Was ist nach Jesu Tod am Kreuz passiert?

"Hinabgestiegen in das Reich des Todes..."

Hinabgestiegen in das Reich des Todes: Darum geht es nicht nur am Karfreitag und Karsamstag, sondern das wird auch im Apostolischen Glaubensbekenntnis gebetet. Aber "wo" war Jesus nach seinem Tod und was hat er da "gemacht"?

Autor/in:
Hannah Krewer
Grabesruhe Jesu / © Matthias Friebe (DR)
Grabesruhe Jesu / © Matthias Friebe ( DR )

Ein Blick in die biblische Tradition hilft weiter: Die hat eine ziemlich genaue Idee davon, was mit einem Menschen nach seinem Tod passiert.

"Die Idee ist, dass alle Menschen prinzipiell in der Gottesferne landen", weiß Prof. Johanna Rahner, Dogmatikprofessorin an der Universität Tübingen. "Das ist Teil der biblischen Tradition, dass der Tod eine gottlose Welt ist und alle Menschen dieses Todesschicksal erleiden." Dieser Zustand der Gottlosigkeit wird auch oft als "Hölle" bezeichnet.

Gott geht ins Gegenteil seiner selbst

"Es ist der Ort, der absolute Gottesferne bedeutet", so Rahner. "Die Idee ist dann, dass Jesus in seinem Todesschicksal auch diese Gottverlassenheit und damit die Gottesferne erträgt. Und trotzdem Gott selber in dieser Gottesferne und dieser Sphäre des Todes anwesend sein zu lassen."

Gott geht also dahin, wo man ihn am wenigsten vermuten würde. Und dafür durchlebt er selbst diesen Zustand der Gottverlassenheit. Mit Markus und Matthäus legen gleich zwei Evangelisten Jesus die Worte "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" in den Mund.

Die Toten kommen in die Anwesenheit Gottes

Aus dieser Gottverlassenheit heraus, so die Vorstellung, werden alle, die schon gestorben sind, in die Anwesenheit Gottes hineingeführt – und zwar durch Jesus Christus nach dessen Tod. Diese Anwesenheit wird gemeinhin als "Himmel" bezeichnet. Und genau das bedeute Ostern, so Rahner.

"Das Bekenntnis zu diesem Heilsgeschehen in Jesus Christus, dass der Tod selber, der Ort der Gottesferne, durch die Gottesnähe heilvoll umfangen ist. Hinabgestiegen in das Reich des Todes würde bedeuten, dass Jesus tatsächlich in die Sphäre des Todes - das ist eigentlich die Abgeschiedenheit von Gott - hineingeht, um dort noch einmal schweigend Gott zu verkündigen."

Ostern ist nicht nur pompös, sondern auch still

Und das geschieht nicht in erster Linie laut und pompös. Das vergessen wir oft, sagt Rahner, das gehe oft im lauten Osterjubel unter. Wichtig sei aber auch, die Stille und Zurückhaltung des Karfreitags und Karsamstags ernst zu nehmen.

Denn, so Rahner: Dinge brauchen Zeit. Das gelte auch für das Heilshandeln Gottes. Aus diesem Grund spricht die Bibel vom Heilshandeln Gottes am dritten Tag.

Drei Perspektiven auf ein Ereignis

Die drei Tage von Karfreitag bis Ostersonntag gehören in der Tradition der Kirche seit jeher zusammen. Rahner sieht in jedem dieser Tage einen anderen Aspekt des gleichen Geschehens.

 "Vom Karfreitag eher die Betonung des Leidens als Konsequenz von Leben, Handeln und Verkündigung Jesu. Der Karsamstag als Ruhe und "sich-Zeit-lassen", das Arbeiten an der Rettung und der Erlösung. Und das Osterbekenntnis ist das Bekenntnis dazu, dass das geschehen ist."

Was heißt das für den einzelnen Menschen?

Was passiert also nach dem Tod eines Jeden? Gott, so Rahner, lässt jedem die Wahl: "Genau in dieser Karsamstags-Passivität sehen wir die Art und Weise, wie Gott mit denen, die tatsächlich in der Gottesferne verbleiben wollen, umgeht.

Er zwingt sie nicht, er lässt ihnen ihre Freiheit und ihren Willen, aber er lässt dieses Nein dieser Menschen nicht das letzte Wort sein. Sondern er sagt zu jedem ,Nein‘ nochmal durch seine pure bloße Anwesenheit an diesem Ort der Gottesferne ein 'Ja.‘"

 

Prof. Johanna Rahner / © Friedhelm Albrecht (Universität Tübingen)
Quelle:
DR