... heißt nicht, dass etwas gut ausgeht

Hoffnung...

Jeden Abend neu, könnte man eine Stecknadel fallen hören. Jeden Abend neu, zieht Erzbischof Simon Ntamwana aus Burundi bei seiner Lesereise mit seiner Geschichte die Menschen in den Bann. Atemlos hören sie zu, wenn er von Versöhnung spricht.

Erzbischof Simon Ntamwana / © Angela Krumpen  (ak)
Erzbischof Simon Ntamwana / © Angela Krumpen ( ak )

Und erzählt, wie er einen Mann zu sich ins Pfarramt bestellt. Der Bischof weiß, dass der Mann seinen Vater ermordet hat. Aber der Mann weiß nicht, dass der  Bischof weiß, dass er der Mörder seines Vaters ist.

Das Publikum verfolgt mit angehaltenem Atem, wie der Mörder auf das Wissen des Bischofs reagiert. Der Mörder verstummt. Vorerst. Über die nachfolgenden Wochen aber entspannen sich beide. Die Versöhnung tut ihnen gut.

Genauso wie Hunderten Mitarbeitern des Bischofs - und zehntausenden Menschen in Burundi, die die Mitarbeiter des Bischofs in den letzten Jahrzehnten ermutigt haben. Damit auch sie sich auf den Weg der Versöhnung machen, um die Genozide von 1972 und von 1993 und all der anderen  Gewalt, davor, danach und dazwischen, zu überwinden.

Das klingt groß und großartig. Und das ist auch groß und großartig. Und doch gibt es kein Happyend. Seit 2015 ist die Gewalt nach Burundi zurückgekehrt. Der Präsident Pierre Nkuruziza wollte nicht abtreten, wie die Verfassung es vorsieht. Er blieb an der Macht, ließ friedlich demonstrierende Menschen erschießen. Mehr als Tausend starben, mehr als 400 000 flüchteten.

Nun, am 17. Mai 2018, hat er ein Referendum angesetzt. Mit diesem Volksentscheid soll die Verfassung geändert, Nkuruziza als ewiger Führer Präsident auf Lebenszeit werden.

Und jetzt? Soll die Geschichte etwa damit aufhören, dass die Gewalt siegt? Ratlosigkeit macht sich in den Gesichtern im Publikum breit.

Aber nein, der Bischof gibt die Hoffnung auf Versöhnung und Frieden nicht auf. Ganz gleich, was noch passiert. Nicht nur, weil sonst alle Anstrengungen und Opfer umsonst gewesen wären.

Sondern auch, weil er eine seltene Kunst beherrscht: Er macht auch ohne Happyend weiter. Der Bischof kann Sinn und Erfolg trennen. Seine Versöhnungsarbeit macht Sinn. Unter allen Umständen. Auch dem, dass sein Volk, schon wieder, unter grausamer Gewalt leidet.

Der Bischof lebt, was Vaclav Havel in seinem berühmten Satz über die Hoffnung gesagt hat: "Hoffnung ist nicht die Überzeugung, das etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht." 

Die Menschen in den Sälen atmen weiter. Und nehmen neue Hoffnung mit nach Hause. Auch für ihre eigenen Geschichten ohne Happyend.