Holocaust-Überlebende Lasker-Wallfisch erhält Nationalpreis

 (DR)

Anita Lasker-Wallfisch (93), deutsch-britische Musikerin und Holocaust-Überlebende, erhält den Deutschen Nationalpreis 2019. Damit werde nicht nur eine der letzten Überlebenden des NS-Terrors geehrt, sondern vor allem auch eine "starke Streiterin im Kampf gegen Antisemitismus", teilte die Deutsche Nationalstiftung am Donnerstag in Hamburg mit. Die mit 30.000 Euro dotierte Auszeichnung wird am 10. September in Berlin verliehen.

Mit der Preisverleihung solle verdeutlicht werden, dass ein "entschlossenes Eintreten gegen alle Formen von Antisemitismus Teil der deutschen Identität" sein müsse, sagte Stiftungsvorstand Thomas Mirow. Ein mit 20.000 Euro dotierter Förderpreis geht den Angaben zufolge an eine junge Initiative, die sich gegen Antisemitismus engagiert. Das Auswahlverfahren sei noch nicht abgeschlossen.

Lasker-Wallfisch lebt seit ihrer Auswanderung 1946 in England. Sie kehrte 1994 erstmals wieder nach Deutschland zurück. Seither unternimmt sie Vortragsreisen und berichtet in deutschen Schulen über ihr Schicksal. 2018 war sie am 73. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz durch sowjetische Truppen am 27. Januar 1945 Rednerin im Bundestag. Lasker-Wallfisch wurde am 17. Juli 1925 in Breslau (Wroclaw) geboren.

Ihre Eltern wurden 1942 von den Nazis deportiert. Sie selbst versuchte 1943 mit ihrer Schwester Renate zu fliehen, wurde jedoch verhaftet. Im Dezember 1943 kam sie ins Konzentrationslager Auschwitz, entging aber den Sammeltransporten, die für die meisten direkt in der Gaskammer endeten. Zusammen mit ihrer Schwester wurde sie 1944 nach Bergen-Belsen deportiert, wo sie im April 1945 die Befreiung durch britische Soldaten erlebte. Ein Jahr später wanderte sie nach Großbritannien aus. Dort war sie Mitbegründerin des Londoner English Chamber Orchestra.

Die erste Reise nach Deutschland rund 50 Jahre später habe ihr gezeigt, dass sie ihre Zeit besser nutze, wenn sie sich für das Erinnern einsetze, anstatt in England zu sitzen und die Deutschen zu hassen, sagt sie immer wieder auf ihren Vortragsreisen. "Zeitzeugen sind wirksamer als Geschichtsbücher."

Die gemeinnützige Deutsche Nationalstiftung wurde 1993 vom ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt (1918-2015) gegründet und soll das Zusammenwachsen Deutschlands fördern und die Idee der deutschen Nation als Teil eines vereinten Europas stärken. Seit 1997 vergibt sie jährlich den Deutschen Nationalpreis. Zu den bisherigen Preisträgern zählen die Initiative zum Wiederaufbau der Frauenkirche, der Liedermacher und Schriftsteller Wolf Biermann, die Organisatoren der Leipziger Montagsdemonstrationen und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. (KNA, 4.4.19)