Grönlands Bischöfin zu Gast beim Lutherischen Weltbund

"Sind keine Herrscher über die Natur"

Nicht nur das Ewige Eis schmilzt auf Grönland. Auch die Kirchenbindung junger Grönländer. Paneeraq Munk, die Bischöfin, Beamtin der dänischen Staatskirche, setzt beim Lutherischen Weltbund auf Gespräche – und verordnet frische Luft.

Autor/in:
Benjamin Lassiwe
Symbolbild Grönland / © Beata Tabak (shutterstock)

"Unser Eis schmilzt", sagt Paneeraq Munk. "Der Permafrost-Boden taut; es wird immer öfter feucht und neblig." Die Bilder, die die Bischöfin von Grönland von ihrer Heimat zeichnet, sind erschreckend. Entlang der tiefen Fjorde des Landes tauen die Berghänge auf. Es gebe Felsstürze. Zum Beispiel in der Region Uumanaq am Karat-Fjord: Hier sorgte der Klimwandel vor einigen Jahren für eine der größten Katastrophen in der Geschichte Grönlands. Große Felsmengen rauschten in den Fjord, ein Tsunami entstand. Mehrere Menschen starben; zwei Siedlungen wurden unbewohnbar.

Paneeraq Munk, Bischöfin von Grönland / © Benjamin Lassiwe (KNA)
Paneeraq Munk, Bischöfin von Grönland / © Benjamin Lassiwe ( KNA )

Bewahrung der Schöpfung 

"Politisch möchte ich eher zurückhaltend sein", sagt Munk. Die Bischöfin ist Staatsbeamtin; so wie in Dänemark untersteht auch auf Grönland die Volkskirche der autonomen Regierung des Landes. "Aber als Theologin muss ich sagen: Gott gab den Menschen eine Verantwortung dafür, die Schöpfung zu bewahren." 

Die Menschen dürften sich nicht als Herrscher über die Natur fühlen. "Wir sind nur ein kleiner Teil von ihr und stehen nicht im Zentrum."Die traditionelle Lebensweise der Inuit passe da besser, sagt die Theologin. "Es geht darum, der Natur nicht mehr zu entnehmen, als man selbst verbraucht." Auch das habe mit der Bewahrung der Schöpfung zu tun.

Fast alle Grönländer sind Kirchenmitglied

In diesen Tagen ist Munk zu Gast im polnischen Krakau. Sie vertritt ihre Kirche bei der Vollversammlung des Lutherischen Weltbunds. Und was sie über die Kirche auf Grönland sagen kann, würde wohl manchen deutschen Bischof neidisch machen: Noch immer gehören 94 Prozent der Bevölkerung der Kirche an. Selbst in kleinsten Siedlungen gibt es Kirchengebäude. "Und da, wo wir keinen Pfarrer oder Katecheten haben, versenden wir Lesepredigten an ehrenamtliche Gemeindeglieder, die dann am Sonntag den Gottesdienst leiten und diese Predigten verlesen."

Andere Ausdrucksformen für den Glauben 

Voll allerdings sind auch auf Grönland nicht mehr alle Kirchen. Ähnlich wie in anderen Ländern erleben auch die Lutheraner auf Grönland, dass junge Menschen das Interesse an der Kirche verlieren. "Ich merke im Gespräch, dass sie sich andere Ausdrucksformen für ihren Glauben wünschen als die traditionellen", sagt Munk. "Meine Aufgabe als Bischöfin ist es, die Pfarrer zu bitten, Veranstaltungen für die jungen Leute zu organisieren."

In Orten mit weitergehenden Schulen gibt es deshalb Gottesdienste, die auch einen Gesprächsteil haben. Statt einer Predigt etwa über den Heiligen Geist gibt es dann ein Gespräch darüber. "Davon können auch wir Pfarrer oft noch einiges lernen", sagt die Bischöfin. Neu eingeführt wurden in manchen Orten auch Freiluftgottesdienste, auf die man wegen des grönländischen Wetters bislang verzichtet hatte. Die seien ausgesprochen beliebt, so die Bischöfin.

Umgang mit Indigenen 

Ein wichtiges Thema für die Theologin ist auch der Umgang mit indigenen Bevölkerungsgruppen. Denn auch sie selbst ist eine Inuit, so wie die große Mehrheit der grönländischen Bevölkerung. Offiziell werden die Grönländer im heutigen Dänemark respektiert, sagt Munk. "Aber auch bei uns gibt es Menschen, die in der Gesellschaft marginalisiert sind und sich nicht ordentlich behandelt fühlen."

Mehrheiten müssten stets darauf achten, Minderheiten nicht aus dem gesellschaftlichen Leben auszuschließen. "Gestern war ich mit den Delegierten des Lutherischen Weltbunds zu Besuch in Auschwitz", sagt die grönländische Bischöfin. "Da wurde ich daran erinnert, wie wichtig es ist, dass wir einander nicht aufgrund von Rasse, Alter, Geschlecht und Religion gegenseitig ausschließen."

Lutherischer Weltbund (LWB)

Der Lutherische Weltbund (LWB) ist eine weltweite Gemeinschaft evangelischer Kirchen. Ihr gehören rund 75 Millionen Christen in knapp 100 Staaten an. Der LWB hat ebenso wie der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) seinen Sitz in Genf.

Martin Luther Denkmal auf dem Marktplatz in Wittenberg / © Martin Jehnichen (KNA)
Martin Luther Denkmal auf dem Marktplatz in Wittenberg / © Martin Jehnichen ( KNA )
Quelle:
KNA