"Healing Rooms" in Hessen versprechen Heilung durch Gebet

Beten auf Bestellung

Jeden Donnerstag und Samstag treffen sich in den "Healing Rooms" - zu deutsch "Heilungsräume" - in Hessen bibeltreue Christen, um Krankheiten durch Gebete zu heilen.

Autor/in:
Kathrin Hedtkev
 (DR)

Laut Homepage gibt es in Deutschland über 20 Standorte der "Healing Rooms", drei davon in Hessen.

Am Gartenzaun vor dem schlichten Flachdachbau in Hanau sind neongelbe Plakate befestigt: "Yes God Can" und "Wir beten für Sie" steht da zu lesen. Drinnen fassen sich fünf Frauen und drei Männer an den Händen. Mitarbeiterin Doris Schank schließt die Augen, mit kräftiger Stimme preist sie Jesus: "Wir beten dich an!" Eine Frau mit kurzen Haaren wippt vor und zurück, sie nickt und murmelt "ja".

Das gemeinsame Gebet dient der Vorbereitung, die ehrenamtlichen Helfer bitten Gott um Kraft. Ab 19.30 Uhr trudeln nach und nach die Patienten ein. "Egal welche Krankheit - wir beten für Sie", heißt es im Prospekt. Die Patienten müssen erst einmal einen Anmeldebogen ausfüllen und im Wartezimmer Platz nehmen. Die Wände sind übersät mit kleinen grünen Zetteln. So schreibt Petra T. zum Beispiel, dass sie von ihrer Gürtelrose geheilt wurde: "Danke Jesus!" An anderer Stelle heißt es, dass nach dem Besuch in den "Healing Rooms" mehrere Tumore in der Lunge verschwunden seien.

Mit einem Klemmbrett in der Hand betritt Doris Schank den Gemeinschaftssaal, der mit weißen Engelsflügeln und dem Bild eines Sonnenaufgangs dekoriert ist. Armin sei jetzt da, sagt sie. Die 55-Jährige stellt die Teams für die Gebete zusammen, nach Möglichkeit je ein Mann und eine Frau. Irmgard und Willi begleiten den Patienten in eines von drei Zimmern. Dieser setzt sich auf einen Stuhl, erzählt von seinem Leiden. Dann legen ihm die ehrenamtlichen Helfer ihre Hände auf und beten laut für seine Genesung.

"Oft fließen Tränen, wenn die Spannung abfällt"
In der Regel dauert so eine Sitzung etwa eine halbe Stunde. "Oft fließen Tränen, wenn die Spannung abfällt", berichtet Doris Schank. Wo sonst könnten Menschen einfach hingehen und von ihren Sorgen und Nöten erzählen? Die Mitarbeiterin zeigt auf eine Spendendose auf dem Empfangstresen. Die Spende sei freiwillig, für Gebete werde kein Geld verlangt. Allerdings kosten Seminare zum Thema Heilung eine Teilnahmegebühr, außerdem wird Literatur zum Verkauf angeboten.

Gemeinsam mit ihrem Mann Helmut gründete Doris vor über fünf Jahren die "Healing Rooms" in Hanau. "Ich habe schon lange erlebt, dass Glaube und Gebet heilen können", sagt der 58-Jährige. Das höre sich vielleicht "verrückt" an, sei aber wahr. Unter anderem seien seine Nierensteine auf diese Weise verschwunden. Als die drei Kinder aus dem Haus waren, gab Helmut Schank seinen Job als Maschinenbautechniker auf. Das religiöse Paar nahm sich eine Auszeit, reiste in die USA und besichtigte dort "Healing Rooms".

Sie seien von den "enormen Heilungserfolgen" beeindruckt gewesen und hätten sich gedacht: "Das ist es", berichtet Schank. Zurück in Deutschland gründeten sie nach dem amerikanischen Vorbild ihre eigenen Heilungsräume in Hanau. Dem Dachverband mit Sitz in Spokane in USA gehörten weltweit rund 1000 "Healing Rooms" an, sagt der Leiter. Die Einrichtung verstehe sich als Teil der evangelikalen Bewegung, sie sei aber überkonfessionell: "Zu uns kann jeder kommen."

"Es ist Gott, der heilt"
Auf der Homepage des deutschen Dachverbands wird betont, dass Besucher der Heilungsräume nicht einfach ihre Medikamente absetzen oder ihre Therapien abbrechen sollen. Zudem wird hervorgehoben, dass es nicht positives Denken sei, das Heilungen bewirke: "Es ist Gott, der heilt", heißt es. Die Christen in den Heilungsräumen seien nur ein Werkzeug, damit die Kraft Gottes auf Erden wirksam sei.

Pfarrer Kai Funkschmidt von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau stellt die Möglichkeit göttlicher Heilung nicht in Frage. Dafür gebe viele biblische Traditionen. Problematisch sei aber, wenn die "Healing Rooms" auf tausende Heilungen verwiesen. "Da wird ziemlich auf die Pauke gehauen", sagt der Kirchenbeauftragte für interkonfessionelle Fragen. Damit würden Versprechungen gemacht, die so nicht gehalten werden könnten. Im Wallfahrtsort Lourdes beispielsweise habe die katholische Kirche in 150 Jahren exakt 67 medizinisch nicht erklärbare Heilungen anerkannt.