Huber: Wandel in der Ökumene weiter in die Ferne gerückt

Kritik an Vatikan-Papier ebbt nicht ab

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Berliner Bischof Wolfgang Huber, erwartet von der katholischen Kirche "einen tieferen Sinn für die Relativität des eigenen Standpunkts". Durch das jüngste Dokument der Römischen Glaubenskongregation seien jedoch die Hoffnungen auf einen Wandel der ökumenischen Situation "weiter in die Ferne gerückt", sagte Huber der "Welt". Ein Katholischer Experte fordert derweil die Protestanten auf, selbstbewusster zu werden.

 (DR)

Huber forderte, in der Ökumene müsse ein Weg gefunden werden, der "zum Beispiel die Anerkennung des päpstlichen Primats, der Unfehlbarkeitslehre und die Bindung der Apostolizität der Kirche an die bischöfliche Amtssukzession nicht zur unumgänglichen Voraussetzung der ökumenischen Verständigung macht".

Weiter meinte Huber unter Hinweis auf seine Treffen mit Papst Benedikt XVI. und Kurienkardinal Walter Kasper vor wenigen Wochen in Rom, die Aussagen des jüngsten Vatikan-Dokuments seien "nicht gut zu vereinbaren mit der ökumenischen Lagebeschreibung, die ich aus diesen Gesprächen mitgenommen habe". Er fügte hinzu: "Wäre mir das, was ich jetzt erfahren musste, schon bekannt gewesen, hätte die Begegnung andere Schwerpunkte erhalten." Allerdings seien die Protestanten "natürlich nicht davon abhängig, ob die römisch-katholische Kirche uns als Kirche anerkennt oder nicht".

Es gehe um die Auswirkungen eines Dokuments, das die katholische Auffassung von Kirche absolut setze, zur Norm erkläre und von den anderen erwarte, dass sie sich diese Definition zu eigen machten.

Katholischer Experte: Protestanten müssen selbstbewusster werden
Der katholische Publizist Eckhard Nordhofen hat der evangelischen Kirche Minderwertigkeitskomplexe wegen ihrer heftigen Reaktion auf das neue Vatikan-Papier zum Kirchenverständnis vorgehalten. "Sie sind von der Erklärung des Vatikans beleidigt, aber sind sie nicht gern beleidigt?", sagte der katholische Bildungsexperte dem Münchner Nachrichtenmagazin "Focus".

Der Vatikan hatte am Dienstag ein Dokument veröffentlicht, in dem sich die katholische Kirche erneut von den Protestanten abgrenzt. Nur in der katholischen bestehe die von Jesus Christus begründete Kirche weiter, betont die Glaubenskongregation. Der evangelischen Kirche wird darin der Status einer Kirche verwehrt. Die Evangelische Kirche in Deutschland wertete das Papier als Rückschritt in der Ökumene.

Nordhofen erklärte, da Protestanten tatsächlich ein anderes Kirchenverständnis hätten, bräuchte die römische Sicht sie gar nicht zu stören: "Ein selbstbewusster Protestantismus hätte das gar nicht nötig." In der Kritik der evangelischen Kirche sieht der frühere Leiter der Zentralstelle für Bildung der Deutschen Bischofskonferenz "eine Identität aus einer Gegenbewegung: Man braucht den Katholizismus zur eigenen Profilschärfung."