In Hamburg zieren sich die Grünen vor einem Bündnis mit der Union

Bedenken und Bedingungen

Nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg nähern sich die möglichen Regierungspartner CDU und Grüne nur vorsichtig an. Besonders die Grünen äußerten am Montag Bedenken gegen eine Zusammenarbeit mit der Union. Dagegen zeigte sich CDU-Parteivize Christian Wulff aufgeschlossen für ein "neues Modell". Die FDP reagierte pikiert. Derweil debattierte die SPD weiter über den Umgang mit der Linkspartei.

 (DR)

Laut vorläufigem amtlichen Teilergebnis erhielt die bislang allein regierende CDU am Sonntag in Hamburg 42,6 Prozent der Stimmen (2004: 47,2 Prozent) und ist nun auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die SPD konnte zulegen und erreichte 34,1 Prozent (2004: 30,5 Prozent). Die Grün-Alternative-Liste (Grüne/GAL) büßte Stimmen ein und erzielte 9,6 Prozent (2004: 12,3 Prozent). Die Linke bekam aus dem Stand heraus 6,4 Prozent. Die FDP legte zwar zu, kann aber mit 4,7 Prozent (2004: 2,8 Prozent) wiederum nicht in die Bürgerschaft einziehen.

Der Grünen-Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer sagte, in wichtigen Punkten gebe es keine inhaltliche Basis für eine Zusammenarbeit mit der CDU. Als Beispiele nannte er die Bildungs- und Energiepolitik. Man werde aber mit allen demokratischen Parteien reden.

Grünen-Bundestagsfraktionschefin Renate Künast sagte, verschiedene politische Optionen seien gut für ihre Partei. Sie verlangte für eine Koalition mit der CDU im Hamburg drei "zentrale Korrekturen" in der Politik der Hansestadt. Es gehe um eine neue Schulpolitik, um den Stopp für das geplante Kohlekraftwerk und um das Nein zur Elbvertiefung.

"Wir haben in Hamburg nicht umsonst für Rot-Grün gekämpft"
Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sagte, die Grünen müssten genau prüfen, ob es eine ausreichende inhaltliche Übereinstimmung mit der Union gebe. "Wir haben in Hamburg nicht umsonst für Rot-Grün gekämpft", sagte sie.

Niedersachsens Ministerpräsident Wulff sagte, die Bundes-CDU stehe geschlossen hinter einer möglichen schwarz-grünen Koalition in Hamburg. Bürgermeister Ole von Beust habe grünes Licht von allen in der CDU, die Koalition zu bilden, die er wolle. "Die SPD hat sich in den letzten Tagen derart falsch verhalten, dass man von Beust nicht zu einer großen Koalition drängen kann", sagte Wulff. Bei Gesprächen mit den Grünen komme es darauf an, Verkehrs-, Energie- und Wirtschaftsprojekte zu ermöglichen.

Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, sagte, bei den Grünen gebe es vernünftige Politiker, mit denen man sehr gut zusammenarbeiten könne. Als gemeinsame Themen nannte er Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Wenn die Grünen offen für die CDU seien, solle die Union um sie werben - auch mit Blick auf die Bundestagswahl 2009. "Wir müssen sehen, dass Schwarz-Gelb auf Bundesebene kaum eine Mehrheit hat", sagte Mißfelder.

FDP-Chef Guido Westerwelle reagierte befremdet auf die Hinwendung der CDU zu den Grünen. "Die Geschwindigkeit, mit der die Bundes-CDU Schwarz-Grün gutheißt, ist atemberaubend", sagte er.

Kritik an Beck
Mainzer Parteienforscher Jürgen Falter sagte, er rechne mit einer großen Koalition in Hamburg. Zwar seien die Parteispitzen einem schwarz-grünen Bündnis nicht abgeneigt, aber die Basis werde dies wohl nicht billigen.

Die nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft sagte, wenn es in Hamburg zu einem Bündnis von CDU und Grünen komme, werde die FDP in Hessen wohl neu über eine Koalition mit SPD und Grünen nachdenken. Sie glaube nicht, dass die Debatte über den Umgang mit der Linkspartei großen Einfluss auf das Ergebnis der SPD in Hamburg gehabt habe. "Das, was letzte Woche diskutiert wurde, war sicherlich unglücklich. Aber das kann jedem Politiker passieren", sagte sie zu der Debatte um eine mögliche Wahl der hessischen SPD-Vorsitzenden Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin mit Hilfe der Linkspartei. Über Bündnisse mit der Linkspartei solle auch im Westen auf Länderebene entscheiden werden.

Die "Bild"-Zeitung (Montagausgabe) berichtete, SPD-Chef Kurt Beck habe im Zusammenhang mit der Diskussion über die Regierungsbildung in Hessen einen "schwerwiegenden Fehler" eingeräumt. Bei einer Telefon-Schaltkonferenz am frühen Sonntagabend habe Beck gesagt, er übernehme dafür die volle Verantwortung, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Teilnehmer. Parteifunktionäre hätten zuvor kritisiert, die Diskussion über das Verhältnis zur Linkspartei habe bei der Wahl in Hamburg drei Prozent der Stimmen gekostet.