Griechenland will deutsches Staatseigentum pfänden

Die Schuld ist nicht vergessen

Griechenland droht, deutsches Staatseigentum zu beschlagnahmen – als Ausgleich für Nazi-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Die Frage nach der Schuld ist komplex.

Griechenland (dpa)
Griechenland / ( dpa )

Griechenland steuert auf die Staatspleite zu sieht sich von den europäischen Geldgebern unter Druck gesetzt. Da stieß die Forderung Griechenlands nach Reparationszahlungen in Deutschland auf großen Widerstand: Athen wolle nur mit unsinnigen Forderungen seinen Haushalt sanieren, hieß es. Doch es steckt mehr dahinter.

Nicht viel zu pfänden

Griechenland droht, Eigentum der Bundesrepublik Deutschland zu pfänden. So viel davon gibt es nicht, sagt Jörg Häntschzel, er ist Schatzmeister der evangelischen Kirche deutscher Sprache in Griechenland: "Das sind nur einige wenige Gebäude in ganz Griechenland, zum Beispiel das Goethe-Institut." Das träfe dann aber die Falschen: "Leidtragende wären die Nutzer, die beim Goethe-Institut zum Beispiel deutsche Sprachkurse besuchen wollen."

Die Bundesregierung lehnt solche Forderungen ab: Sie argumentiert, Deutschland habe Ende der 1950er Jahre Globalentschädigungsabkommen mit zwölf westlichen Ländern vereinbart, dabei gab es 1960 einen Vertrag mit Athen. Der deutsche Botschafter in Athen hält es auch nicht für wahrscheinlich, dass es wirklich Beschlagnahmungen geben wird. Es hält das eher für Säbelrasseln der Regierung.

Unrecht während des Nationalsozialismus

Bei der historischen Grundlage der Forderungen betont Jörg Häntschzel, dass man differenzieren müsse: "Es sind in der Zeit des Nationalsozialismus zwei Dörfer dem Erdboden gleich gemacht worden. In dem einen Bergdorf, Kalavryta, ist auf Nazi-Befehl eine Schule mit eingeschlossenen Kindern angezündet worden." Dieses Unrecht sei in Deutschland nicht so bekannt wie in Griechenland. Hier kenne man Unrecht der Nazi-Zeit aus anderen Gegenden. In Griechenland sei das aber noch fest im Gedächtnis verankert: "Aber wieso das jetzt auf einmal wieder aufkommt, lässt sich wohl nur mit der aktuellen politischen Situation erklären."

Ein anderer Aspekt seien deutsche Zwangsanleihen aus der Nazi-Zeit: "Sie haben sich das Gold der Griechen geliehen - und da geht es jetzt um die Rückforderung, dass Griechenland dieses Geld jetzt wieder zurückhaben möchte." Durch die genaue Dokumentation der Nationalsozialisten könne man das auch heute noch gut nachvollziehen. Das seien aber keine Reparationszahlungen. Es gibt Stimmen, die es in der Frage der Zwangsanleihen für durchaus denkbar halten, dass noch berechtigte Forderungen auf den deutschen Staat zukommen.

"Eine Regierung, die kämpft"

Obwohl Jörg Häntschzel sich für Verständigung zwischen Griechenland und Deutschland einsetzen möchte und er mögliche Zahlungen auch mit seinen eigenen Steuerzahlungen unterstützen würde, findet er die Haltung der griechischen Regierung gut: "Griechenland hat zum ersten Mal eine Regierung, die für das Land kämpft, die sich für das Land einsetzt." Trotzdem sei die Strategie der Regierung gefährlich: "Sie hat die Chance, als Helden in die griechische Geschichte einzugehen, sie können aber auch den Heldentod sterben."


Quelle:
DR