt Elzbieta Szczebak vom Deutschen Down-Syndrom InfoCenter im fränkischen Lauf. In Deutschland gelte zwar das Antidiskriminierungs-Gesetz, doch sei es in der Gesellschaft noch längst nicht verankert. So stießen Eltern behinderter Kinder immer noch auf Vorbehalte und Unverständnis.



Dass ein Leben mit Trisomie 21 gelingen kann, beweist Daniel Themann jeden Tag aufs Neue: In der örtlichen Tischlerei arbeitet er als ganz normaler Angestellter. Zu seinem Job fährt er mit dem Motorroller. Seit gut zehn Jahren ist er zudem politisch als Mitglied der SPD in der Kommunalpolitik aktiv.



Auch in seiner Freizeit will der leidenschaftliche Schwimmer immer wieder seine Grenzen überwinden. Bei der DLRG hat er seine Prüfungen als Rettungsschwimmer in Bronze und Silber abgelegt. "50 Meter am Stück tauchen ist kein Problem", sagt er und lacht mit Stolz in der Stimme. 50 Meter, das sind im Hallenbad immerhin zwei Bahnen.



Das Ziel bleibt die gesellschaftliche Teilhabe

Für die Eltern war die Nominierung in die Bundesversammlung eine besondere Freude: "Das ist fast eine Art Krönung für unser Engagement", sagt Mutter Ursula Themann. Von Anfang an hätten sich beide dafür starkgemacht, dass geistig behinderte Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können - noch lange bevor dafür das Wort Inklusion erfunden wurde.



Daniel Themann genießt das Leben und gibt sich welterfahren: 2005 traf er während einer Berlin-Fahrt auf Horst Köhler und schüttelte ihm die Hand: "Ein guter Mann. Sehr nett." Vom neuen Bundespräsidenten Gauck ergatterte er am Sonntag sogar ein Autogramm für sein Parteibuch. Dort haben sich unter anderen schon Themanns Parteigenossen Frank-Walter Steinmeier, Franz Müntefering und Ulla Schmidt verewigt.