Hilfswerke fürchten bei Spenden Einfluss der Causa Tebartz

Zwischen Franziskus und Franz-Peter

Weihnachten ist für viele Menschen nicht nur die Zeit, um Familie und Freunde zu beschenken, sondern auch für Fremde in Not zu spenden. Katholische Hilfswerke aber haben Sorgen.

Autor/in:
Annika Leister
 (DR)

In der Zeit vor Weihnachten klingelt im Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen das Telefon häufiger als gewöhnlich. Alle Anrufer haben dieselbe Frage: Wem kann ich bedenkenlos mein Geld anvertrauen?

Sechs Milliarden Euro pro Jahr, so schätzt das DZI, geben die Deutschen für den guten Zweck - "und Weihnachten ist die Hauptspendenzeit", sagt DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke. "Dann wird dreimal so viel gespendet wie im restlichen Jahr." Das ist natürlich auch den Hilfsorganisationen bewusst. Sie verschicken zur Weihnachtszeit die meisten Briefe und Spendenaufrufe, einige werben mit riesigen Plakaten. 2013 könnte ein neues Hoch-Jahr werden.

Katastrophen wie die Flut in Deutschland oder der Taifun auf den Philippinen öffnen die Portemonnaies. Laut DZI-Chef Wilke gehen etwa 75 Prozent der Spenden in soziale und humanitäre Arbeit, 25 Prozent entfallen auf andere Projekte, etwa im Bereich Tierschutz. So genau kann das aber auch er nicht sagen: Im Milliarden-Euro-Spendenbetrieb gebe es kaum statistische Erhebungen oder großangelegte Studien. "Es ist eben ein freiwilliger Bereich."

Eine Organisation ist - schon der Name belegt es - stärker an Weihnachten gebunden als andere: das kirchliche Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat. Um sich nicht gegenseitig Konkurrenz zu machen, haben die katholischen Hilfswerke ihre zentralen Spendenaktionen auf das Jahr verteilt. An Ostern etwa erhält Misereor die Kirchenkollekten und wird als Spendenziel ausgerufen.

31 Millionen Euro allein aus der Kollekte

Adveniat sammelte im vergangenen Jahr rund 45 Millionen Euro; davon stammen 31 Millionen Euro allein aus der Kollekte, die deutsche Kirchgänger an Heiligabend und am Ersten Weihnachtsfeiertag in den Klingelbeutel werfen. Mit diesem Geld unterstützt das Hilfswerk mehr als 2.000 Projekte.

Woher kommt der Drang, gerade zur Weihnachtszeit zu spenden? "Der Advent war früher mal Fastenzeit", erklärt der Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit bei Adveniat, Christian Frevel. Früher habe man sich in dieser Zeit selbst beschränkt und ganz bewusst anderer Menschen in Not gedacht. Das sei heute zwar anders: "Aber auch wenn wir uns Glühwein und Kekse um die Köpfe hauen - der Gedanke, die Zeit zu nutzen, um an andere zu denken und etwas Gutes zu tun, ist geblieben."

Doch eine Causa bereitet vor allem den kirchlichen Hilfswerken derzeit ernsthafte Sorgen: die von Franz-Peter Tebartz-van Elst und seiner Ausgabenpolitik im Bistum Limburg. Bei Misereor seien bereits eine ganze Reihe Mails und Briefe verärgerter Spender eingegangen, berichtet der Misereor-Leiter der Abteilung Spendenkontakt, Andreas Lohmann. "Es sind  großer Ärger und große Verunsicherung spünrbar." Der Grundtenor: "Fragt nicht mich nach Spenden, fragt den Bischof von Limburg!" Einen signifikanten Rückgang der Spenden habe Misereor noch nicht verzeichnen können. "Aber dafür ist es vielleicht auch noch zu früh", fürchtet Lohmann.

Angst vor dem Frust

Adveniat könnte der Frust unmittelbarer treffen. Mit einem Schreiben an alle Pfarrer versucht das Hilfswerk vorzubeugen. Es soll ausgehängt oder in der Messe verlesen werden. Darin heißt es, dass jetzt, wo besonders in Deutschland über "Armut und Reichtum" diskutiert werde, das Teilen mit den Armen "unsere stärkste Botschaft ist". Der Name des Limburger Bischofs fällt zwar nicht. Doch die Botschaft ist klar.

Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert rief am Freitag zu Spenden für Adveniat auf. Der Unmut vieler Bundesbürger über kirchliche Bauvorhaben dürfe nicht dazu führen, dass die Hilfe für die Armen aufgekündigt werde, betonte der CDU-Politiker. "Die Hilfe für die Armen verträgt keine Pause."

Hoffnung auf den Papst

Doch auch wenn die Hilfswerke mit Sorge nach Limburg blicken - mit ebenso viel Hoffnung blicken sie auf den neuen Papst nach Rom. Der war in Buenos Aires einst selbst Projektpartner von Adveniat.

"Franziskus ist die Personifizierung unserer Forderungen: Geht zu den Armen, an die Ränder der Gesellschaft!", sagt Frevel. "So viel Rückenwind wie durch ihn hatten wir noch nie!"

 

 

 

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