Gottesdienst in Deutschlands höchster Kirche

Dem Himmel ganz nah

Kein Gotteshaus in Deutschland ist dem Himmel so nah wie die Kapelle "Mariä Heimsuchung" auf der Zugspitze. Auf 2.600 Metern wird sonntags Messe gefeiert. Es ist nicht nur ein touristisches, sondern auch ein spirituelles Erlebnis.

Autor/in:
Renardo Schlegelmilch
Kapelle Mariä Heimsuchung auf der Zugspitze / © Mustafa Kurnaz (shutterstock)
Kapelle Mariä Heimsuchung auf der Zugspitze / © Mustafa Kurnaz ( shutterstock )

Wenn am Sonntagmittag um kurz vor 12 Uhr die Glocke der Kapelle "Mariä Heimsuchung" zum Gottesdienst ruft, gibt es im ganzen Land keine Messe, die dem Himmel näher ist. Auf 2.600 Metern liegt die Zugspitzkapelle und ist damit das höchste Gotteshaus Deutschlands. Es ist eine kleine, aus Steinen gebaute Kirche, nur mit fünf oder sechs schmalen Sitzreihen und einem spitzen Holzdach.

Militärpfarrer Jörg Plümper / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Militärpfarrer Jörg Plümper / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Steht man vor der Kirche, erstreckt sich links das atemberaubende Panorama der Alpengipfel, rechts sind noch die letzten Reste von Schnee und Eis zu finden, wo selbst im Sommer ein wenig gerodelt werden kann. Der katholische Gottesdienst wird an diesem Sonntag von Pfarrer Jörg Plümper gefeiert. "Man fühlt sich Gott näher. Es ist noch mal eine andere Erfahrung."

Von Hause aus ist er Militärseelsorger in Bad Reichenhall und bereitet sich gerade auf den nächsten Auslandseinsatz vor. Der Gottesdienst auf Deutschlands höchstem Gipfel bedeutet auch für ihn eine Auszeit vom Alltag – obwohl der Sonntag für den Pfarrer ja eigentlich ein Arbeitstag ist. “Für mich selber ist es wie jeder Bergausflug. Eine Auszeit vom Normalen", sagt Plümper. Für ihn eine Chance, "Gott näher zu kommen".

Kommt man Gott näher?

Das ist dabei ausnahmsweise nicht im übertragenen Sinne gemeint. Mehr als zweieinhalb Kilometer über dem Rest des Landes feiern wir heute Messe. Musikalisch hat sich Pfarrer Plümper auf das Alpenpanorama eingestellt und einen Akkordeonspieler mitgebracht. Wenn dann in der Messe die Rede von Hosanna in der Höhe ist, hört man das doch mit etwas anderen Ohren als auf Meeresniveau. "Auch beim Gloria“ gesteht der Priester. "Ehre sei Gott in der Höhe.“

Gottesdienst auf der Zugspitze / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Gottesdienst auf der Zugspitze / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Ein Ausnahmeerlebnis ist die höchste Messe Deutschlands aber nicht nur für den Pfarrer, sondern natürlich auch für die Touristen. Die wenigsten erklimmen zu Fuß den Berg, die meisten kommen mit der Gondel oder der Zugspitzbahn hoch. Wer kommt, das sei immer eine Überraschung, die man erst vor Ort bekommt, so Pfarrer Plümper: "Es ist immer auch ein Roulettespiel. Ich habe schon mal mit drei Leuten gefeiert, aber auch schon mit über 40. Man muss immer schauen, was die Leute anspricht. Selbst wenn sie aus unterschiedlichen Städten, Ländern und Nationen kommen, ist es noch mal eine andere Berührung. Man wird offener.“

Gotteshaus mit Geschichte

Altarbild der Zugspitzkapelle / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Altarbild der Zugspitzkapelle / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Die Idee für die Zugspitzkapelle ist dabei schon fast hundert Jahre alt. Im Jahr 1930 wurde die bayerische Zugspitzbahn in Betrieb genommen, die Touristen in einer anderthalbstündigen Fahrt per Zahnradbahn von Garmisch-Partenkirchen aufs Zugspitzblatt bringt. Damals versprach der Münchner Erzbischof Michael von Faulhaber, dass oben am Ziel jeden Sonn- und Feiertag Gottesdienst gefeiert werden soll. Bis der Grundstein für die Kapelle gelegt werden konnte, vergingen dann allerdings doch noch einmal 50 Jahre.

Die Kapelle wurde von einer Privatfamilie gestiftet, die gesagt hat, am höchsten Punkt solle nicht nur ein Gipfelkreuz stehen, sondern auch eine Kapelle.

Eingeweiht vom späteren Papst

Eingeweiht wurde die Kapelle "Mariä Heimsuchung“ dann 1981 vom damaligen Münchner Erzbischof und späteren Papst Joseph Ratzinger. Verändert hat sich am Äußeren der kleinen Bergkapelle in diesen guten 40 Jahren nicht viel. Das Innere ist dafür allerdings inzwischen ökumenisch geworden.

Mariä Heimsuchung - Kapelle auf der Zugspitze / © Renardo Schlegelmilch (DR)
Mariä Heimsuchung - Kapelle auf der Zugspitze / © Renardo Schlegelmilch ( DR )

Obwohl die Kapelle katholisch verwaltet wird, gibt es neben der Sonntagsmesse auch jeden Dienstag einen evangelischen Gottesdienst. Die Zeiten ändern sich. Das merkt man auch am großen Gletscher direkt neben der Kapelle, von dem heute nicht mehr viel übrig ist. Experten geben ihm noch maximal zehn Jahre. Da wird die Kapelle sicher noch länger durchhalten.

Vielleicht kann solch ein Trip auf den höchsten Punkt Deutschlands aber auch für die Besucher noch mal ein neues Bewusstsein für die Schöpfung bringen. Das hofft auch Pfarrer Plümper. "Wenn man auf einmal sieht, wie klein die Punkte werden, die die Menschen in dieser Natur und Schöpfung eigentlich sind, dann spielt Gott auf einmal wieder eine Rolle. "

Quelle:
DR