Gottesdienstbesucher sollen mit geschenktem Geld arbeiten

Die wunderbare fünf-Euro-Vermehrung?

Ein Sozialexperiment läuft zurzeit in der Walpurgisgemeinde im sauerländischen Menden. Gottesdienstbesucher haben fünf Euro geschenkt bekommen. Das Geld sollen sie bis Erntedank vervielfachen, um die Caritas-Arbeit zu unterstützen.

Fünf Euro Schein / © Federico Gambarini (dpa)
Fünf Euro Schein / © Federico Gambarini ( dpa )

domradio.de: Warum verschenken Sie fünf Euro an die Gottesdienstbesucher? Ist das eine neue Werbemaßnahme?

Markus Kemper (Pfarrgemeinderatsvorsitzender in Menden, Erzbistum Paderborn): Nein, das sollte nicht unbedingt eine Werbemaßnahme sein, um "neue Kundenstämme zu akquirieren", sondern uns geht es darum, im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit, das Papst Franziskus ausgerufen hat, auf möglichst kreative Art und Weise mit den Begriffen Barmherzigkeit und Nächstenliebe umzugehen. In einer Art Sozialexperiment versuchen wir herauszufinden, ob Menschen auch bereit sind, ihre Talente, ihre Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten gewinnbringend einzusetzen.

domradio.de: Wie geht denn dieses Sozialexperiment? Sie verteilen fünf Euro an die Menschen und dann?

Kemper: Wir haben insgesamt 1.000 Euro von einer Privatperson für dieses Experiment zur Verfügung bestellt bekommen. Das ist also nicht aus irgendwelchen Kollekteneinnahmen entnommen und wir stellen jetzt für einen Zeitraum von vier Wochen jeweils angelegt an das biblische Gleichnis von den Talenten den einzelnen Gemeindemitgliedern, die daran teilnehmen möchten, fünf Euro mit der Bitte zur Verfügung, diese möglichst kreativ in irgendeiner Form zu vervielfältigen. Das heißt, z.B. Obst zu kaufen, Marmelade zu kochen und diese Marmelade im Freundes- und Verwandtenkreis gegen eine Spende abzugeben oder zu verkaufen. Das andere könnte sein, wenn man Freunde zum Fußballgucken am Wochenende einlädt, die Flasche Bier gegen eine Spende abzugeben oder, was ich selber versuchen werde, einen Kuchen zu backen und den Kuchen nur gegen eine Spende abzugeben. Theoretisch müssten sich ja diese fünf Euro in irgendeiner Form vervielfältigen und mehr dabei rauskommen. 

domradio.de: In dem Gottesdienst haben Sie die Aktion auch erklärt und nicht einfach nur die fünf Euro verteilt, wie haben die Leute darauf reagiert?

Kemper: Gemischt. Es gab schon im Vorfeld ganz unterschiedliche Reaktionen, Kritik hat es natürlich auch gegeben: wie könnten wir nur Geld verschenken, das wäre unmöglich, aber viele sind auch gespannt darauf und lassen sich gerne darauf ein. Es kann sein, dass einige Personen dieses Geld mitgenommen haben und wir es nicht zurückbekommen. Wir gehen aber fest davon aus, dass das, was wir zurückbekommen werden, zumindest diese Verluste ausgleicht und die Personen, die es freiwillig angenommen haben, sich auch schon konkrete Überlegungen gemacht haben, was sie dann zum Beispiel mit dem Geld veranstalten.

domradio.de: Um Erntedank gibt es dann eine besondere Sammlung für die vermehrten fünf Euro?

Kemper: Genau, Erntedank ist ja dann auch ein passendes Fest, wir laden in einen besonderen Gottesdienst zu Erntedank ein, noch einmal zusammenzukommen und die Früchte der Arbeit, die eigenen Erträge auch wieder mitzubringen. Die Erträge werden vor der Messe eingesammelt und während der Messe gezählt, so dass wir am Ende allen Anwesenden das gute Ergebnis hoffentlich verkünden können.

domradio.de: Sind es fünf Euro wegen der fünf Laibe Brot bei der Brotvermehrung am See Genezareth?

Kemper: Unter anderem. Das wäre natürlich eine schöne symbolische Zahl. Wir haben diese fünf Euro einfach als eine Zahl genommen. Ein fünf Euro-Schein ist sehr handlich, besser als Münzgeld zu nehmen und natürlich sind 1.000 Euro auf fünf Euro aufgeteilt schon mal 200 mögliche Teilnehmer, bei zehn Euro hätten Sie natürlich weniger Möglichkeiten gehabt, Personen an der Aktion zu beteiligen.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR