Gründerin der Krebshilfe hat Thema aus der Tabuzone geholt

An der Seite der Erkrankten

Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 510.000 Menschen an Krebs. Unter dem Motto "Helfen. Forschen. Informieren" hilft die Deutsche Krebshilfe seit 50 Jahren den Patienten Herausforderungen durch die Krankheit besser zu bewältigen.

Autor/in:
Christiane Laudage
Schild am Sitz der Deutschen Krebshilfe in Bonn / © Angelika Prauss (KNA)
Schild am Sitz der Deutschen Krebshilfe in Bonn / © Angelika Prauss ( KNA )

Nach einem Memorandum der Deutschen Krebshilfe und des Deutschen Krebsforschungszentrums zur Krebs-Präventionsforschung in Deutschland vom Oktober 2023 wird die Zahl ihrer Voraussicht nach bis zum Jahr 2030 auf rund 600.000 Erkrankte steigen. Das muss sie aber nicht. Denn vermeidbare Risikofaktoren wie Alkoholkonsum, Rauchen oder eine falsche Ernährung verursachen in Deutschland rund 40 Prozent aller neu auftretenden Krebserkrankungen, heißt es in der Erklärung.

Die gute Nachricht: Durch einen entsprechenden Lebenswandel kann man das eigene Risiko vermindern. Es empfiehlt sich auch, die Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Denn durch eine frühe Diagnose können die Heilungschancen verbessert werden. Kam vor 50 Jahren die Diagnose Krebs noch einem Todesurteil gleich, so können nach Angaben der Deutschen Krebshilfe heute etwa die Hälfte aller erwachsenen Krebspatienten geheilt werden. Bei jungen Menschen sind die Zahlen sogar noch besser: Vier von fünf Kindern können heute geheilt werden, so die Krebshilfe.

Ärztin Mildred Scheel war charismatische Gründungsfigur

In diesem Jahr feiert die Deutsche Krebshilfe ihr 50-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass hat die Autorin Heike Specht ein Buch geschrieben: "Im Mittelpunkt der Mensch. 50 Jahre Deutsche Krebshilfe". Sie würdigt besonders die charismatische Gründungsfigur, die Ärztin Mildred Scheel (1931-1985), die Ehefrau des damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel. "Für mich ist die Geschichte der Deutschen Krebshilfe eine umwerfende Mutmachgeschichte, nicht nur, wenn man sich die Organisation als solche ansieht, sondern vor allem auch, wenn man die vielen kleinen, individuellen Geschichten und Schicksale, aus denen sie sich zusammensetzt, in den Blick nimmt", so Specht.

Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchung (dpa)
Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchung / ( dpa )

Am 25. September 1974 wurde in Bonn unter Federführung von Mildred Scheel die Deutsche Krebshilfe gegründet. Allen Beteiligten war klar, so Specht, dass erst einmal Aufklärungsarbeit geleistet werden müsse. Zu dem Zeitpunkt glaubten noch viele Menschen, Krebs sei ansteckend; und weil die Krankheit unheilbar sei, bräuchte man sich nicht um Vorsorge zu kümmern. Ein weiteres Ziel neben dem Ausbau der Vorsorge war es, die Krebsforschung in Deutschland auf die Höhe der Zeit zu bringen sowie den erkrankten Menschen beizustehen.

Finanzierung auf Spendenbasis

Die neue Organisation traf auf ein unglaubliches Echo. Bereits nach 15 Monaten waren rund fünf Millionen Mark an Spenden eingegangen. Bis heute finanziert sich die Deutsche Krebshilfe nach eigenen Angaben ausschließlich durch Spenden aus der Bevölkerung. 2022 verzeichnete die Deutsche Krebshilfe nach ihrem Geschäftsbericht 165 Millionen Euro an Einnahmen. 96 Millionen Euro erhielt die Stiftung aus Nachlässen. Über 344.000 Privatpersonen und mehr als 6.300 Unternehmen unterstützten sie mit insgesamt 35 Millionen Euro. Die Krebshilfe nimmt nach eigenen Angaben keine Spenden aus der Pharmaindustrie an.

Ärztin im Gespräch mit Patientin / © fizkes (shutterstock)
Ärztin im Gespräch mit Patientin / © fizkes ( shutterstock )

Die Krebshilfe finanzierte mit zehn Millionen Mark die ersten vier Tumorzentren in der Bundesrepublik. Diese standen für einen Paradigmenwechsel. Verschiedene Mediziner arbeiteten dort bei der Behandlung zum ersten Mal fachübergreifend zusammen - statt, wie sonst üblich, jeder für sich. Ebenso richtete die Krebshilfe 1983 die erste Palliativstation in Köln ein, wo Erkrankte in Ruhe und Würde ihre letzten Tage verbringen konnten. Außerdem unterstützte die Krebshilfe schon früh Selbsthilfegruppen.

Außerdem legte die Krebshilfe einen Fonds auf, um Erkrankten in materieller Not zu helfen. Seit der Einrichtung des Fonds 1976 sind rund 140 Millionen Euro für krebskranke Menschen und ihre Familien aufgebracht worden.

Über 5000 Forschungsprojekte seit Gründung 

Mildred Scheel starb am 13. Mai 1985 an Krebs. Heike Specht nennt sie eine "echte Visionärin". Scheel habe es mit der Deutschen Krebshilfe geschafft, "die Art und Weise, wie in Deutschland über Leben und Tod, über Gesundheit und Krankheit gedacht, gefühlt und gesprochen wurde, dauerhaft zu verändern".

Die Deutsche Krebshilfe hat den Tod ihrer charismatischen Gründerin überlebt und arbeitet weiter. Sie ist nach eigenen Angaben der wichtigste private Geldgeber auf dem Gebiet der Krebsforschung in Deutschland. Im Geschäftsjahr 2022 hat sie Fördermittel in Höhe von 73,3 Millionen Euro für die Grundlagenforschung, die klinische Krebsforschung und die Versorgungsforschung bereitgestellt. Laut ihrem Geschäftsbericht hat sie 124 neue Projekte in dem Jahr auf den Weg gebracht - insgesamt knapp 5.000 seit der Gründung im Jahr 1974.

WHO: Vier von zehn Krebserkrankungen vermeidbar

2018 starben nach WHO-Angaben 9,6 Millionen Menschen an Krebs. Vor allem in den armen Ländern sei laut WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus eine erhebliche Ausweitung der Krebserkrankungen zu erwarten. Diese Staaten konzentrierten ihre beschränkten Mittel auf die Bekämpfung infektiöser Krankheiten wie Malaria und die Verbesserung der Mütter- und Kindergesundheit.

Weniger als 15 Prozent dieser Länder, etwa in Afrika oder Südasien, verfügten über die nötige medizinische Infrastruktur, um Krebspatienten zu behandeln.

Eine Frau hält eine rosa Schleife als Symbol für Solidarität mit an Brustkrebs erkrankten Menschen in den Händen / © ShutterOK (shutterstock)
Eine Frau hält eine rosa Schleife als Symbol für Solidarität mit an Brustkrebs erkrankten Menschen in den Händen / © ShutterOK ( shutterstock )
Quelle:
KNA