Patriarch gegen Umwandlung in Moschee

Hagia Sophia "gehört der ganzen Menschheit"

Am 15. Juli könnte es so weit sein: Die Hagia Sophia soll eine Moschee werden. Das würde „Millionen Christen in aller Welt enttäuschen“, so der ökumenische Patriarch von Konstantinopel zur Umwidmung der Kathedrale seiner Vorgänger.

Blick in den Innenraum der Hagia Sophia in Instanbul / © Tatiana Popova (shutterstock)
Blick in den Innenraum der Hagia Sophia in Instanbul / © Tatiana Popova ( shutterstock )

Der orthodoxe Ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios I. hat sich erneut öffentlich gegen die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee ausgesprochen. Die Hagia Sophia sei eines der bedeutendsten Baudenkmäler der menschlichen Zivilisation und gehöre nicht bloß ihren unmittelbaren Eignern, sondern „der gesamten Menschheit“, sagte der Patriarch am Dienstag bei einem Gottesdienst in der Apostelkirche im Istanbuler Stadtteil Feriköy.

Das türkische Volk trage die Verantwortung, diese Universalität hervorzuheben, so Bartholomaios laut seinem vom Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel veröffentlichten Predigttext.

"Ort und Symbol von Begegnung"

Seit 1934 hat die Hagia Sophia den Status eines Museums. Als solches könne sie als „Ort und Symbol von Begegnung, Dialog und friedlichem Zusammenleben der Völker und Kulturen, des gegenseitigen Verständnisses und der Solidarität zwischen Christentum und Islam“ fungieren, betonte Bartholomaios. Eine Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee hingegen würde „Millionen Christen in aller Welt enttäuschen“ und zu Brüchen führen.

Dies genau in einer Zeit, so der Patriarch, „in der die geplagte und leidende Menschheit aufgrund der tödlichen Pandemie des neuen Coronavirus Einheit und gemeinsame Orientierung braucht“.

Auch griechisch-orthodoxe Kirche in Deutschland besorgt

Der Erzpriester der griechisch-orthodoxen Metropolie in Deutschland, Constantin Miron, befürchtet, dass die türkische Justiz unter Präsident Recep Tayyip Erdogan nicht mehr unabhängig sei, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Bei so einer emotionalen, populistisch aufgeladenen Frage könnte der Druck zu groß sein und die Moschee-Bewegung Grünes Licht bekommen.“

Aus Sicht Mirons verfolgt der streng islamische Staatschef damit vor allem populistische Motive: „Das Ganze ist reine Symbolpolitik. Istanbul hat Hunderte Moscheen, auch viele sehr repräsentative.

Bedarf besteht also nicht.“ Erdogan wolle aber „seine nationalistischen und konservativ-islamischen Wähler bei der Stange halten“. Der Staatspräsident wolle das laizistische System von Staatsgründer Kemal Atatürk „endgültig beerdigen“ und eine Re-Islamisierug vorantreiben, so Miron weiter. „Wie könnte er das besser demonstrieren, als wenn er die Hagia Sophia, die Atatürk 1934 zum Museum erklärte, wieder zu einer Moschee macht?“

Entscheidung am Donnerstag

Am Donnerstag soll das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei über den künftigen Status des weltbekannten Gebäudes in der Metropole am Bosporus entscheiden. Die im sechsten Jahrhundert erbaute Hagia Sophia, damals die größte Kirche der Welt, wandelten die Osmanen nach der Eroberung Konstantinopels (heute Istanbul) 1453 in eine Moschee um. Unter dem Republikgründer Mustafa Kemal („Atatürk“) wurde sie 1934 zum Museum erklärt.

Die türkische Denkmalschutzvereinigung scheiterte in den vergangenen Jahren immer wieder mit Anträgen auf Rückverwandlung des Baus in ein islamisches Gotteshaus. Zuletzt setzte sich Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan an die Spitze der Moscheebewegung und forcierte in den vergangenen Wochen das Vorhaben.

Sollte das Verwaltungsgericht am Donnerstag den Weg freimachen, könnte die Umwidmung der Hagia Sophia zur Moschee schon am 15. Juli umgesetzt sein. Eine entsprechende Weisung Erdogans soll bereits vorliegen.


Blick auf die Hagia Sophia in Istanbul / © AlexAnton (shutterstock)
Blick auf die Hagia Sophia in Istanbul / © AlexAnton ( shutterstock )

Bartholomaios I. mit einem Mikrofon in der Hand / © Sascha Baumann (KNA)
Bartholomaios I. mit einem Mikrofon in der Hand / © Sascha Baumann ( KNA )
Quelle:
KNA