Bibelanstalt feiert Pfingsten im Onlinegame "Minecraft"

Gottesdienst in Bauklotzoptik

Bauen, basteln, beten - keine alltägliche Kombination im beliebten Computerspiel "Minecraft". Für die Cansteinsche Bibelanstalt in Berlin ist ein "Minecraft"-Gottesdienst in Zeiten von Corona Chance und Experiment.

Autor/in:
Lisa Konstantinidis
Ein Junge spielt auf einem Ipad das Open-World-Computerspiel Minecraft / © Georg Wendt (dpa)
Ein Junge spielt auf einem Ipad das Open-World-Computerspiel Minecraft / © Georg Wendt ( dpa )

Gottesdienst "to go", Andacht an der Wäscheleine oder gestreamte Messen: Viele kirchliche Einrichtungen sind in Zeiten von Corona kreativ geworden und haben nach Wegen gesucht, das religiöse Leben trotz großer Einschränkungen aufrechtzuerhalten. In Berlin setzt die Cansteinsche Bibelanstalt auf Gottesdienste im beliebten Computerspiel "Minecraft".

In dem Rollenspiel erschaffen die Spieler ihre eigene Welt nach einem virtuellen Legosteinprinzip. Nach einem "Minecraft"-Gottesdienst zu Ostern wird am Pfingstsonntag das nächste religiöse Fest in der Spielwelt gefeiert.

"Minecraft" für viele das Lieblingsspiel

"Letztlich geht es bei Gottesdiensten darum, Menschen und Gott zu begegnen. Und das geschieht in der Welt, in der man sich aufhält", erklärt Mareike Witt, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Cansteinschen Bibelanstalt. Die Zielgruppe der "Minecraft"-Gottesdienste: vor allem Kinder und Jugendliche. "30 Prozent der Jugendlichen sagen, dass 'Minecraft' ihr Lieblingsspiel ist, das heißt, für viele Jugendliche ist dieses Spiel die normale Erfahrungswelt. Hier halten sie sich auf, hier treffen sie ihre Freunde, hier besprechen sie ihre Sorgen", so Witt. Die Begegnung mit Gott und der Gemeinde in der virtuellen Spielwelt zu ermöglichen, sei daher ein "logischer Schritt".

"Minecraft" gehörte bereits vor der Corona-Pandemie zum Instrumentarium der Berliner Bibelanstalt - und hat sich bewährt, wie der Theologiestudent Spiridon Mavrias betont. Er betreut das Bibelkabinett, das interaktive Bibelmuseum der Bibelanstalt. Dort fasziniert ein Buch vor allem junge Besucher: die Minecraft-Bibel. Eine Schulklasse aus Neukölln setzte die Idee der virtuellen Bibelarbeit in "Minecraft" zuerst um und baute im Spiel die Schöpfungsgeschichte nach.

Eselrennen durch Jerusalem

Der Sprung von der "Minecraft"-Bibelarbeit hin zum Online-Gottesdienst in virtueller Bauklotzoptik lohnt sich Mavrias zufolge gerade wegen der Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme der Spieler. So gab es für die Besucher des Ostergottesdienstes in der virtuellen Kirche etwa einen Kreuzweg mit verschiedenen Stationen, ein Eselrennen durch Jerusalem und eine gemeinsame Bauaufgabe. Auch an Pfingsten sollen die Gottesdienstbesucher wieder selbst aktiv werden.

Gespielt wird auf einer Karte, die das antike Israel im Maßstab 1:72 darstellt. "Minecraft"-Spieler, die Zeit und Lust haben, können so auch antike Orte besuchen. "Das Gute bei Minecraft ist: Es ist eine große 'open source community', das heißt, viele Sachen werden schon öffentlich und kostenlos angeboten", sagt der Theologiestudent. So wie die Israel-Karte oder auch der Nachbau der Schelfkirche in Schwerin, die von der Bibelanstalt für Gottesdienste genutzt wird.

Was am virtuellen Gotteshaus noch nicht passt, wird von einem zehnköpfigen Team der Bibelanstalt und Ehrenamtlichen für den Anlass aktualisiert. "Einiges musste zum Gottesdienst für Ostern nachjustiert werden. Es müssen nicht immer Christen sein, die Kirchen bauen, sondern es sind auch Leute, die einfach Lust haben, kirchliche Architektur zu bauen", erklärt Mavrias.

Fürbitten auf virtuellen Schildern

Der "Minecraft"-Gottesdienst soll sich an den Funktionen der liturgischen Elemente eines normalen Gottesdienstes orientieren. Dabei funktionieren in der Spielwelt manche Elemente besser als andere, wie Mareike Witt betont. Singen als Form des Gotteslobes etwa sei nur schwer übertragbar auf das Spiel. Gebete sprechen, Fürbitten auf virtuelle Schilder schreiben oder eine gemeinsame kreative Bauaufgabe als Teil eines Kirchencafes nach dem Gottesdienst seien hingegen gut umzusetzen.

Am Pfingstsonntag soll die spielbare "Minecraft"-Landschaft auf dem Server der Bibelanstalt vor allem bunt werden: "An Pfingsten wollen wir mit 'Minecraft' versuchen zu illustrieren, dass der Heilige Geist den Jüngern ihre Ängste nimmt, vom Erlebten, der Auferstehung Jesu, zu berichten. Das Kommen des Heiligen Geistes verändert das ganze Leben, platt gesagt, die gleiche Welt sieht dann bunter und völlig verändert aus", fasst Witt zusammen. Ähnlich wie beim Ostergottesdienst sollen die Spieler auch an Pfingsten mit Hilfe eines vorgegebenen Weges in der virtuellen Welt von "Minecraft" erleben können, was an Pfingsten geschehen ist.


Quelle:
KNA
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